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Endlich in Frieden mit den Eltern - und frei für das eigene Leben - Was Menschen bewegt

Endlich in Frieden mit den Eltern - und frei für das eigene Leben - Was Menschen bewegt

Titel: Endlich in Frieden mit den Eltern - und frei für das eigene Leben - Was Menschen bewegt
Autoren: Manfred Scherrman
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beitragen, die Fronten zu verhärten und das eigene ungute Gefühl bezüglich der Eltern zu verstärken.
    Das Gleiche passiert in der Regel, wenn wir im stillen Kämmerlein darüber grübeln, warum dieses oder jenes so war, wie es war. Oder wenn wir unseren Kummer bei einer Freundin oder einem Freund abladen: »Warum nur hat sich die Mutter nicht schützend vor mich gestellt, wenn der Vater so ungerecht war?« »Warum hat mein Vater immer den jüngeren Bruder vorgezogen?« »Warum herrscht dieses Schweigen zwischen meinem Vater und mir? Und warum endet jedes Telefonat mit meiner Mutter im Streit?« » Warum nur verstehen meine Eltern nicht, dass ich erwachsen bin und mein eigenes Leben leben möchte?« Zufriedenstellende Antworten auf solche Fragen lassen sich in der Regel weder durch Nachdenken noch durch Gespräche finden.
    Sofern Antworten gefunden werden, folgt in der Regel gleich ein: »Ja, aber…«, wie bei Frau M.: »Meine Mutter mischt sich ständig in mein Leben ein, ich versteh das einfach nicht. Kann ja sein, dass sie sich Sorgen um mich macht und mir deshalb immer reinredet. Aber ich habe eher den Eindruck, sie kann einfach nicht zugeben, dass ich vieles ganz gut gemacht habe. Sie ist neidisch auf das, was ich erreicht habe. Warum nur kann sie nicht mal ein anerkennendes Wort sagen oder mich wenigstens gelten lassen?«
    Oder wie bei Frau St., die in ihrer Kindheit regelmäßig von ihrem Vater geschlagen worden ist: »Ich mache immer nochdaran herum, dass sich meine Mutter dem Vater nicht in den Weg gestellt hat. Klar, sie war nicht gerade die Kräftigste und hatte auch selber Angst. Und wahrscheinlich hätte er trotzdem weiter geprügelt, das sehe ich schon. Aber sie hätte es wenigstens versuchen müssen. Und es stimmt schon, mein Vater hat in seiner Kindheit selbst nichts anderes gekannt als Schläge. Aber gerade deshalb begreife ich nicht, dass er dann selber so viel geschlagen hat.«
    Wenn wir versuchen, unsere Elternthemen durch Nachdenken zu klären, geraten wir sehr leicht ins Grübeln und damit in einen seelischen Abwärtssog. »Grübeln führt nachweislich nur zu noch mehr Grübeln«, so der Arzt und Autor Eckart von Hirschhausen. Grübeln ist unproduktiv und schädlich, wir sollten es möglichst schnell unterbrechen. Denn danach geht es uns schlechter als zuvor. Wir sind dann wieder einmal nicht weitergekommen, und das wirkt sich nicht gerade positiv auf das Selbstwertgefühl aus. Was noch schwerer wiegt: Wir haben es sogar geschafft, aktiv dazu beizutragen, dass unsere Not bestehen bleibt. Denn je mehr Aufmerksamkeit wir einem Thema widmen, desto größer wird es und desto wahrscheinlicher ist es, dass es uns noch lange erhalten bleibt. Wenn wir wirklich unsere Elternthemen zu einem guten Ende bringen wollen, sollten wir unbedingt vermeiden, immer wieder den vertrauten negativen Gedanken und Urteilen nachzuhängen – wir tun uns damit selbst nichts Gutes.
    Es ist nicht leicht, von diesen ungeeigneten Lösungsstrategien wegzukommen. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sie uns schon sehr lange vertraut sind. Oft sehen wir auch keine Alternativen. Zudem gehen wir, ohne uns dessen bewusst zu sein, von bestimmten Grundannahmen aus, wie Menschen ganz allgemein und speziell Eltern zu funktionieren haben. Es lohnt sich, einige dieser Überzeugungen näher anzuschauen und zu hinterfragen.

Da es förderlich für die Gesundheit ist,
    habe ich beschlossen, glücklich zu sein.
    Voltaire
    Die Macht der Glaubenssätze
    Glaubenssätze im Sinne von Grundüberzeugungen hat jeder Mensch. Sie geben Orientierung und Halt und ein Gefühl von Zugehörigkeit. Zum Teil gehören sie zum gesellschaftlichen Konsens, zum Teil werden sie geprägt durch die Familie oder durch Gruppen, zu denen ein Mensch gehört. Einzelne Situationen lassen sich mit ihrer Hilfe bewerten und einordnen, insofern sind sie ausgesprochen hilfreich.
    Sie haben aber auch ihre Schattenseiten. So können sie etwa auf Einzelfälle angewandt werden, für die sie überhaupt nicht geeignet sind. Oder sie nehmen die Form von Vorurteilen an. Bezogen auf unsere eigenen Glaubenssätze sind wir häufig betriebsblind. Bei anderen Menschen fallen uns Ungereimtheiten schon eher auf. Doch je mehr Menschen eine Grundüberzeugung teilen, desto weniger wird sie hinterfragt – alles klar, das sehe ich auch so, natürlich stimmt das. Doch gerade da ist die Gefahr groß, dass Dinge über einen Kamm geschoren werden, die differenzierter betrachtet in einem
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