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Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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Passes sichtbar, gibt noch heute Zeugnis von der furchtbaren Rache, die Robert Bruce an seinen und seines Hauses Feinden zu nehmen gewohnt war. Das Gemetzel muß um so wilder gewesen sein, als der tiefe und reißende Awe die Flucht unmöglich machte. Seinem Laufe folgten wir auf der Fahrt um den Riesen Cruachan-Ben herum, ließen also den majestätischen See hinter uns, welchem der wilde Gießbach entströmt. Die auf der rechten Wegseite senkrecht abfallenden Felsen bargen nur spärliche Reste von dem Walde noch, der sie einst bedeckte. Wie Donald Mac Leish erzählte, wären sie abgeholzt worden, weil die Stämme in den Hüttenwerken von Bunave zur Speisung des Feuers gebraucht würden. Eine große Eiche links vom Flusse, an die man die Axt noch nicht gelegt hatte, fesselte darum unser Interesse um so mehr. Es war ein Stamm von ungewöhnlicher Höhe und ein Baum von malerischer Schönheit. Sie stand auf einem ebenen Platze von einigen Ruten im Umfang, der von mächtigen Felsblöcken umlagert war. Die Romantik der Vorzeit, den diese Eiche bot, wurde noch erhöht dadurch, daß diese kleine ebene Fläche sich um den Fuß eines schroffen Felsens zog, von dessen Gipfel aus sechzig Fuß Höhe, zu Myriaden glitzernder Schaumperlen verwandelt, ein Gebirgsbach in mächtigem Falle herniederschoß, um unten am Bergfuße, gleich einem geschlagenen General, mit Mühe und Not die verstreuten Kräfte zu sammeln, und gleichsam gebändigt durch den gewaltigen Sturz, still und geräuschlos durch die Heide seinen Weg zum Awe zu suchen, in den er sich nach kurzem Weiterlauf ergoß.
    Eiche und Wasserfall weckten mein Interesse. Ich sprach den Wunsch aus, näher heranzugehen, ohne übrigens hierbei an Skizzenbuch oder Griffel zu denken, denn zu meiner Zeit war die jüngere Damenwelt noch nicht so glücklich, sich mit Tändelei die Zeit vertreiben zu dürfen.
    Donald Mac Leish riß auf der Stelle den Schlag auf, bemerkte aber, der Weg abwärts sei schwierig und der Baum besser sichtbar, wenn er noch etwa hundert Ellen höher hinaufführe, denn dort böge die Straße näher an die Stelle heran, für die er übrigens keine besondere Vorliebe zu hegen schien.
    »Ich weiß noch höhere Bäume und in noch größerer Nähe vom Hüttenwerke als die Eiche dort,« sagte er, »Bäume, die frei genug stehen, daß eine Postkutsche dicht heranfahren kann. Bei dem Abhange dort geht das wohl kaum an. Indessen ganz wie es der Dame beliebt!«
    Ich meinte jedoch, was man habe, das habe man: und zog es deshalb vor, mir die Eiche, die ich vor Augen hatte, anzusehen, statt weiterzufahren und nach anderen Bäumen zu suchen. Wir schritten nun neben dem Wagen her, bis wir an eine Stelle kamen, von wo aus wir, wie Donald Mac Leish sagte, den Baum erreichen könnten ohne waghalsige Kletterarbeit, indessen setzte er hinzu, wir sollten uns lieber nicht über die Landstraße hinaus zum Baum hin wagen.
    Auf seinem sonnverbrannten Gesichte lag ein ernster, geheimnisvoller Ausdruck, als er uns diesen Rat gab, und sein Wesen ließ, seinen sonstigen Freimut in solchem Maße vermissen, daß ich neugierig wurde.
    Wir gingen weiter. Eine Bodenerhöhung entzog den Baum unseren Blicken, und ich merkte nun, daß er viel weiter von der Straße abstand, als mir anfangs vorgekommen war.
    »Ich hätte Stein und Bein geschworen,« sagte ich lachend zu meinem Cicerone, »daß Eiche und Wasserfall gerade der Ort feien, wo Ihr heute hättet Rast machen wollen.«
    »Gott bewahre!« versetzte Donald Mac Leish mit Hast.
    »Warum denn nicht, Donald?« fragte ich; »warum habt Ihr solch schönen Platz links liegen lassen wollen?«
    »Er liegt zu dicht bei Dalmally, Lady, um schon zu füttern; die Tiere haben ja kaum erst gefrühstückt! Außerdem, Lady – außerdem – ist es hier nicht geheuer!«
    »Aha! Nun ist es also heraus, das große Geheimnis!« rief ich lachend; »also hier spukt es? Ist es ein Kobold oder eine Hexe, ein Heimchen oder eine böse Fee, ein Popanz oder eine Frau Holle?«
    »Nichts von dem allen, Lady! Davon ist die Straße rein, wenn ich so sagen darf. Wenn aber die Dame Geduld haben und warten will, bis wir vorbei sind und das Tal hinter uns haben, so will ich alles sagen, was ich von der Sache weiß. Spricht man von solchen Sachen an Ort und Stelle, wo sie passiert sind, so bringt's wenig Glück!«
    Ich mußte mich drein fügen, denn daß sich Donald Mac Leish in einem Falle, wo der Aberglaube eine Rolle spielte, fügen würde, durfte ich, bei allem Gehorsam, den er
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