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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl
Autoren: Robert Ludlum
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PROLOG
    8° 37' Nord, 88° 22' Ost
    Nördlicher Indischer Ozean, 250 Meilen östlich von Sri Lanka
    Nordwestliches Anura

    Schwül und drückend lag die warme Nachtluft fast unbeweglich auf dem Land. Am Abend hatte es ein wenig geregnet und war abgekühlt, aber jetzt hatte man das Gefühl, alles würde Hitze ausstrahlen, selbst die silberne Sichel des Halbmondes, über dessen Antlitz gelegentlich Wolkenfetzen huschten. Der Dschungel selbst schien zu atmen - den heißen, feuchten Atem eines lauernden Raubtiers.
    Shyam verlagerte unruhig sein Gewicht auf dem Klappstuhl. Für diese Jahreszeit war das auf der Insel Anura eine ganz normale Nacht, das wusste er; die Monsunzeit hatte vor kurzem begonnen, und in der heißen Luft lag etwas Drohendes. Doch nur die unermüdlichen Moskitos störten die Ruhe. Es war halb zwei Uhr morgens, und Shyam schätzte, dass er jetzt seit viereinhalb Stunden Wache hielt. In der ganzen Zeit waren gerade mal sieben Autos durchgekommen. Der Checkpoint bestand aus zwei parallelen Reihen Stacheldraht - »Messerbänken« -, die im Abstand von fünfundzwanzig Metern auf der Straße angebracht waren. Shyam und Arjun waren auf vorgeschobenem Posten als Wachen eingeteilt und saßen vor der Bretterhütte, die ihnen als Schilderhaus diente. Auf der anderen Seite des Hügels sollten zwei weitere Männer als Reserve postiert sein, aber Shyam hatte seit Stunden nicht mehr von ihnen gehört, und das deutete darauf hin, dass sie sich aller Wahrscheinlichkeit nach zusammen mit den anderen Männern in der provisorischen Kaserne ein paar hundert Meter weiter hinten an der Straße aufs Ohr gelegt hatten. Trotz all der düsteren Warnungen ihrer Vorgesetzten waren dies Tage und Nächte gnadenloser Langeweile gewesen. Selbst in guten Zeiten war die Nordwestprovinz Kenna nur spärlich besiedelt, und dies war alles andere als eine gute Zeit.
    Jetzt trug die Brise das Geräusch eines hochdrehenden Motors heran, fern und undeutlich wie das Summen eines Insekts.
    Shyam stand langsam auf. Das Geräusch kam näher.
    »Arjun«, rief er in einem halblauten Singsang. »Arjun. Ein Auto kommt.«
    Arjun ließ den Kopf kreisen - seine Nackenmuskeln hatten sich verspannt. »Um diese Zeit?«
    Er rieb sich die Augen. Bei der herrschenden Luftfeuchtigkeit klebte der Schweiß wie Öl an seiner Haut.
    Jetzt konnte Shyam in dem spärlich mit Bäumen bewachsenen Terrain endlich die Scheinwerfer sehen. Lautes, vergnügtes Gelächter übertönte das Motorengeräusch.
    »Dreckige Bauernlümmel«, brummte Arjun.
    Shyam war in dieser tödlichen Langeweile für jede Abwechslung dankbar. Er hatte die letzten sieben Tage an dem Fahrzeug-Checkpoint von Kandar Dienst geschoben und empfand diesen Wachdienst als recht anstrengend. Ihr Vorgesetzter mit seinem steinernen Gesicht hatte sich natürlich alle Mühe gegeben, um ihnen klar zu machen, wie wichtig, wie bedeutend, wie in jeder Hinsicht lebenswichtig ihr Einsatz war. Der Checkpoint Kandar war nur ein kurzes Stück vom Steinpalast entfernt, in dem die Regierung eine streng geheime Sitzung abhielt. Die Sicherheitsmaßnahmen waren deshalb äußerst streng, und dies war die einzige richtige Verbindungsstraße zwischen dem Palast und der von Rebellen gehaltenen Region im Norden der Insel. Die Guerillas der Kagama Liberation Front wussten allerdings über den Checkpoint Bescheid und ließen sich dort nicht blicken. So wie die meisten anderen auch: Mehr als die Hälfte der Dorfbewohner im Norden war aus der Provinz geflohen, sei es nun vor den Rebellen oder vor den Einsätzen gegen die Rebellen. Und die Bauern, die in Kenna geblieben waren, hatten nur wenig Geld, und das bedeutete dass die Wachen keine große Aussicht auf »Trinkgelder« hatten. Es tat sich überhaupt nichts, und die Ebbe in seiner Geldbörse hielt an. Ob das vielleicht daran lag, dass er in einem früheren Leben etwas Unrechtes getan hatte?
    Jetzt war der Pickup zu sehen; zwei junge Männer, beide ohne Hemd, saßen in der Kabine. Das Dach war heruntergeklappt. Einer der jungen Männer stand auf, schüttete sich eine Dose schäumendes Bier über die Brust und krakeelte. Der Pickup - wahrscheinlich mit kurakkan, den Rüben eines armen Bauern beladen - polterte mit über achtzig Sachen um die Kurve, so schnell es der ächzende Motor eben erlaubte. Amerikanische Rockmusik von einem der starken Mittelwellensender der Insel plärrte aus dem Radio.
    Das Krakeelen der jungen Männer hallte durch die Nacht. Es klang wie ein Rudel
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