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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel
Autoren: Anne Rice
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Prolog
    L estat hier! Sie wissen, wer ich bin? Dann überschlagen Sie die nächsten Absätze. Ich möchte nämlich, daß es für die, die mich noch nicht kennen, Liebe auf den ersten Blick ist.
    Vor Ihnen steht: Ihr ewiger Held, die perfekte Nachbildung eines blonden, blauäugigen, eins achtzig großen angelsächsischen Mannes. Ein Vampir, und zwar einer der mächtigsten, die man finden kann. Meine Fangzähne sind zu klein, als daß man sie bemerken würde - außer, ich will es; aber sie sind sehr scharf. Und ich halte es nur wenige Stunden aus, nicht nach menschlichem Blut zu lechzen.
    So häufig brauche ich es natürlich nicht. Und wie lange ich ohne auskommen kann, weiß ich nicht so genau, weil ich das noch nie ausprobiert habe.
    Ich bin unheimlich stark. Ich kann mich in die Luft erheben. Ich kann Leute auf der anderen Seite der Stadt sprechen hören, ja sogar auf der anderen Seite der Erde. Ich kann Gedanken lesen; ich kann Leute durch bloßes Ansehen in Trance versetzen.
    Und ich bin unsterblich. Seit 1789 bin ich praktisch alterslos.
    Ob ich einzigartig bin? Keineswegs. Ich kenne etwa zwanzig weitere Vampire, einige zum Teil sehr gut, doch zu meinen Liebsten zähle ich nur eine Handvoll.
    Rechnen Sie zu diesen zwanzig noch vielleicht zweihundert herumstreunende Fremde, von denen ich nicht mehr weiß, als daß ich hin und wieder ein paar ihrer Gedanken auffange; und hochgerechnet streifen da noch weitere tausend Unsterbliche herum, heimlich, in menschlicher Verkleidung.
    Männer, Frauen, Kinder jedes menschliche Wesen kann ein Vampir werden. Sie müssen nur einen Vampir finden, der willens ist, Sie dazu zu machen. Er wird Ihnen fast Ihr ganzes Blut aussaugen und es Ihnen, vermischt mit dem seinen, wieder zurückgeben. Na ja, ganz so einfach ist es nicht; aber wenn Sie das überstehen, können Sie ewig leben.
    Solange Sie ein junger Vampir sind, ist Ihr Durst unerträglich, möglicherweise müssen Sie jede Nacht töten. Haben Sie aber erst einmal tausend Jahre hinter sich gebracht, werden Sie Weisheit ausstrahlen, selbst wenn Sie bei Ihrer Umwandlung noch sehr jung waren. Sie werden trinken und töten, weil Sie nicht widerstehen können, ob Sie es brauchen oder nicht.
    Überleben Sie noch länger - und manchen gelingt das -, wird Ihr Körper immer härter, immer weißer, immer monströser. Sie werden alles Leid der Welt kennenlernen, Sie werden in schnell aufeinanderfolgenden Zyklen Grausamkeit und Güte, Erkenntnis und blinde Wut durchleben. Vielleicht werden Sie verrückt und danach wieder klardenkend. Vielleicht vergessen Sie sogar, wer Sie sind.
    In mir mischt sich das Beste an vampirischer Jugend und hohem Alter. Zwar bin ich nur zweihundert Jahre alt, aber aus verschiedenen Gründen ist mir auch die Stärke der Alten zuteil geworden. Ich bin mit der Empfindsamkeit der heutigen Zeit begabt und habe mir gleichzeitig den erlesenen, unfehlbaren Geschmack eines längst verstorbenen Aristokraten bewahrt.
    Ich weiß genau, wer ich bin. Ich bin reich. Ich bin schön. Ich kann mein Spiegelbild sehen - selbst in Schaufenstern. Ich tanze und singe mit Begeisterung.
    Was ich so treibe, wollen Sie wissen? Alles, wonach mir der Sinn steht.
    Und nun überlegen Sie. Habe ich Sie neugierig gemacht? Vielleicht haben Sie meine Bücher über die Vampire schon gelesen?
    Und das ist genau der Haken an der Sache: Im Mittelpunkt steht nicht die Tatsache, daß ich ein Vampir bin. Das ist eine zufällige Gegebenheit, wie mein unschuldiges Lächeln, meine verführerisch weiche Stimme mit dem französischen Akzent, mein leichter, geschmeidiger Gang. So bin ich nun mal. Aber was passiert ist, was ich hier erzähle, könnte genausogut einem menschlichen Wesen widerfahren sein, bestimmt ist es das auch schon und könnte wieder geschehen.
    Denn wir beide - Sie und ich - haben eine Seele, teilen den Wunsch nach Erkenntnis, leben auf derselben reichen, grünen, Gefahren bergenden Erde. Beide wissen wir nicht, was es bedeutet, zu sterben, auch wenn wir noch so oft das Gegenteil behaupten. Ganz klar: Wüßten wir es, hätte ich dieses Buch nicht geschrieben und Sie würden es nicht lesen.
    Etwas ist noch wichtig für diese Geschichte: die Tatsache, daß ich für mich beschlossen habe, in dieser Welt ein Held zu sein. Ich betrachte mich selbst als eine Person mit komplexen moralischen Vorstellungen, geistiger Widerstandskraft und hohem ästhetischen Anspruch, als ein Wesen mit auffallendem Scharfblick und großer Wirkungskraft - kurz, als
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