Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endlich in Frieden mit den Eltern - und frei für das eigene Leben - Was Menschen bewegt

Endlich in Frieden mit den Eltern - und frei für das eigene Leben - Was Menschen bewegt

Titel: Endlich in Frieden mit den Eltern - und frei für das eigene Leben - Was Menschen bewegt
Autoren: Manfred Scherrman
Vom Netzwerk:
jedem Besuch gab es früher oder später Streit, ich war abends fix und fertig. Irgendwann hat es mir dann einfach gereicht. Wir gehen jetzt bloß noch zu den Geburtstagen hin, und das nur noch zum Kaffeetrinken und nicht mehr den ganzen Tag. Das ist schonein Fortschritt, aber natürlich fühle ich mich nicht wirklich gut damit. Ich denke viel an meine Eltern und hätte gerne eine bessere Beziehung zu ihnen.«
    Und Frau E. berichtet: »Früher habe ich mindestens einmal in der Woche bei meiner Mutter angerufen. Mein Vater ist schon vor zehn Jahren gestorben, seitdem lebt sie allein. Aber ich habe einfach keine Lust mehr, mir immer wieder anzuhören, wie toll meine große Schwester alles macht und wie süß und klug ihre Kinder sind. Ich habe ihr mehrfach gesagt, dass mich das nervt und verletzt, doch ihr Verhalten ist gleich geblieben. Wahrscheinlich will sie meine Bedürfnisse nicht ernst nehmen, sonst könnte sie das doch lassen, so schwer ist das doch nicht. Jetzt rufe ich nur noch gelegentlich an, wenn ich den Nerv dazu habe. Mich gar nicht mehr zu melden schaffe ich nicht, schließlich ist sie ja meine Mutter.«
    Das Elternthema loszuwerden, das ist offensichtlich nicht einfach. Selbst mit einem vollständigen Kontaktabbruch ist das nicht zu schaffen, es lässt sich nicht mit Gewalt lösen. Im Gegenteil, Vorwürfe binden, und Zorn und Hass verstärken die innere Bindung noch zusätzlich . Das ist uns klar, wenn es um Partnerschaften geht: Solange ich noch voller Wut auf meinen geschiedenen Mann oder meine geschiedene Frau blicke, bin ich noch »verhakelt« und nicht wirklich frei. Bezogen auf die Eltern wird diese Dynamik oft nicht gesehen, obwohl sie noch stärker wirkt und zentraler für das Leben eines Menschen ist. Schließlich ist die Bindung zur Mutter ja die allererste und allerwichtigste für das Kind, und der Vater kommt gleich danach, egal ob er körperlich anwesend ist oder nicht. Dazu später mehr.
    Halten wir fest: Die Versuche, über äußere Distanzierung von den Eltern innerlich wirklich frei zu werden, führen in eine Sackgasse. Je mehr ich strampele, desto enger wird das Netz, in dem ich gefangen bin. Durch meine von enttäuschten kindlichenErwartungen bestimmten Lösungsversuche trage ich unterm Strich dazu bei, dass alles beim Alten bleibt und eher noch schwieriger wird. Menschliche Vernunft und Erfahrung gebietet in einem solchen Fall, mit dem aufzuhören, was sich als wenig oder gar nicht wirksam erwiesen hat.
    Diese Erkenntnis gilt nicht nur für Versuche, das Elternthema durch Verringerung oder Einstellung des Kontakts abzuschließen. Sie gilt auch für alle Bemühungen, durch immer wieder neues Zugehen auf die Eltern, durch Hilfsbereitschaft, Entgegenkommen, Kompromisse, »Liebsein« die Beziehung zu verbessern. Manchmal lässt sich dadurch eine kurzzeitige Entspannung erreichen, neue Hoffnung keimt auf. Doch über kurz oder lang ist alles wieder wie zuvor, und es stellt sich die Frage: Wie oft muss ich noch auf die Nase fallen, bis ich endlich begreife, dass ein Vorankommen so nicht möglich ist?
    Als ebenso fruchtlos erweisen sich vielfach Gespräche mit den Eltern über Vergangenes oder über schon länger strittige Themen. Am Ende solcher Klärungsversuche steht selten eine Entspannung der Beziehung. Viel häufiger wird nochmals deutlich, wie weit Eltern und Kinder auseinander sind, und die unterschiedlichen Sichtweisen stehen noch härter gegeneinander. Der innere Abstand wird eher größer als kleiner, alles ist noch verfahrener als zuvor. Im Nachhinein zeigt sich, es wäre besser gewesen, den Mund zu halten. Weniger ist oft mehr.
    Um zu einer Klärung der Elternbeziehung zu kommen sind auch Warum-Fragen beliebt. Auf den ersten Blick erscheinen sie ganz sinnvoll. Immerhin wird versucht, die Eltern zu verstehen, statt sie gleich zu attackieren. Vielleicht gibt es ja nachvollziehbare Gründe, die ihr Verhalten erklären oder es sogar entschuldigen. Im direkten Gespräch mit Vater oder Mutter gestellt, handelt es sich jedoch so gut wie nie um echte, sachliche Fragen, sondern eher um Vorwürfe oder Unterstellungenin Frageform: »Warum hast du dich nie für mich interessiert?« »Warum musst du immer an mir herummeckern?« »Wieso hast du immer mir die Schuld gegeben, wenn etwas schief gelaufen ist?« Klar, dass darauf keine befriedigenden Antworten kommen. Wahrscheinlich sehen die Eltern das ganz anders, zudem mag sich niemand gerne rechtfertigen. Auch Warum-Fragen können also dazu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher