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Morgen ist der Tag nach gestern

Morgen ist der Tag nach gestern

Titel: Morgen ist der Tag nach gestern
Autoren: Mechtild Borrmann
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Mein Dank für fachliche Beratung gilt Kommissar Stefan Thermann, Kommissar Marco Harms und Oberfeuerwehrfrau Hülya Simsek.
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    2. Auflage
    Originalausgabe
Veröffentlicht im Pendragon Verlag
Günther Butkus, Bielefeld 2007
© by Pendragon Verlag Bielefeld 2007
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Günther Butkus, Judith Kriener
Umschlag & Foto: Uta Zeißler
Satz: Pendragon Verlag auf Macintosh
Gesetzt aus der Adobe Garamond
978-3-86532-182-4

    1
    Knistern und Bersten dringt in die unruhigen Bilder seines leichten Schlafs. Die Geräusche stören, wollen sich nicht einfügen in die Traumsequenz. Als er die Augen öffnet, gilt sein erster Blick dem Wecker. Zwei Uhr fünfundvierzig leuchten die roten, eckigen Digitalziffern ihn an. Aber nicht nur die Ziffern scheinen zu leuchten. Jetzt erst nimmt er das unregelmäßige Flackern an den Wänden und der Zimmerdecke wahr, begreift, dass die Traumbilder verflogen, die Geräusche aber geblieben sind.
    Er springt aus dem Bett und läuft zum Fenster.
    Einige Sekunden steht er da und starrt auf das brennende Nachbarhaus. Am Straßenrand haben sich Menschen versammelt. Nachbarn aus der Seilerstraße und von der Hauptstraße sind mit Autos und Fahrrädern herbeigeeilt.
    Vorsichtig schleicht er die Treppe hinunter und schaut bei Mutter herein. Das Zimmer liegt nach Westen und die alten Fensterläden sind fest verschlossen. Kurzatmig, mit gurgelndem Geräusch zieht sie Luft in die Lunge. Das blondierte Haar liegt, unter einem Netz, wie ein schmuddeliger Heiligenschein um das teigig glänzende Gesicht. Auf dem Nachttisch steht eine Schachtel Dormocaps. Daneben die fünfziger Packung Tramal.
    Nein, er wird gar nicht erst versuchen sie zu wecken. Sie wird schimpfen, wenn er sie weckt.
    Sie wird auch schimpfen, wenn er sie nicht weckt. Aber erst morgen.
    „Der Horstmann brennt! Der Horstmann brennt lichterloh!“, flüstert er in den Raum.
    In seinem Zimmer zurück, öffnet er die Schublade der Wäschekommode, hebt die sorgfältig gestapelten Unterhemden vorsichtig hoch und legt sie auf den Schubladenrand. Er zieht das Fernglas heraus, hebt den schmalen Lederriemen über den Kopf, greift wieder mit beiden Händen nach den Unterhemden und legt sie zurück. Dann öffnet er die Balkontür und tritt hinaus ins Freie.
    Die Gärten zwischen ihrem und Horstmanns Haus haben zusammen die Größe eines Fußballfeldes. Nur der Bach trennt die Grundstücke. Das Rufen der Menschen, das ächzen von aufspringendem Holz und das Prasseln der Flammen, die aus den unteren Fenstern schlagen und die Ränder des Rieddaches anspringen, sind gut zu hören.
    Er schaut durch das Glas und regelt die Schärfe. Das Feuer hat die Räume des ausgebauten Dachbodens erreicht. Vorhänge brennen und Glas zerspringt. Die Flammen schnappen nach dem Sauerstoff und werden einatmend größer. Der Fackeltanz spiegelt sich auf den silbergrauen Stämmen der Weißbuchen hinter der Terrasse und lässt sie in zitterndem Gelb und Rot aufleuchten.
    Wie Schwärme von Glühwürmchen fliegen Funken in das feine, von der Hitze des Sommers ausgetrocknete Blattwerk, glühen auf und ersterben. Neue Schwärme tanzen vom Haus hinüber, dichter und entschlossener fallen sie über die gut zehn Meter hohen Baumkronen her und in Sekunden brennen sie lichterloh. Die Hitze der Nacht verbindet sich mit der Glut des Feuers. Frank tritt gegen die mit Efeu zugewachsene Balustrade des Balkons. Schmerzvoll verzieht er den Mund und flüstert: „Aber wie …?“
    Keiner kann ihn hier sehen. Nicht, wenn er es nicht will. Horstmann müsste doch da sein. Aber warum …?
    Dicke, grauschwarze Rauchschwaden finden jetzt ihren Weg durch die feinen Ritzen des Rieddaches. In der Ferne hört er das gleichmäßige Auf- und Abschwellen von Martinshörnern, das sich zwischen das unkontrollierte Zischen und Knistern des Feuers schiebt. Noch bevor die Feuerwehr da ist, liegt für einen Augenblick ein Grollen in der Luft, wie der Vorbote eines Gewitters. Das Dach bricht ein und die Flammen, endlich frei atmend, greifen in die Nacht und malen einen weiten roten Bogen über den Himmel.
    Frank hält mit der Linken das Fernglas. Mit der rechten Faust schlägt er auf das Geländer, versucht den zornigen Rhythmus des Feuers zu finden.
    Feuerwehrmänner laufen kreuz und quer, Leitern werden ausgefahren, überall wird gerufen und hantiert. Am Boden spritzen sie Löschschaum
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