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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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blättern können.«
    Das war zwar keine Frage, aber die Antwort kam trotzdem.
    »Ja, okay, Chef.« Assad wippte auf seinen ausgelatschten Ecco-Schuhen vor und zurück. »Ja. In zehn Minuten fange ich mit dem Kopieren an. Dann bekommst du die Originale und ich hänge die Kopien auf.«
     
    Marcus Jacobsen, der Chef der Mordkommission, wirkte auf einmal deutlich älter. In der letzten Zeit waren einfach abartig viele Fälle auf seinem Schreibtisch gelandet. In erster Linie die Bandenkonflikte und Schießereien in Nørrebro und Umgebung, aber auch ein paar von diesen ekelhaften Bränden. Brandstiftung mit gewaltigen wirtschaftlichen Schäden und leider auch einigen Toten. Und immer nachts. Hatte Jacobsen in der letzten Woche drei Stunden pro Nacht geschlafen, dann war das viel gewesen. Vielleicht sollte man ihm entgegenkommen, egal, was er auf dem Herzen haben mochte.
    »Was ist los, Boss? Warum hast du mich hier raufbeordert?«
    Jacobsen fummelte an seiner alten Zigarettenpackung herum, der arme Mann. Er kam mit dem Entzug überhaupt nicht klar. »Ja, Carl, ich weiß ja, dass deine Abteilung hier oben nicht so viel Platz bekommen hat. Aber streng genommen darf ich dich nicht unten im Keller sitzen lassen. Und jetzt rufen die von der Gewerbeaufsicht an und erzählen mir, du hättest dich ihren Anweisungen widersetzt.«
    »Marcus, wir haben das unter Kontrolle. Wir ziehen in der Mitte eine Wand hoch, mit Tür und allem Drum und Dran. Dann ist der Mist isoliert.«
    Jacobsens Augenringe wurden plötzlich noch eine Spur dunkler. »Ganz genau das, Carl, will ich nicht gehört haben«, sagte er. »Und deshalb müsst ihr, du und Rose und Assad, wieder nach hier oben. Ärger mit der Aufsicht, das schaffe ichnicht auch noch. Du weißt, wie sehr ich derzeit unter Druck stehe. Schau dir nur das mal an.« Er deutete auf seinen neuen winzigen Flachbildschirm an der Wand, wo die Nachrichten von TV2 über die Folgen des Bandenkrieges berichteten. Die Forderung nach einem Trauerzug für eines der Opfer durch die Straßen Kopenhagens fachte das Feuer nur weiter an. Die Polizei müsse endlich die Schuldigen finden und die Straßen wieder sicher machen, hieß es.
    Ja, Marcus Jacobsen stand unter Druck.
    »Okay, wenn du uns nach hier oben umziehen lässt, bedeutet das das Ende des Sonderdezernats Q.«
    »Führe mich nicht in Versuchung, Carl.«
    »Und acht Millionen Zuschuss pro Jahr verlierst du obendrein. Waren es nicht acht Millionen, die man dem Sonderdezernat Q zur Verfügung gestellt hat? Donnerwetter, man lässt sich uns echt was kosten! Büromöbel, Auto, Kopierer, Toner, Papier und – ach ja – natürlich noch die fetten Gehälter von Rose, Assad und mir. Acht Millionen, Wahnsinn.«
    Der Chef der Mordkommission seufzte. Er steckte in der Klemme. Ohne Bewilligung der acht Millionen für das Sonderdezernat Q würden seinen eigenen Abteilungen mindestens fünf Millionen im Jahr fehlen. Kreative Umverteilung nannte man das. Das machte jede Kommune so. Eine Art legaler Raub.
    »Lösungsvorschläge erbeten«, sagte Jacobsen.
    »Wo sollen wir hier oben denn sitzen?«, fragte Carl. »Auf dem Klo? Oder auf der Fensterbank, wo Assad gestern saß? Oder besser noch hier in deinem Büro?«
    »Draußen auf dem Flur ist Platz.« Marcus Jacobsen wand sich innerlich, als er das sagte, das war nicht zu übersehen. »Wir finden bald etwas anderes für euch. Ist doch nur ein Provisorium, Carl.«
    »Okay, prima Lösung, einverstanden. Dann brauchen wir ja nur noch drei neue Schreibtische.« Carl erhob sich unaufgefordertund streckte ihm die Hand hin. Damit war das wohl abgemacht.
    Der Chef der Mordkommission wehrte ab. »Moment mal«, sagte er. »An dem Angebot ist doch was faul.«
    »Faul? Ihr bekommt drei zusätzliche Schreibtische, und wenn die Gewerbeaufsicht kommt, dann schicke ich Rose zu euch rauf, damit sie sich ein bisschen dekorativ auf den leeren Stühlen ausbreitet.«
    »Damit kommen wir doch nicht durch, Carl.« Jacobsen machte eine kleine Pause. Trotzdem schien er anzubeißen. »Na, kommt Zeit, kommt Rat, wie meine alte Mutter immer sagt. Setz dich noch mal, Carl. Wir haben hier einen Fall, auf den du einen Blick werfen solltest. Kannst du dich an die Kollegen von der schottischen Polizei erinnern, die wir vor drei oder vier Jahren mal unterstützt haben?«
    Carl nickte zögernd. Bereitete sein Chef gerade eine Okkupation des Sonderdezernats Q durch Dudelsackpfeifer vor? Schneidbrenner-Musik und Schafsmagen-Würste in seinen
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