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Ella in der zweiten Klasse

Ella in der zweiten Klasse

Titel: Ella in der zweiten Klasse
Autoren: Carl Hanser Verlag
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erinnern, was bei Punkt zwei unseres Plans geschehen sollte. Gerade als ich die anderen fragen wollte, hörte ich Stimmen auf dem Flur.
    Gleich darauf betrat der Lehrer das Klassenzimmer. Und hinter ihm traten der Rambo, der Vater des Rambos und die Mutter des Rambos ein. So nannte ich sie bei mir, weil ich ja nicht wissen konnte, wie man dort, wo sie herkamen, zu Eltern sagte. Ich sah alles durch einen schmalen Spalt, den ich zwischen dem Rand und dem Deckel der Maltruhe gelassen hatte.
    Für Außerirdische sahen auch die Eltern des Rambos überraschend normal aus.
    Die Mutter war ein bisschen pummelig. Sie hatte fröhliche Augen und niedliche Grübchen.
    Der Vater war riesig groß, hatte einen Schnurrbart und rauchte Pfeife. Aber vielleicht was das qualmende Ding auch nur eine getarnte Neutronenkanone, mit der er den Lehrer und die ganze Welt in Atome zerbröseln wollte.
    »Setzen Sie sich, bitte!«, sagte der Lehrer und zeigte auf unsere Stühle und Tische, die für die Eltern nur ein bisschen klein waren. Als der Vater sich setzte, sah es aus, als versuchte sich ein Elefant in eine Hundehütte zu zwängen.
    »Man muss sich aber nicht melden, wenn man was sagen möchte?«, fragte der Vater mit einem Augenzwinkern.
    »Wir rauchen hier übrigens nicht«, sagte der Lehrer.
    »Das höre ich gern. Ich bin auch gerade dabei, es mir abzugewöhnen«, sagte der Vater und stieß eine solche Rauchwolke aus, dass die ganze Familie für einen Augenblick darin verschwand.
    »So, so«, hüstelte der Lehrer, als der Rambo und seine Eltern wieder zu sehen waren. »Ich habe Sie hergebeten, um mit Ihnen über das Thema Gewalt und Mobbing zu sprechen.«
    »Das ist ein wichtiges Thema«, sagte die Mutter.
    »Sehr wichtig«, nickte der Vater.
    »Ich hoffe doch, dass niemand unseren Pertti mobbt?«, sorgte sich die Mutter.
    Der Rambo selbst sagte nichts. Er starrte nur die Landkarte an, unter der Hannas Füße herausschauten.
    »Ich bin froh, dass Sie beide meiner Meinung sind«, sagte der Lehrer. »Wir haben nämlich ein kleines Problem: Pertti haut und tritt seine Mitschüler.«
    »Wer, unser Pertti?«, wunderte sich die Mutter.
    »Könnten Sie das bitte wiederholen? Ich hab mich, glaube ich, verhört«, bat der Vater.
    Da erklärte ihnen der Lehrer ganz genau, wie der Rambo uns alle gehauen und getreten und zuletzt beim Fußballtraining umgestoßen hatte.
    »Dann wäre da noch das hier«, sagte der Lehrer zuletzt und legte seinen Fuß auf den Tisch.
    »Gute Waden haben Sie, vom vielen Sportunterricht wahrscheinlich«, sagte die Mutter.
    »Entschuldigung, das war der falsche«, sagte der Lehrer und hob den anderen Fuß auf den Tisch.
    »Bei uns zu Hause legen wir übrigens nicht die Füße auf den Tisch«, sagte der Vater.
    »Ihr Pertti hat mich in den Knöchel gebissen«, sagte der Lehrer und schob sein Hosenbein so hoch, dass die beiden seinen Knöchel sehen konnten, auf dem noch deutlich der Abdruck von Perttis Zähnen zu sehen war.
    Es wurde ganz still im Klassenzimmer. Die beiden außerirdischen Eltern sahen den Rambo an, der ein Gummiband aus der Tasche gezogen hatte und gerade eine Schleuder daraus bastelte.
    »Sie verwechseln ihn bestimmt mit jemand anderem«, sagte die Mutter schließlich.
    »Das wäre verständlich«, sagte der Vater. »Kinder sehen in dem Alter alle gleich aus.«
    »Unser Pertti beißt nicht«, sagte die Mutter.
    »Und er schlägt niemanden«, sagte der Vater des Rambos. »Niemals.«
    »Unser Pertti ist sanft wie ein Lämmchen«, sagte die Mutter des Rambos.
    »Ich habe Beweise«, sagte der Lehrer und zeigte auf den Abdruck der Zähne auf seinem Knöchel.
    Die Eltern des Rambos beugten sich nach vorn, damit sie den Abdruck besser sehen konnten.
    »Ein Hundebiss«, sagte die Mutter. »Eindeutig!«
    »Ich habe keinen Hund«, sagte der Lehrer.
    »Eine bestimmte malawische Echsenart hat meines Wissens ähnliche Zähne«, wusste der Vater.
    »Geben Sie’s zu, Sie haben sich aus Versehen selbst gebissen«, schlug die Mutter augenzwinkernd vor.
    »So was soll vorkommen«, sagte der Vater und haute den Lehrer auf die Schulter.
    »Jedenfalls kann es unser Pertti nicht gewesen sein«, beschloss die Mutter.
    »Auf keinen Fall. Nicht wahr, Söhnchen?«, sagte der Vater des Rambos.
    »Nö«, sagte der Rambo und schoss mit der Schleuder, die jetzt fertig war, ein Stück Tafelkreide gegen Hannas Knie.
    »Da hören Sie’s«, sagte der Vater.
    »Aua!«, schrie Hanna und begann, hinter der Landkarte auf einem Bein zu
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