Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger
Autoren: Henry Rider Haggard
Vom Netzwerk:
sprachen sie nicht mehr über diese Angelegenheit.
    Nun stand Asmund früh am Morgen auf und ging in die Halle, um Erik zu wecken, der bei der großen Feuerstelle schlief, und ihm zu sagen, daß er unter vier Augen mit ihm sprechen müsse. Dann folgte Erik ihm aus der Halle.
    »Sag nun, Erik«, sprach er, als sie allein im grauen Tageslicht vor dem Haus standen, »wer hat dich gelehrt, daß Küsse an Schneetagen die Kälte fernhalten?«
    Nun errötete Erik bis zu seinem blonden Haar, doch er antwortete: »Wer hat dir verraten, Herr, daß ich diese Medizin versucht habe?«
    »Der Schnee verbirgt viel, aber es gibt Augen, die den Schnee durchdringen können. Nein, du wurdest gesehen, und dabei wollen wir es bewenden lassen. Nun wisse dies – ich mag dich gut leiden, aber Gudruda ist nicht für dich; sie steht weit über dir, der du nur ein tatenloser Bauer bist.«
    »Dann ist meine Liebe umsonst«, sagte Erik. »Ich sehne mich nur nach einem, und das ist Gudruda. Ich hatte vor, dich heute zu bitten, sie mir in die Ehe zu geben.«
    »Dann, Junge, hast du die Antwort, bevor du gefragt hast. Sei dir eines sicher: Wenn ich dich noch einmal allein bei Gudruda finde, wird dich meine Axt küssen, und nicht ihre Lippen.«
    »Den Beweis mußt du mir noch erbringen, Herr«, sagte Erik und wandte sich um, um sein Pferd zu suchen, als plötzlich Gudruda erschien und sich zwischen sie stellte. Und als er sie sah, schlug sein Herz schneller.
    »Höre, Gudruda«, sagte Erik. »Dies ist deines Vaters Wort: Wir beide dürfen nicht mehr miteinander sprechen.«
    »Dann ist dies ein schlimmer Befehl für uns«, sagte Gudruda und legte eine Hand auf ihre Brust.
    »Ob guter oder schlechter Befehl, so lautet er, Mädchen«, gab Asmund zurück. »Und du wirst ihn auch nicht mehr küssen, ob im Schnee oder im Blumenfeld.«
    »Nun scheine ich Swanhilds Stimme zu hören«, sagte sie. »Aber gut, solche Dinge sind schon besseren Leuten geschehen, und der Wunsch des Vaters ist für eine Jungfrau, was der Wind fürs Gras ist. Doch die Sonne steht hinter einer Wolke, und eines Tages wird sie wieder scheinen. Bis dahin, Erik, lebe wohl!«
    »Ist es nicht dein Wille, Herr«, sagte Erik, »daß ich zu deinem Julfest kommen soll, wie du mich in diesen zehn Jahren immer eingeladen hast?«
    Nun wurde Asmund wütend und deutete mit der Hand auf die Goldenen Fälle, die den Hügel namens Steinberes hinabdonnerten, der hinter Middalhof lag, und höhere Wasserfälle gibt es auf ganz Island nicht.
    »Ein Mann kann zwei Wege vom Kaltrücken nach Middalhof nehmen, Erik: den Reitweg über den Kaltrücken oder die Goldenen Fälle hinab. Nun bitte ich dich, zu meinem Fest auf dem Weg über die Goldenen Fälle zu kommen; und wenn du diesen Weg kommst, verspreche ich dir dies: Wenn du überlebst, werde ich dich freundlich willkommen heißen, und wenn ich dich tot im großen See finde, werde ich dir deine Höllenschuhe umschnüren und dich in die Erde legen, wie es sich für einen Nachbarn gehört. Aber wenn du auf irgendeinem anderen Weg kommst, werden meine Knechte dich an meiner Tür mit ihren Schwertern erschlagen.« Und er strich sich über den Bart und lachte.
    Nun sprach Asmund so spöttisch, weil er es nicht für möglich hielt, daß irgend jemand den Pfad über die Goldenen Fälle nehmen könnte.
    Erik lächelte. »Ich nehme dich beim Wort, Herr«, sagte er. »Vielleicht werde ich beim Julfest dein Gast sein.«
    Aber als der Wind sich drehte, hörte Gudruda das Donnern der mächtigen Fälle. »Nein, nein«, rief sie; »es wäre dein Tod!«
    Doch Erik hatte sein Pferd gefunden und ritt durch den Schnee davon.
    Nun muß berichtet werden, daß Koll der Halbgescheite schließlich nach beschwerlicher Reise durch den Schnee hoch im Norden den Schweinsberg erreichte. Hier hatte Ospakar Schwarzzahn seine große Halle, in der sich Tag für Tag hundert Männer zur Fleischtafel niedersetzten. Nun betrat Koll die Halle, als Ospakar beim Nachtmahl war, und betrachtete ihn mit großen Augen, denn er hatte noch nie einen so wundervollen Mann gesehen. Er war groß von Gestalt – sein Haar war schwarz, und schwarz auch der Bart, und auf seiner Unterlippe lag ein großer schwarzer Fangzahn. Seine Augen waren schmal und eng, aber seine Wangenknochen lagen weit auseinander und hoch, wie die eines Pferdes. Mit dem ist nicht gut Kirschen essen, dachte Koll und hielt ihn für einen Troll. Er bekam es wegen seines Botengangs mit der Angst zu tun, denn in seiner Halbgescheitheit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher