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Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war, ohne sich darauf zu besinnen,
was
ihm solche Furcht eingejagt hatte. Und der Geschmack von Blut. Automatisch hob er die Hand und betastete seine Lippen. Der Geschmack war immer noch da, und er fühlte klebrige warme Feuchtigkeit an den Fingerspitzen. Skar konnte selbst nicht sagen warum, aber er vermied es krampfhaft, seine Finger anzusehen, als er die Hand wieder senkte.
    »Seid ihr soweit?« fragte Titch, als Skar seine Benommenheit endlich überwunden hatte und ihn fragend anblickte.
    Skar nickte, trat an das gewaltige Bett heran, auf dem Kiinas schlafende Gestalt sonderbar verloren wirkte, und rüttelte sanft an ihrer Schulter. Sie erwachte sofort, aber wie Skar schien auch sie Mühe zu haben, den Schlaf ganz abzuschütteln.
    »Was ist los?« murmelte sie. »Wo sind wir?«
    Skar deutete auf Titch. »Wir müssen weg. Komm.«
    Das Mädchen stand auf und bückte sich nach seinem Umhang, aber Titch hielt sie mit einem raschen Kopfschütteln zurück. Skar sah erst jetzt, daß er ein eng zusammengerolltes Bündel unter dem linken Arm trug.
    »Zieht das hier an«, sagte er, während er es auf dem Boden ausrollte und zwei schwere, aus grobem schwarzem Stoff gewobene Mäntel zutage förderte. Skar nahm eines der Kleidungsstücke auf und streifte es über, ohne viele Fragen zu stellen. Der Stoff scheuerte auf der Haut und war schwer wie Stein, und obwohl der Mantel sichtlich für einen kleingewachsenen Quorrl gefertigt war, kam er sich darin vor wie ein Kind, das in den Mantel eines Erwachsenen geschlüpft war. Als er versuchte, die Kapuze überzustreifen, fiel sie über seine Stirn und nahm ihm jede Sicht. Titch grinste schadenfroh, als Skar sich wieder befreit hatte.
    »Damit kommen wir nie durch«, sagte Kiina, die die gleichen Probleme wie Skar hatte; eigentlich sogar mehr, denn sie war ein gutes Stück kleiner als er.
    »Das müßt ihr auch nicht«, erwiderte Titch. »Aber einem flüchtigen Blick halten sie stand. Mehr ist nicht nötig. Cron hat Pferde für uns bereitstellen lassen.«
    »Und wenn jemand ein wenig aufmerksamer hinsieht?« fragte Skar.
    Titch schüttelte entschieden den Kopf. »Es ist dunkel. Die meisten Krieger schlafen. Niemand wird Notiz von euch nehmen. Und sobald wir erst einmal in den Wäldern sind, sieht uns sowieso niemand.« Er öffnete die Tür, lugte vorsichtig hinaus und hob die Hand. »Alles ruhig. Kommt.«
    Sie verließen das Haus auf demselben Weg, auf dem sie es betreten hatten.
    Das große, festungsähnliche Gebäude war vollkommen ruhig, und auch über dem Hof hatte sich eine fast unheimliche Stille ausgebreitet, in der das dumpfe Dröhnen aus dem Norden wie das Grollen eines näherkommenden Gewitters klang; halblaut, dumpf und ungemein düster, ein Dröhnen, als bebe die Erde.
    Skar und Kiina blieben im Schatten der Tür stehen, während Titch ein paar Schritte vorausging und sich sichernd nach allen Seiten umsah. Erst als er ihnen ein Zeichen gab, folgten sie ihm.
    Skar fühlte sich nicht gut. Er versuchte sich einzureden, daß dies hier ein ganz normaler Kampf war, eine Situation, wie er sie in der einen oder anderen Form schon unzählige Male erlebt hatte, aber es gelang ihm nicht. Etwas war anders. Sie waren auf der Flucht, und es war auch nicht das erste Mal, daß er
dies
tat, aber etwas daran war… falsch.
    Er machte nur ein paar Schritte, ehe er wieder stehenblieb; halb im Schutze eines Zeltes, aber doch so, daß er aus mindestens zwei Richtungen deutlich zu sehen war. Unsicher sah er sich um. Das Gefühl, einen Fehler zu machen, wurde stärker.
    »Was ist los?« fragte Titch unwillig. »Wartest du auf eine Ehrengarde?«
    Skar ignorierte ihn. Er wußte, daß da noch etwas war; etwas, das er vergessen hatte. Titch. Titch hatte etwas gesagt, gesagt oder getan, was wichtig war. Aber er wußte einfach nicht, was. Er…
    Sein Blick streifte den wuchtigen Steinbau, in dessen Keller sich das Verlies befand. »Die Gefangenen«, sagte er. »Was ist mit ihnen?«
    Titch runzelte übertrieben die Stirn. »Was soll damit sein?« fragte er. »Willst du sie mitnehmen?«
    »Du hast gesagt, es wäre sinnlos, etwas für sie tun zu wollen«, beharrte Skar. »Was hast du damit gemeint?«
    »Was, zum Teufel, soll ich damit gemeint haben?« fauchte Titch. »Sie sterben sowieso, ob jetzt oder in ein paar Tagen. Du kannst nichts für sie tun. Sie waren tot, im gleichen Moment, in dem sie die Grenzen dieses Landes überschritten, das weißt du verdammt nochmal so gut wie ich!« Er machte eine
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