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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger
Autoren: Henry Rider Haggard
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lag viel List – sie war der Mantel, in den er sich hüllte. Doch als Ospakar auf dem Thron saß, gekleidet in einem purpurnen Umhang mit seinem Schwert Weißfeuer auf den Knien, sah er Koll und rief mit lauter Stimme:
    »Wer ist dieser rote Fuchs, der in meine Erde kriecht?« Denn Koll war wirklich sehr wie ein Fuchs anzuschauen. »Mein Name ist Koll der Halbgescheite, Groas Leibeigener, Herr«, gab er zurück. »Bin ich hier willkommen?«
    »So soll es sein. Aber warum nennen sie dich halbgescheit?«
    »Weil ich mich manchmal vor der Arbeit scheue, Herr.«
    »Dann sind all meine Knechte deine Brüder. Sag, was führt dich hierher?«
    »Dies, Herr. – Unten im Süden erzählen sich die Männer, du würdest dem eine große Belohnung geben, der die schönste Jungfrau auf Island für dich entdeckt. So erbat ich von meiner Herrin, eine Reise antreten zu dürfen, um dir von ihr zu berichten.«
    »Dann hat man dir eine Lüge erzählt. Doch ich liebe es, von schönen Jungfrauen zu hören, und ich suche eine zur Frau zu nehmen, wenn sie nur schön genug ist. So spreche weiter, Koll der Fuchs, aber ich warne dich! Lüge mich nicht an, sonst werde ich dir aus deinem roten Kopf prügeln, was an Gescheitem noch darin ist.«
    So griff Koll die Geschichte auf und lobte Gudrudas Schönheit sehr; aber sie war ja auch wirklich so schön, daß er sie trotz all seines Geredes gar nicht genug loben konnte. Er erzählte von ihren dunklen Augen und ihrer weißen Haut, vom Edelmaß ihrer Gestalt und dem Gold ihres Haars, von ihrer Klugheit und Sanftheit, bis Ospakar schließlich darauf brannte, diese Blume aller Jungfrauen zu sehen.
    »Bei Thor«, sagte er, »wenn das Mädchen nur halb so schön ist, wie du behauptest, Koll, dann ist das Glück ihr hold, denn sie wird die Frau Ospakars werden. Aber wenn du mir etwas vorgelogen hast, dann sieh dich vor! Sonst wird bald ein Bursche weniger auf Island leben.«
    Nun erhob sich ein Mann in der Halle und sagte, daß Koll die Wahrheit spreche, denn er habe Gudruda die Schöne, Asmunds Tochter, auch gesehen, und es gäbe auf ganz Island kein zweites Mädchen wie sie.
    »Dann werde ich dies tun«, sagte Schwarzzahn. »Morgen werde ich einen Boten nach Middalhof schicken und Asmund dem Priester sagen lassen, daß ich vorhabe, ihn zur Zeit des Julfestes zu besuchen; dann werde ich sehen, ob mir das Mädchen gefällt. Mittlerweile, Koll, nimmst du einen Platz unter den Knechten ein, und hier ist etwas für deine Mühen.« Und er nahm den purpurnen Umhang ab und warf ihn ihm zu.
    »Ich danke Euch, Goldverstreuer«, sagte Koll. »Es ist weise, bald nach Middalhof zu gehen, denn einer solchen Blüte wie dieser Maid mangelt es nicht an Bienen. Es gibt einen Jüngling im Süden namens Erik Hellauge, der Gudruda liebt, und sie liebt ihn auch, glaube ich, obwohl er nur ein Bauer kleinen Reichtums und erst fünfundzwanzig Jahre alt ist.«
    »Ho! Ho!« lachte der große Ospakar. »Und ich bin fünfundvierzig. Aber dieser Grünschnabel kommt mir besser nicht ins Gehege, sonst werden ihn die Männer Erik Hohlauge nennen!«
    Nun kam Ospakars Bote nach Middalhof, und seine Worte gefielen Asmund, und er richtete bereitwillig ein großes Fest aus. Und Swanhild lächelte, aber Gudruda fürchtete sich.

 

    IV
    WIE ERIK DIE GOLDENEN FÄLLE HINABKAM
    Nun ritt Ospakar am Tag vor dem Julfest auf dem Middalhof ein. Er war prächtig gekleidet, und mit ihm kamen seine beiden Söhne, Gizur der Gesetzesmann und Mord, vielversprechende junge Männer, und viele bewaffnete Knechte und Diener. Gudruda, die von der Frauentür aus zusah, erblickte sein Gesicht im Mondlicht und verabscheute ihn.
    »Was hältst du von ihm, der da kommt, um dich zur Frau zu nehmen, Stiefschwester?« fragte Swanhild, die neben ihr stand.
    »Mich deucht, er ist wie ein Troll. Mag er suchen, was er will, mich wird er nicht finden. Ich würde lieber im See unter den Goldenen Fällen liegen als in Ospakars Halle.«
    »Das muß sich noch zeigen«, sagte Swanhild. »Wenigstens ist er reich und von Adel, und der größte Mann, den ich je gesehen habe. Es würde Erik nicht gut ergehen, würden diese Arme ihn umklammern.«
    »Dessen bin ich mir nicht so sicher«, sagte Gudruda. »Aber es ist ja kaum wahrscheinlich, daß wir es erfahren werden.«
    »Kommt Erik über den Weg der Goldenen Fälle zum Fest, Gudruda?«
    »Nein. Kein Mann kann diesen Weg nehmen und ihn lebendig überstehen.«
    »Dann wird Erik sterben, denn er wird es riskieren.«
    Nun dachte
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