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Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)

Titel: Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
Autoren: Michael J. Sullivan
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Gestohlene Briefe
    Sehen konnte Hadrian in der Dunkelheit wenig, aber er hörte sie – Zweige knackten, Laub knirschte, Gras streifte über Stoff. Es waren mehrere, mehr als drei, und sie kamen immer näher.
    »Keine Bewegung, alle beide«, befahl eine rauhe Stimme aus dem Schattenschwarz. »Unsere Pfeile zielen genau auf eure Rücken und wir schießen euch aus dem Sattel, wenn ihr zu fliehen versucht.« Der, dem die Stimme gehörte, befand sich noch im Schutz der Bäume, war nur eine diffuse Bewegung im Unterholz. »Wir wollen euch nur ein bisschen was von eurer Last abnehmen. Keinem muss was passieren. Tut, was ich sage, dann lassen wir euch am Leben. Wenn ihr’s nicht tut, nehmen wir euch auch das.«
    Zerknirscht dachte Hadrian: Ich bin schuld. Er blickte zu Royce hinüber, der neben ihm auf seiner dreckbespritzten grauen Stute saß, die Kapuze hochgeschlagen. Der Freund schüttelte leise den gesenkten Kopf. Hadrian brauchte sein Gesicht nicht zu sehen, um zu wissen, was es ausdrückte.
    »Tut mir leid«, entschuldigte er sich.
    Royce sagte nichts, schüttelte nur weiter den Kopf.
    Vor ihnen versperrte eine Barrikade aus frischgeschnittenem Gestrüpp den Weg. Dahinter lag die mondbeschienene Straße wie ein langer, leerer Korridor. In den Senken und Gräben hing Nebel, und irgendwo plätscherte ein unsichtbarer Bach über Steine. Sie waren tief im Wald auf der alten Straße nach Süden, in einem endlosen Tunnel aus Eichen und Eschen, deren kahle Äste über die Straße hingen und im kalten Herbstwind wackelten und klackten. Fast einen Tagesritt von jedweder Ortschaft, seit Stunden schon hatte Hadrian nicht mal mehr ein einzelnes Bauernhaus gesehen. Sie waren allein mitten im Nichts – in der Art Gegend, wo Leichen nie gefunden wurden.
    Das Knirschen zertretener Blätter wurde lauter, bis die Räuber schließlich in den schmalen Mondlichtstreifen hinaustraten. Hadrian zählte vier Männer mit unrasiertem Gesicht und gezogenem Schwert. Sie trugen grobe Kleider, Leder und Wolle, fleckig, schmuddelig und verschlissen. Bei ihnen war ein Mädchen, das einen Bogen mit angelegtem Pfeil hielt. Auch sie trug Hosen und Stiefel, und ihr Haar war wirr und fettig. Allen fünfen schien der Dreck so tief in den Poren zu sitzen, als kämen sie direkt aus einem Erdloch.
    »Die sehen nicht aus, als ob sie viel Geld hätten«, sagte ein plattnasiger Mann. Ein, zwei Zoll größer als Hadrian, war er der Kräftigste der Bande, ein bulliger, stiernackiger Kerl mit mächtigen Pranken. Derjenige, der ihm die Nase gebrochen hatte, schien ihm auch gleich noch die Unterlippe gespalten zu haben.
    »Aber sie haben jede Menge Gepäck«, sagte das Mädchen mit einer Stimme, die ihn überraschte. Das junge Ding war trotz des Drecks auf eine fast kindliche Art niedlich, hatte aber einen aggressiven, ja boshaften Ton. »Schaut doch, was sie alles mit sich rumschleppen. Was soll das viele Seil?«
    Hadrian war sich unsicher, ob die Frage an ihn gerichtet war oder an ihre Kumpane. Beantworten würde er sie ohnehin nicht. Er erwog, einen Scherz zu machen, aber sie wirkte nicht wie die Sorte Mädchen, bei der sein Charme verfangen würde. Außerdem zielte sie auf ihn, und es sah aus, als müsste ihr Arm allmählich erlahmen.
    »Ich will das große Schwert, das der da auf dem Rücken hat«, sagte Plattnase. »Scheint ungefähr meine Größe.«
    »Ich nehm die anderen beiden, die er umhängen hat.« Das kam von einem Kerl mit einer Narbe, die sich schräg über sein Gesicht zog und die Nasenwurzel gerade so kreuzte, dass ihm das Auge erhalten geblieben war.
    Das Mädchen zielte jetzt auf Royce. »Ich will den Mantel von dem Kleinen. So eine feine schwarze Kapuze steht mir bestimmt gut.«
    Der, der am nächsten bei Hadrian stand, ein Mann mit tief liegenden Augen und sonnenverbrannter Haut, schien der Älteste. Er trat einen Schritt näher und packte Hadrians Pferd an der Trense. »Macht jetzt bloß keinen Fehler. Wir haben an dieser Straße schon eine Menge Leute getötet. Dumme Leute, die nicht auf uns gehört haben. So dumm seid ihr doch nicht, oder?«
    Hadrian schüttelte den Kopf.
    »Gut, also lasst jetzt die Waffen fallen«, sagte der Räuber. »Und dann steigt ab.«
    »Was meinst du, Royce?«, fragte Hadrian. »Wir geben ihnen ein bisschen Geld, damit keinem was passiert.«
    Royce drehte den Kopf. Zwei Augen warfen einen vernichtenden Blick unter der Kapuze hervor.
    »Ich sage ja nur, wir wollen doch keinen Ärger, oder?«
    »Meine Meinung
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