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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Die beiden hier werden gesucht, ja, aber als Zeugen!«
    »Das … das ist unmöglich!« sagte Paul Burkhs.
    »Sage ich auch!« Dr. Budde riß den Moskito Vorhang herunter und warf ihn in eine Ecke. »Aber der Doktor glaubt es.«
    »Bei Allah – ich wäre nicht die ganze Nacht gefahren, wenn es nicht wahr wäre! In drei Stunden ist ein Lazarettwagen hier. Wir werden Sie aufladen und zurückbringen nach Sabria. Von dort wird Sie ein Flugzeug nach Tunis bringen! Und dann geht es hinaus in die Freiheit, mein Freund …«
    »Ob Freiheit oder nicht … Sie tun mir einen großen Gefallen, Herr Doktor.« Gisela drehte sich zu Dr. Ben Mullah. Ihr schönes, ebenmäßiges Gesicht war zerfurcht. »Lassen Sie uns nach Deutschland zurückbringen. Ich flehe Sie an …«
    »Aber wenn man Hartung verhaftet hat …« Paul Burkhs fuhr sich mit beiden Händen nervös durch die schweißverklebten Haare. »Das sollte doch ein Zeichen sein, daß man wieder auf der falschen Spur ist …«
    »Das ist mir gleichgültig. Ich will zurück!« Gisela legte ihre Hand auf den Mund Buddes. Seine Worte verstand niemand. »Hört nicht darauf, was er sagt! Ich möchte zurück … denn schließlich ist das ja alles geschehen, um mich zu retten. Nun will ich nicht mehr … ich … ich kann einfach nicht mehr …«
    Vor dem Haus hörte man tiefes Motorengebrumm. Dr. Ben Mullah sah auf seine ledereingefaßte Armbanduhr. »Schon da!« sagte er zufrieden. »Die Kerle müssen wie die Teufel gefahren sein.« Er sah Dr. Budde an. »Gleich kommt die Tragbahre, und dann ab in die Zivilisation. Als erstes bekommen Sie ein schönes saftiges Steak vom Grill! Und Salat, mit Sahne und Zitronensaft angemacht …«
    »So lockte der Teufel schon immer in der Wüste.« Dr. Budde zuckte resignierend mit den Schultern. »Gut denn … schafft mich Krüppel weg … ich kann mich ja nicht wehren.«
    »Man sollte ihm wirklich eine Ohrfeige geben!« sagte Gisela mit zitternder Stimme. »Hier kann ihm doch niemand helfen …«
    »Nur Allah …«, sagte Dr. Ben Mullah leise.
    »Aber zu Hause haben wir neben Allah auch noch gute Ärzte und Kliniken …«
    Dr. Ben Mullah nahm es ihr nicht übel. Er hob nur die Hand und lächelte.
    Vier Soldaten kamen in das Haus. Sie hatten eine große Trage mit und stellten sie neben Budde auf die Erde.
    »Ganz vorsichtig anfassen!« kommandierte Dr. Ben Mullah. »Einer oben, einer unten an der Gipswanne. Und zwei in der Mitte, mit gekreuzten Armen. Und ganz langsam heben …«
    Im Zeitlupentempo wurde Dr. Budde auf die Bahre gehoben. Vor der Tür lief der Motor des Lazarettwagens an. Von der Moschee sang der Muezzin die erste Morgensure des Korans.
    Eine halbe Stunde später war Bir Zarrat wieder eine winzige Oase mitten in der Wüste. Drei Wasserlöcher, einige hundert Palmen und flache, mit der Hand gebaute Lehmhütten inmitten staubiger Gärten.
    Anna Fellgrub und Heinrich, ihr Sohn, Ewald Peltzner und Dr. Markus Oldenberg, der Arzt, Dr. Adenkoven, der erste Anwalt Peltzners, und Dr. Fritz Vrobel, der Facharzt für Nervenkrankheiten, wurden am gleichen Tage, morgens um 7 Uhr 15 verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis eingeliefert.
    Vier Tage später wurde Dr. Klaus Budde in einer Spezialklinik in Deutschland operiert. Die Operation dauerte vier Stunden. Gisela Peltzner und Dr. Gerd Hartung, der nach der Verhaftung Ewald Peltzners aufgrund einer neuen Haftbeschwerde freigelassen worden war, saßen vor dem OP in einem kleinen, verglasten Wartezimmer, umgeben von Gummibäumen und Primeln.
    Sooft eine Schwester durch die Pendeltür aus dem Operationstrakt kam, rannte Gisela auf den Flur.
    »Wie geht es ihm?« rief sie.
    Und jedesmal erhielt sie die kurze Auskunft: »Der Chef operiert noch …«
    »Vier Stunden …«, sagte Dr. Hartung später. Er stand am Fenster des Wartezimmers und sah hinaus in den Klinikgarten. Es regnete aus einem trostlosen, grauen Himmel.
    »Wenn er ein Krüppel bleibt, ist es meine Schuld …«, stammelte Gisela. Sie hatte die Augen geschlossen und die Hände im Schoß gefaltet.
    »Das dürfen Sie nie sagen.« Dr. Hartung nagte an der Unterlippe. Er dachte an Monique, an ihren schrecklichen Tod, an seine Schuld, von der er sich nicht freisprechen konnte. »Um wieviel mehr Grund hätte ich, mich anzuklagen …«, sagte er leise.
    »Sie konnten das nicht vorausahnen, Gerd …«
    »Vielleicht doch. Monique liebte mich wirklich, und ich sie … Mein Gott, wieviel Unglück hat dieses verdammte Geld über uns alle gebracht
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