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1435 - Tödlicher Frost

1435 - Tödlicher Frost

Titel: 1435 - Tödlicher Frost
Autoren: Jason Dark
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normalen Menschen. Die unheimliche und unerklärliche dämonische Macht des Schamanen hatte sie am Leben erhalten.
    Jetzt liefen sie in den Kugelhagel der Waffen hinein. Die Soldaten schossen gezielt und genau. Es gab keinen unter diesen zum Leben erwachten Eisleichen, der nicht getroffen worden wäre.
    Es war ein schlimmes Bild, das wir zu sehen bekamen. Wie versteinert saßen Karina und ich auf den Sitzen, und als die grausame Szene vorbei war und sich die Stille wieder über den Schnee senkte, da hörte ich meine russische Freundin stöhnen.
    »Das war es wohl.«
    Ich nickte und fragte zugleich: »Und wie konnte es geschehen? Weißt du mehr darüber?«
    »Ja, denn ich habe mit dem Alten gesprochen.« In Stichworten erfuhr ich, wozu er in der Lage war und was er alles im Laufe der Jahrtausende gelernt hatte.
    »Für den Geist gibt es keine Zeiten, John. Ich denke, dass wir das wieder mal erlebt haben.«
    »Stimmt. Aber wo steckt er?«
    »Lass uns nachschauen.«
    Wir stiegen aus dem Wagen und ließen uns Zeit dabei. Es fiel kein Schuss mehr. Nur die Stimmen der Soldaten waren zu hören, und trotzdem kam es mir sehr still vor.
    Unsere Schritte hinterließen im Schnee ein Knirschen. Wir hörten die Stimme des Majors, und dann hielt Karina Grischin nichts mehr.
    Sie lief auf Grassow zu, sprach ihn an, und der Offizier drehte sich um. Er erklärte Karina einiges, und als ich die beiden erreichte, sagte Karina: »Da, schau nach vorn.«
    Es machte mir keinen Spaß. Ich tat es trotzdem. Von den Eisleichen bewegte sich keine mehr. Die Kugeln hatten sie niedergestreckt, und wir konnten dabei zusehen, wie ihre Körper immer mehr verfielen und verwesten. Der Bann war gebrochen.
    »Da liegt der Schamane, John…« Karina deutete auf eine bestimmte Stelle im Pulk der Leiber.
    Dort lag er tatsächlich. Er war noch zu erkennen, denn er war rücklings auf einen anderen Körper gefallen. Eine Kugel hatte seinen dürren Hals durchschlagen. Das Gesicht zerfiel, die Haut sah aus, als bestünde sie nur noch aus Staub.
    Das war auch so.
    Das Gesicht des Schamanen fiel in sich zusammen. Er verging ebenso wie die anderen.
    Karina stützte sich an meiner Schulter. »Es ist überstanden, John. Es gibt ihn nicht mehr.«
    »Wenn du seinen Körper meinst, dann hast du Recht.«
    »Du denkst an den Geist?«
    »Ja. Hast du mir nicht erzählt, dass er ihn vom Körper lösen kann und er praktisch unsterblich ist?«
    »Das sagte er. Aber was will ein Geist ohne Körper?«
    Ich hob die Schultern. »Es könnte sein, dass er sich einen neuen suchen wird.«
    »Aber sicher bist du nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Dann wollen wir darauf vertrauen, dass er es nicht tut. Er wird seinen tödlichen Frost nicht mehr verbreiten können, hoffe ich. Und ich sage dir auch, dass ich verdammt viel Glück gehabt habe, denn er wollte mich. Er wollte meine Lebenskraft. Oder kann man dazu auch Seele sagen?«
    »Man kann, Karina, man kann…«
    ***
    Unsere Befürchtungen trafen nicht zu. Der Schamane hatte die Soldaten nicht getötet. Aber erwecken konnten wir sie auch nicht. Sie blieben in diesem Zustand, und es war gut, dass noch in der Nacht Wladimir Golenkow landete, auch wenn das eine ziemliche Rutschpartie war.
    Wladimir war jedenfalls froh, seine Partnerin in die Arme schließen zu können, und auch mich drückte er so heftig, dass meine Knochen schon schmerzten.
    Es gab für ihn viel zu tun. Dank seines Dienstgrades übernahm er das Kommando. Die Soldaten würden nach Moskau gebracht werden, um sie dort zu untersuchen. Ob der Geist des Schamanen in irgendwelchen Sphären umherirrte, das war für mich zweitrangig. Ich freute mich schon auf London, denn Schnee gab es dort um diese Zeit noch nicht…
    ENDE
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