Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 9 - Das vergessene Heer

Enwor 9 - Das vergessene Heer

Titel: Enwor 9 - Das vergessene Heer
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
ein, als sie die Treppe hinaufgingen und das Gebäude durchquerten. Er hatte fast den ganzen Tag zusammengekauert neben Kiina gesessen, so daß seine Muskeln verkrampft und hart waren, aber die Bewegung half nicht; das Ziehen in seinen Gliedern wurde eher schlimmer, als sie das Gebäude verließen und den Hof in Richtung auf Crons Wohnhaus hin zu überqueren begannen. Er mußte all seine Kraft aufwenden, um überhaupt mit den anderen Schritt zu halten und nicht einfach auf der Stelle zusammenzubrechen. Die Zeit, die ihm noch blieb, war kürzer, als er geglaubt hatte.
    Der Hof hatte sich seit dem Morgen völlig verändert. In der Koppel neben dem Tor befanden sich jetzt an die fünfzig Pferde, die großen, kräftigen Schlachtrosse, die die Quorrl zu reiten pflegten, ein Gutteil von ihnen noch aufgezäumt. Ein halbes Dutzend spitzer, runder Zelte von weißer Farbe war in scheinbarer Unordnung auf dem Innenhof des Gutes aufgeschlagen worden, und zwischen ihnen brannten Feuer, an denen Skar die Silhouetten einer erschreckend großen Anzahl schuppiger Krieger erkannte. Niemand schien Notiz von ihnen zu nehmen, aber als sie das Haus fast erreicht hatten, flog ein Stein aus der Dunkelheit heran und traf einen der Gefangenen an der Schulter. Der Mann stieß einen gellenden Schrei aus und fiel auf die Knie herab, und Skar fing im letzten Moment einen warnenden Blick Titchs auf, ehe er herumfahren und etwas Unüberlegtes tun konnte. Selbst ein wütender Blick mochte schon zu viel sein, in ihrer Lage.
    Sie betraten das Haus nicht durch den Haupteingang, wie vor zwei Tagen, sondern durch eine Tür auf der rückwärtigen Seite, die so niedrig war, daß sich selbst Skar hindurchbücken mußte.
    Dumpfes Stimmengemurmel und das flackernde gelbe Licht brennender Pechfackeln schlug ihnen entgegen, und als sie an einer offenstehenden Tür vorbeikamen, gewahrte Skar eine große Anzahl bewaffneter Krieger, die an einer langen, überreich gedeckten Tafel saßen und speisten. Dem Gelächter, Schreien und Lärm nach zu urteilen, den sie verursachten, schienen sie auch dem Wein schon reichlich zugesprochen zu haben.
    Schließlich erreichten sie einen kleinen, vollkommen leeren Raum auf der Rückseite des Hauses. Titch versetzte Skar — der am Ende der kleinen Gruppe ging — einen rüden Stoß in den Rücken, der ihn haltlos gegen die Wand taumeln ließ, wandte sich an den Krieger, der ihn und die beiden anderen Quorrl begleitete, und machte eine komplizierte, unterwürfig wirkende Geste. Der Krieger antwortete nicht, drehte sich aber nach ein paar Sekunden plötzlich herum und verließ das Zimmer.
    »Schnell jetzt«, sagte Titch, kaum daß sich die Tür hinter dem Quorrl geschlossen hatte. »Wir müssen weg, ehe er zurück ist.« Er gab Skar gar keine Gelegenheit, irgendwelche Einwände oder Fragen vorzubringen, sondern packte ihn und Kiina grob an den Armen und schob sie auf eine zweite Tür auf der anderen Seite der Kammer zu. Einer der anderen Gefangenen versuchte ihnen zu folgen, aber Titch stieß ihn einfach beiseite. Sie durchquerten einen langen, fast völlig dunklen Korridor, einen weiteren Raum und eine kurze, aus Balken roh zusammengezimmerte Treppe, ehe es Skar endlich gelang, sich aus Titchs Griff zu befreien und stehenzubleiben.
    »Verdammt, wohin bringst du uns?« fragte er. »Was geht hier überhaupt vor? Die Männer dort unten —«
    »Werden getötet«, unterbrach ihn Titch grob. »Du kannst sie nicht retten. Das einzige, was du kannst, ist mit ihnen zu sterben. Willst du das?« Er wartete Skars Antwort nicht ab, sondern stieß eine weitere Tür auf, trat rasch in den dahinterliegenden Raum und kehrte nach kaum einer Sekunde zurück.
    »Alles in Ordnung«, sagte er. »Kommt herein, schnell.«
    Der Raum, den sie betraten, war fast so dunkel wie der Korridor draußen, aber überraschend behaglich eingerichtet. Ein Bett, das selbst für Quorrl-Verhältnisse
groß
war, nahm den Großteil des vorhandenen Raumes ein, dazu gab es einen gewaltigen Schrank mit geschnitzten Türen und eine Anzahl allesamt etwas zu groß geratener Sitzmöbel. An den Wänden hingen Bilder, die aber in dem schlechten Licht nur als verwaschene Farbflecke zu erkennen waren.
    »Crons Schlafgemach«, sagte Titch, als er Skars fragenden Blick bemerkte. »Ihr seid völlig sicher. Niemand wird hier nach einem Menschen suchen.«
    »Dann suchen sie uns also doch«, sagte Kiina.
    Titch schwieg eine Sekunde, dann nickte er. »Ja. Aber keine Sorge. Sie wissen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher