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1435 - Tödlicher Frost

1435 - Tödlicher Frost

Titel: 1435 - Tödlicher Frost
Autoren: Jason Dark
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Die Plane des alten Geländewagens flatterte im Wind. Es schneite nicht mehr, aber die dünne Decke war auch nicht abgetaut, sodass das blasse Leichentuch von einem Horizont zum anderen reichte.
    Frost hatte es keinen gegeben. Nur wäre eine gefrorene Erde besser für das Fortkommen des Wagens gewesen. So musste er sich durch den Schlamm wühlen, und Jasper, der Fahrer, fluchte unaufhörlich.
    Neben ihm saß Grassow, Major Grassow. Ein finsterer Typ, der nur selten lachte und sich ständig darüber ärgerte, dass er bei den anstehenden Beförderungen übergangen worden war. Er hatte sich immer als General irgendwo in Moskau gesehen. Ein ruhiger Job in einem Stab. Stattdessen hockte er jetzt in diesem verdammten Land Sibirien als so etwas wie ein Vorposten. Er hasste den Job. Er hasste das Land und die Kälte, die in diesem Jahr verdammt früh anfing.
    Deshalb war ihm nach allem zumute, nur nicht nach einem befreiten Lachen.
    Er ließ Jasper fluchen und klammerte sich am Handgriff fest. Es war nötig, denn das Fahrzeug schwankte von einer Seite zur anderen, wenn sich die Reifen immer wieder freiwühlten und den Schlamm in die Höhe spritzten.
    Grassow und der Fahrer waren unterwegs, um die Umgebung zu inspizieren. Das Erdbeben hatte bei den zuständigen Stellen die Alarmglocke läuten lassen. Man wollte herausfinden, ob es tektonische Veränderungen gegeben hatte. Neue Senken oder frische Hügel, aber auch Risse, die eventuell Straßen und Wege zerstört hatten.
    Die fernen Berge sahen aus wie eine graue Mauer aus Wellen. Helle Spitzen ließen darauf schließen, dass dort schon Schnee gefallen war und auch liegen bleiben würde.
    Grassow hatte die Karte auf seinen Knien liegen. Hin und wieder markierte er mit der Spitze seines Bleistifts einen Punkt. Er trug einfach nur den Weg ein, den sie nahmen.
    Das Dasein in der Provinz hatte ihm trotzdem gut getan. Der Major war ein Mann, der einiges auf die Waage brachte. Ein beachtlicher Bauch, ein recht dickes Gesicht, kleine Schweinsaugen, die unter einer breiten Stirn lagen. Der Armeemantel war ihm fast zu eng geworden. So richtig zuknöpfen konnte er ihn nicht.
    Der Fahrer tat sein Bestes. Jasper war ein dünner Mensch, aber ein verdammt zäher. Er wusste sich immer wieder zu helfen, was die Technik anging. Es gab Leute, die behaupteten, dass er es schaffte, aus einem Traktor einen Rennwagen zu machen, wenn man ihn nur ließe.
    Im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten sah Jasper das Leben aus einem anderen Blickwinkel. Er war Optimist. Es machte ihm Spaß, auch in dieser Einöde Dienst zu tun. So hatte er seine Ruhe. Einmal im Jahr in den Süden fahren und die Sonne genießen, das reichte ihm.
    Jasper hatte den alten Geländewagen einen Kamm hochgetrieben, auf dem sie weiterfuhren. Wie vorher war der Boden auch hier weich, aber sie kamen durch, und nur das zählte.
    Der Fahrer kannte die Gegend. Er wusste, dass sich dieser Kamm bis zu den Bergen hinzog, aber das stimmte nicht mehr. Er merkte es, als die gerade Strecke aufhörte und sich das Gelände leicht senkte. Der Boden war hier noch weicher geworden. Fast krümelig und kaum mehr befahrbar. Jasper ahnte, dass eine Weiterfahrt gefährlich werden könnte. Er wusste nicht, welche Schäden das Beben hinterlassen hatte, und deshalb ging er auf Nummer sicher.
    Er hielt an. Erst als der Motor nicht mehr lief, drehte Grassow seinem Fahrer den Kopf zu.
    »Was ist los?«
    »Ich fahre nicht mehr weiter, Major.«
    »Ach! Und warum nicht?«
    Japser strich über seine linke Wange. »Kennen Sie das Gelände hier genau?«
    »Nein!«
    »Aber ich. Und ich sage Ihnen, dass ich es jetzt nicht mehr kenne. Und das macht mich vorsichtig.«
    »Genauer!«, blaffte der Major.
    »Es hat durch das Beben ein neues Gesicht bekommen. Wenn wir jetzt weiterfahren, dann weiß ich nicht mehr, ob wir dort hingelangen wie noch vor zwei Wochen.«
    »Sie denken, dass die Veränderung so stark ist?«
    »Ja, Herr Major.«
    »Was machen wir?«
    Mochte Grassow in der Kaserne der Boss ein, hier war es Jasper.
    Der schlug vor, auszusteigen.
    »Schön. Und wie geht es weiter? Zu Fuß?«
    »Genau.«
    Grassow schaute auf seine Stiefel. Sie saßen jetzt schon zu eng, aber er wusste auch, dass er sich nicht drücken konnte. Der Befehl, das Gelände zu inspizieren, war von ganz oben gekommen, und er musste ihn ausführen.
    »Wir steigen aus!«
    Jasper lächelte nur innerlich. Er kannte die Bequemlichkeit seines Vorgesetzten, der nur ungern etwas selbst in die Hände nahm
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