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0219 - Lupinas Sohn

0219 - Lupinas Sohn

Titel: 0219 - Lupinas Sohn
Autoren: Jason Dark
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Peitschend hallte der Donner über das Land und verrollte irgendwo in der Ferne als grummelndes Echo. Blitz auf Blitz folgte. Ein fahlgelbes Verwirrspiel aus gezackten Linien und Pfeilen, zu Netzen verflochten, fiir Bruchteile von Sekunden als abstraktes Muster in den düsteren Wolken stehend, um dann wieder zu verschwinden, als hätte jemand ein Tuch darüber ausgebreitet. Das Land erlebte an diesem Tag ein schaurig-schönes Naturschauspiel, ein Frühlingsgewitter, wie es nur selten vorkommt, und von einer Größe und Dauer, an die sich selbst ältere Leute kaum noch erinnern konnten. Auch die Natur stöhnte unter der Last des Gewitters. Bäume bogen sich im Sturm. Zweige wurden geschüttelt. Die schwächeren fielen ab, und der Wind spielte mit ihnen. Die Regenfluten ergossen sich über Äcker, Weiden und Wälder. Vieh suchte Schutz vor dem Unwetter, und manche Blitze jagten wie Speere in einsam stehende Bäume, teilten und verbrannten sie.
    Wieder einmal stand der Mensch den Kräften der Natur hilflos gegenüber. In den größeren Städten hatten Polizei und Feuerwehr Großeinsatz.
    Die Wagen wühlten sich förmlich durch die Straßen, die man schon mit Seen vergleichen konnte.
    Der Himmel schien seine Wut an der Welt auszulassen und sie für ihr Tun zu bestrafen.
    Wer eben konnte, verkroch sich in den Häusern und Wohnungen. Ältere Menschen beteten oder zündeten Kerzen an, damit dieses mörderische Gewitter so rasch wie möglich vorbeiging.
    Sie flehten und hofften, andere fluchten über das Wetter, doch beeinflussen konnten es weder die einen noch die anderen. Das Unwetter tobte sich weiter mit einer wahren Brachialgewalt über dem Land aus. Es hinterließ seine Spuren. Verletzte, drei vom Blitz erschlagene Menschen und eine ertrunkene Frau, die in ein Überschwemmungsgebiet geraten war und sich selbst nicht hatte helfen können. War das Unwetter für die Menschheit wie eine Geißel, so wurde es von der Schattenwelt nur begrüßt. Dämonen interessierten sich sehr für Witterungsverhälmisse. Ihnen waren Sturm, Nacht und Dunkelheit lieber als das Licht des Tages. Je schauriger und unheimlicher die äußeren Bedingungen waren, um so wohler fühlten sie sich. Sie suchten sich meist die Orte und Plätze aus, die von den Menschen gemieden wurden. Alte Burgen, Schlösser, verfallene Abteien oder Friedhöfe.
    Dort fanden sie immer eine Heimat und den Unterschlupf, der sie vor allzu früher Entdeckung schützte. Auch die alte Ruine des ehemaligen Burgturms war den Kräften der Natur voll preisgegeben. Der Wind wütete regelrecht. Er heulte und pfiff um den Turm, der wie ein alter Zigarettenstummel in den nachtdunklen Himmel ragte. Die Regenmassen klatschten gegen die Ruine und fanden gemeinsam mit dem Wind den Weg in die Öffnungen und Spalten der alten Turmruine. Es pfiff und heulte in dem Gemäuer.
    Krachend entlud sich über der Ruine der Donner. Blitze jagten dem Boden entgegen, und mehr als einer war schon in den Turm eingeschlagen.
    Normalerweise ließ sich dort niemand blicken, aber der Mann, der vor dem Gewitter Zuflucht gesucht hatte, gehörte in die Gegend. Es war Barry Mason, der Förster. Er hatte sich auf einem Pirschgang befunden und war von dem Unwetter überrascht worden.
    Auf dem freien Feld wollte er nicht bleiben, dort hätte er zu leicht vom Blitz erschlagen werden können. Zum Glück fiel ihm die alte Ruine ein. Das Gemäuer war zwar nicht dicht, es tropfte immer Wasser durch, aber dem konnte man ausweichen.
    Mit seinem Hund Rex erreichte er die Ruine in dem Augenblick, als die ersten Tropfen fielen. Dann begann das Unwetter, und selbst der Förster konnte nur den Kopf schütteln. So etwas hatte er noch nie erlebt. Er starrte in die Blitze, hörte den Donner und hatte das Gefühl, als würde dieser die Welt auseinandersprengen. Rex war unruhig. Nervös lief er hin und her, schaute mehrmals zurück, wenn ein Blitz den dunklen Himmel spaltete, als wäre ein Vorhang in zwei Teile zerrissen worden. Barry Mason mußte seinen treuen Begleiter jedesmal beruhigen.
    »Bleib ruhig, Rex!« murmelte er und vergrub seine Finger in das dichte Fell am Nacken. »Uns passiert schon nichts.«
    Rex jaulte dann, als hätte er die Worte genau verstanden. Über eine halbe Stunde tobte das Gewitter bereits. Der Förster hatte sich an die peitschenden Donnerschläge längst gewöhnt. Er zuckte nicht einmal mehr zusammen, nur wenn der Blitz in der Nähe oder in den Turm einschlug, dann erfaßte ihn Furcht, denn einmal
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