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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die gar nicht stattgefunden hat. Du spielst also wieder …«
    Ewald Peltzner wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein dickes, gerötetes Gesicht versuchte zu lächeln.
    »Nein. Ich versichere dir … ich spiele nicht mehr.«
    »Und das Geld? Wo ist das?«
    »Bruno … du mußt verstehen … Natürlich hast du recht. Du hast immer recht … du hast immer das Leben eines korrekten Mannes gelebt … manchmal zu korrekt …«
    »Ich bin weit damit gekommen!« Bruno Peltzner legte die breiten Hände auf den Rücken. »Wo ist das Geld?«
    »Ich muß da weiter ausholen, Bruno. Ich …«
    »Das Geld!« schrie Peltzner. Die Stimme, die in seinem breiten Brustkasten saß, war gewaltig. Ewald Peltzner sah sich zur Hütte um.
    »Muß es jeder hören, Bruno?«
    »Warum sollen sie nicht wissen, daß mein Bruder mich bestiehlt! Daß er spielt! Daß er sich Dirnen hält, ihnen Wohnungen einrichtet und sie fürstlich bezahlt. Wo sind die 30.000 Mark geblieben?«
    »Bei Sylvia«, sagte Ewald leise. In seinem Blick stand blanker Haß. Du großkotziges Schwein, dachte er. Vom kleinen Schmied zum Konzernherrn geworden, weil er ein paar Ideen hatte. Für die Schule war er immer zu träge. Ich habe mein Abitur gemacht, ich habe eine Banklehre hinter mir und wurde zu einem Bankexperten. Und du Emporkömmling, du rußbeschmierter Schmiedehammer, glaubst, weil du mich jämmerlich als Direktor bezahlst, kannst du mich abputzen wie einen dreckigen Stiefel …
    »Wofür?« fragte Bruno kalt.
    »Das geht dich einen Dreck an!«
    »Sylvia heißt das Weibsstück diesmal. Dann weiß ich schon …« Die Hände Bruno Peltzners schossen nach vorn. »Man sollte dir die Knochen brechen! Im nächsten Monat sind die 30.000 wieder in der Kasse! Ich werde den Bericht anfordern! Woher du sie nimmst, kümmert mich nicht. Ich habe fünfzehn Jahre lang dein Lotterleben gedeckt … deine Spielschulden, deine Abfindungen, deine Geschenke, deine Schweigegelder … Sie haben mich eine kleine Fabrik gekostet, wenn man die Summen zusammenzählt. Jetzt ist Schluß!«
    »Es wäre alles anders, wenn du uns – wie es andere auch tun bei einem Familienbetrieb – beteiligen würdest!«
    »Beteiligen?« Bruno Peltzner lachte laut. Aber es war ein fast verzweifeltes Lachen. »Einen Lumpen beteiligen! Warum begehe ich nicht gleich Selbstmord?«
    »Du emporgeschwemmtes Stück Mist!« sagte Ewald. Er zitterte am ganzen Körper.
    Bruno Peltzner sah seinen Bruder fast verblüfft an. Dann begriff er erst, was er gehört hatte. Wortlos holte er aus und schlug Ewald ins Gesicht. Es gab einen fetten, klatschenden Laut und dann einen dumpfen Fall.
    Ewald war mit seinem ganzen Gewicht zu Boden gegangen. Er rollte ein paar Meter den abschüssigen Hang hinab. An einem Baumstumpf blieb er liegen.
    Ohne sich um ihn zu kümmern, ging Bruno Peltzner zur Hütte zurück. Die Jagdgesellschaft begrüßte ihn mit Hallo und Steinhägerflaschen.
    »Wann geht's los?« rief ein französischer Diplomat.
    »Gleich, meine Herren.« Bruno Peltzner nahm sein Gewehr aus der Hand seines Waldhüters. »Einen Schuß habe ich Ihnen schon voraus …«
    Zwei Stunden später, nach einem fröhlichen Halali-Blasen, wurde Bruno Peltzner vermißt. Der Förster und auch Ewald Peltzner hatten ihn noch vor einer halben Stunde gesehen, wie er seinen Standort wechselte, um eine bessere Schußposition zu haben.
    Der Förster ließ noch einmal das Halali schmettern, dann riefen die Gäste im Chor seinen Namen, schließlich saß man erstaunt und ein wenig bedrückt um den Bratspieß herum.
    »Er ist bestimmt – wie sagt man hier – voll!« sagte ein südamerikanischer Diplomat. »Starker Schnaps … gut, aber gefährlich …«
    »Mein Bruder trinkt während der Jagd keinen Schluck.« Ewald Peltzner erhob sich abrupt. »Ich habe ein ungutes Gefühl, meine Herren. Mein Bruder litt in der letzten Zeit an Kreislaufstörungen.« Er machte eine Pause. »Ich schlage vor, wir suchen meinen Bruder.«
    Sie schwärmten aus, aber sie brauchten nicht lange umherzustolpern. Kaum hundert Meter von der Jagdhütte entfernt, am Rande eines Wildwechsels, lag Bruno Peltzner langgestreckt im hohen Farnkraut. Sein Gewehr hatte er mit beiden Händen umkrampft, die Augen waren weit aufgerissen. Unterhalb des Kinnes, im Hals, hatte er ein kleines Loch.
    »Mein Gott … mein Gott …«, stammelte Ewald Peltzner. Er kniete neben seinem Bruder nieder und drehte ihn herum. Am Nacken war die Kugel wieder hervorgetreten, nachdem sie einen Wirbel
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