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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13
Autoren: Michael Ende
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ERSTES KAPITEL
 
in dem die Geschichte mit einem Bums anfängt
     
    In Lummerland war die meiste Zeit
schönes Wetter. Aber es gab natürlich auch manchmal Tage, an denen es regnete.
Sie waren zwar selten, aber dafür regnete es dann gleich wie aus Gießkannen.
Und so ein Tag war der, an dem diesmal unsere Geschichte anfängt. Es regnete
und regnete und regnete.
    Jim Knopf saß in der kleinen Küche bei
Frau Waas, und Prinzessin Li Si war auch da, denn sie hatte gerade vierzehn
Tage schulfrei. Jedesmal, wenn sie zu Besuch kam, pflegte sie ein hübsches
Geschenk für Jim mitzubringen. Einmal war es eine Glaskugel, in der eine
winzige mandalanische Landschaft zu sehen war, und wenn man die Kugel
schüttelte, dann schneite es darin. Ein anderes Mal schenkte sie ihm einen
bunten Sonnenschirm aus Papier oder einen praktischen Bleistiftspitzer in der
Form einer kleinen Lokomotive. Diesmal aber hatte sie für Jim einen
wunderschönen mandalanischen Malkasten mitgebracht. So saßen die beiden Kinder
nun an dem kleinen Küchentisch einander gegenüber und malten. Zwischen ihnen
saß Frau Waas. Sie hatte sich eine Brille aufgesetzt und las aus einem dicken
Geschichtenbuch vor, während sie an einem Schal für den Jungen strickte.
    Es war eine sehr schöne und spannende
Geschichte, aber Jim blickte doch immer wieder ein wenig zerstreut zum Fenster
hinaus, an dem die Tropfen in kleinen Bächen herniederrannen. Der Regenschleier
war so dicht, daß man kaum bis zu der Bahnstation von Lukas hinüberzusehen
vermochte, wo die kleine Lokomotive Molly sicher und trocken bei der dicken
alten Emma unter dem vorspringenden Dach stand.
    Aber man darf nun nicht etwa glauben,
daß es ein trübseliger Regen war, wie er bei uns manchmal vorkommt. Nein, ganz
und gar nicht, denn in Lummerland war selbst das schlechte Wetter nicht
wirklich schlecht, sondern fröhlich und übermütig. Es war eher eine Art
Wasserkonzert. Die Regentropfen plitschten und platschten und trommelten lustig
auf dem Fensterblech, die Dachrinnen gurgelten und schwatzten, und in den
Pfützen rauschten die Wassergüsse, als ob eine begeisterte Menge in die Hände
klatschte.
    Jim sah Lukas aus seinem kleinen
Bahnhof kommen. Der Lokomotivführer blickte prüfend zum Himmel hinauf, bestieg
dann seine Emma und fuhr mit ihr in den Regen hinaus. Molly blieb im Schutz der
Station zurück. Sie war übrigens inzwischen schon beinahe halb so groß wie
Emma. Sie hatte die richtige Bimmelbahngröße, und ein halber Untertan wie Jim
konnte bequem in ihrem Führerhäuschen Platz finden.
    Lukas fuhr nur ein paar Runden um die
Insel, bloß damit niemand behaupten konnte, auf Lummerland fiele der
Eisenbahnverkehr bei Schlechtwetter aus. Darm brachte er Emma zu Molly unter
das Dach der Station zurück, schlug seinen Kragen hoch, zog seine Mütze tief
ins Gesicht und kam mit langen Schritten zum Haus von Frau Waas herüber. Jim
sprang auf und öffnete seinem Freund die Tür.
    „Brrrr, was für ein Wetter!“ brummte
Lukas, während er eintrat und seine Mütze ausschüttelte.
    „Guten Tag, Lukas!“ sagte Jim und
strahlte.
    „Guten Tag, Kollege!“ antwortete
Lukas.
    Jim wußte zwar nicht genau, was dieses
Wort bedeutete, aber er verstand, daß es etwas war, was Lokomotivführer
zueinander sagen. Verstohlen blickte er zu Li Si hinüber, ob sie es auch gehört
habe. Aber die kleine Prinzessin schien nichts Besonderes dabei zu finden.
    Lukas begrüßte die beiden Damen, dann
ließ er sich am Tisch in einen Sessel nieder und erkundigte sich: „Kann man bei
euch vielleicht eine schöne Tasse heißen Tee mit einem ordentlichen Schuß Rum
bekommen?“
    „Natürlich, Lukas“, sagte Frau Waas
freundlich, „heißer Tee schützt vor Erkältung bei so einem Wetter. Li Si hat
mir eine Büchse vom feinsten Mandalatee mitgebracht, und ein Schlückchen Rum
ist auch noch da.“
    Während Frau Waas den Tee aufgoß und
sich ein unbeschreiblich köstlicher Duft in der kleinen Küche verbreitete,
bewunderte Lukas Jims und Li Sis Gemälde. Dann räumten sie die Malsachen weg,
weil der Tisch gedeckt wurde. Und schließlich brachte Frau Waas als
Überraschung noch einen großen, goldgelb gebackenen Guglhupf, dick mit
Puderzucker bestreut. Daß er ganz unvergleichlich gut schmeckte, braucht wohl
nicht erst betont zu werden, denn es ist ja allgemein bekannt, daß Frau Waas in
diesen Dingen eine Meisterin war.
    Als kein Krümelchen mehr übrig war,
lehnte Lukas sich in seinem Sessel zurück und stopfte seine
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