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Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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Die Hochlandhexe
Erstes Kapitel.
    Es mag jetzt 35 Jahre her sein – erzählte mir einst Frau Martha Bethune Baliot, eine wackere Schottin, zu der meine Familie in nahen Beziehungen stand –, da begab ich mich auf eine Tour nach den Hochlanden, um mich von Herzeleid freizumachen, das vor ein paar Monaten durch schweres Unglück in meiner Familie über mich gekommen war. Solche Touren kamen damals auf. Aber man meine nicht, daß man zu jener Zeit, wenn auch die Heerstraße in ganz gutem Zustande war, die Bequemlichkeiten gefunden hätte, wie sie der Tourist von heute verlangt, und auch überall findet. Damals galten solche Touren, trotzdem sie, wie gesagt, in Aufnahme kamen, noch für höchst abenteuerliche Unternehmungen für Männer, geschweige Frauen, und wohl jeder nur halbwegs vorsichtige Mensch pflegte, bevor er sie antrat, sein Testament zu machen. Zudem empfand damals wähl auch so ziemlich noch jeder, der das Wort »Hochlande« vernahm, ein gewisses Gruseln, trotzdem dort damals im Grunde genommen schon ganz dieselbe Ordnung und Ruhe herrschte wie in irgendwelchem anderen der zur Krone König Georgs gehörigen Reiche, waren doch noch immer nicht wenige Menschen vorhanden, die den Aufstand vom Jahre 1745, wenn auch vielleicht nicht mitgemacht, so doch miterlebt hatten.
    Kein Wunder, daß noch immer mancher, den der Weg zur Stirling-Feste hinaufführte, von ihren Türmen mit Grausen nach Norden hin den Blick lenkte auf die große Bergkette, die sich dort wie eine finstere Mauer erhebt und in ihren Gründen und Schluchten ein Volk beherbergt, das in Tracht, Sprache und Sitte von seinen Stammesgenossen in den Niederlanden solch starte Abweichungen aufweist.
    Was indessen meine weibliche Wenigkeit anbetrifft, so darf ich hier sagen, daß ich aus einem Geschlecht stamme, welches für Furcht, die ihre Ursache bloß in der Phantasie hat, wenig oder keinen Sinn hat. Es lebte Verwandtschaft von mir in den Hochlanden, auch hatte ich dort Bekanntschaft mit mehreren angesehenen Familien oder, wie es dort heißt, »Sippen«. Ich trat also, ohne daß ich andere Begleitung als meine Zofe mitgenommen hätte, furchtlos die Reise an.
    Indessen darf ich nicht vergessen, meines Führers und Cicerone zu erwähnen, der eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit Greatheart in Bunyans »Pilgerreise« hatte. Er war der Lenker der Postkutsche, mit der ich fuhr, Donald Mac Leish mit Namen, den ich in Stirling gedungen hatte, zusammen mit ein paar Pferden, die ihm an Kraft und Stattlichkeit nichts nachgaben. Postillon und Pferde sollten mich mit meiner Zofe überallhin fahren, so war es in dem Vertrage, den wir mündlich geschlossen hatten, ausgemacht worden, wohin es mir passen würde.
    Donald Mac Leish gehörte zu jener Klasse von Postillonen, die durch Dampfschiff und Eisenbahn wohl aus der Verkehrswelt gedrängt worden, also jetzt ausgestorben sein mögen.
    Man traf sie hauptsächlichen Perth, Stirling und Glasgow. Dort wurden sie zu Geschäfts-oder Vergnügungsfahrten, die nach dem Lande der Gälen unternommen wurden, gemietet.
    Sie glichen in Charakter und Wesen dem heutigen Zugführer der Eisenbahn oder dem Schiffskapitän auf Dampfbooten. Gleichwie diesen von ihren Direktionen die »Tour« vorgeschrieben wird, so damals dem sogenannten »Postillon«. Er notierte die Länge der »Tour«, die »Stationen«, die gemacht werden sollten, kurz alles, was für: die jeweilige Reise in Betracht kam und Berücksichtigung herrschte, und nach diesem schriftlich festgelegten »Itinerar« richtete er sich mit derselben unverbrüchlichen Genauigkeit, wie seine Nachtreter auf modernem Verkehrsgebiete.
    Donald Mac Leish war nicht bloß ein fürsorglicher, sondern auch ein vorsichtiger Postillon. Er konnte auf den Tag voraussagen, wann in Tyndrum oder Glenuilt ein Lamm geschlachtet würde, wann sich also der Reisende und wo eines christlichen Mittagessens zu versehen hätte. Er wußte bis auf die Meile das letzte Dorf, wo man Weizenbrot bekam. Er konnte bis auf den Zoll angeben, welche Seite von den Brücken im Hochlande passierbar und welche nur mit Lebensgefahr passierbar sei: keine geringe Wissenschaft in einem Lande, wo man vor fünfzig Jahren noch, und zwar im schönsten Teile, die gruselige Warnungstafel traf: »Rechts halten! Links zu gehen oder zu fahren ist gefährlich!«
    Kurzum, Donald Mac Leish war uns nicht bloß ein treuer Begleiter und handfester Diener, sondern auch ein bescheidener, rücksichtsvoller Freund, der uns stündlich zu
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