Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
zornige Handbewegung, als Skar erneut widersprechen wollte. »Vielleicht diskutieren wir später darüber, wenn es Euer Gnaden genehm ist«, sagt er bissig. »Oder wenigstens an einem anderen Ort. Wenn sie uns hier draußen finden, dann bekommst du schneller heraus, was ich gemeint habe, als dir lieb sein dürfte. Und wir auch!«
    »Er hat recht, Skar«, sagte Kiina. »Wir müssen weg!«
    Unter allen anderen Umständen hätte Skar ihr zugestimmt und wäre weitergegangen. Aber etwas war anders. Titch verschwieg ihm etwas, das spürte er. Und es war wichtig, daß er es herausbekam.
    »Ich gehe keinen Schritt mehr, ehe du nicht geantwortet hast«, sagte er stur; und in einem Ton, der klar machte, daß er diese Worte bitter ernst meinte.
    Titch resignierte. »Also gut«, seufzte er. »Der Bestimmer ist nicht nur gekommen, um die Eier abzuholen. Er hat… Befehle aus Ninga mitgebracht.«
    »Befehle, die die Gefangenen betreffen?« vermutete Skar.
    »Ja.« Titch nickte. »Sie sollen… getötet werden. Und nicht nur hier. Der Befehl gilt überall. Alle menschlichen Gefangenen werden hingerichtet.«
    Deinetwegen.
Titch sprach dieses letzte Wort nicht aus, aber Skar hörte es so deutlich, als hätte er es getan. Es gab keine andere Erklärung.
    Plötzlich erinnerte er sich wieder an die Blicke, mit denen der Krieger am Morgen die Gefangenen gemustert hatte. Die Quorrl wußten, daß sie hier waren. Aber sie wußten nicht,
wer
sie waren. Also töteten sie alle Menschen, deren sie habhaft werden konnten.
    »Das ist —«
    »Was immer es ist, es ist nun einmal so«, unterbrach ihn Titch. »Du kannst nichts dagegen tun. Sie wären sowieso gestorben. Vielleicht ist es so barmherziger.«
    Natürlich sagte Titch dies nur, um ihn zu trösten; vielleicht ein wenig aufzumuntern. Wenn die Worte in Skars Ohren nicht zynisch klangen, so lag dies ganz allein an ihm, nicht an dem, was Titch sagte, oder wie. Und trotzdem mußte er sich plötzlich beherrschen, um nicht die Faust zu ballen und sie dem Quorrl ins Gesicht zu schlagen.
    Vielleicht hätte er es sogar getan, aber aus dem Zelt, hinter dem sie standen, drang plötzlich ein unwilliges Knurren, gefolgt von dem Geräusch, mit dem sich ein schwerer Körper auf einem Lager herumdreht. Für Sekunden erstarrten sie alle zur Reglosigkeit und warteten auf Schritte oder einen alarmierenden Schrei. Keines von beiden kam: aber Skar begriff, daß Titch zumindest in
einer
Hinsicht recht hatte: dies war wirklich nicht der richtige Ort, um zu
diskutieren.
    Sie warteten, bis in dem Zelt wieder Ruhe eingekehrt war, und gingen weiter. Skar konnte nicht sehr viel sehen. Wie Kiina hatte er die Kapuze des viel zu großen Mantels tief in die Stirn gezogen und hielt den Kopf gesenkt, so daß er nur den einen schmalen Bereich unmittelbar vor seinen Füßen einsehen konnte. Aber Titch führte sie zuverlässig.
    Sie durchquerten das improvisierte Lager, in das die Krieger Crons Hof verwandelt hatte, näherten sich dem Tor und durchschritten es. Es gab tatsächlich einen Wächter, aber wie Titch prophezeit hatte, schlief er tief und fest, wobei er so laut schnarchte, daß sich Skar fragte, wieso der Lärm nicht längst das halbe Lager aufgeweckt hatte.
    Er wollte stehenbleiben, als sie den Palisadenzaun hinter sich hatten, aber Titch machte eine rasche, warnende Bewegung und deutete auf eine Felsgruppe, die in der Nacht nur als Ansammlung formloser Finsternis zu erkennen war. Als sie näher kamen, hörte Skar das leise Schnauben eines Pferdes, und unmittelbar darauf trat eine große, in eine silberbestickte Toga gehüllte Gestalt aus der Dunkelheit.
    »Ihr kommt spät!« begrüßte sie Cron. »Und ihr macht mehr Lärm als eine Herde wilder Banyas. Warum geht ihr nicht gleich zu den Kriegern und verabschiedet euch von ihnen?«
    Titch überging die Bemerkung. »Sind die Pferde bereit?« fragte er.
    Cron deutete in die Dunkelheit hinter sich. »Meine drei besten Tiere. Und Nahrung und Wasser für eine Woche.«
    »Du scheinst ja plötzlich sehr um unser Wohlergehen bemüht zu sein«, sagte Skar spitz.
    Titch blickte ihn erschrocken an, und auch Kiina runzelte verwirrt die Stirn. Aber Skar mußte sich beherrschen, um den Cron nicht auf der Stelle anzugreifen. Es war ihm gleich, ob Cron ihnen half oder nicht, und warum er es tat. Er konnte nur an eines denken: daran, daß er vor wenigen Stunden zusammen mit einem halben Dutzend Männern das unterirdische Verlies verlassen hatte; und daß das riesige schuppige Wesen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher