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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld
Autoren: Anne Perry
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Menschen geben, Sie etwa?«
    »O Gott!«, ächzte er kläglich, ohne einen Funken Hoffnung in der Stimme.
    »Sind Sie sicher, dass Ballinger es war, der Parfitt ermordet hat, und nicht eines von dessen Opfern?«, fragte Monk.
    »O ja. Er hat es mir ausdrücklich gesagt.« Ein bitteres Lächeln lag auf Rathbones Lippen. »Eigentlich hat er es getan, um Sie zu ruinieren und für immer abzuschütteln. Er wollte, dass Sie Rupert Cardew verfolgten. Dann hätte er im letzten Moment seine Unschuld bewiesen, womit er sich Lord Cardews ewigen Dank gesichert und zugleich Ihr Ansehen bei der Polizei ein für alle Mal zerstört hätte. Nichts von all dem, was Sie über ihn gesagt hätten, wäre dann noch ernst genommen worden. Sogar handfeste Beweise hätte man verworfen.«
    Monk schüttelte bestürzt den Kopf.
    »Er wusste, dass Sie ihn unter Verdacht hatten, an Phillips’ Geschäften beteiligt zu sein, und dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Sie ihn deswegen verfolgt hätten«, fuhr Rathbone fort. »Und da Sie jetzt Scuff bei sich aufgenommen haben, hätten Sie erst recht nicht lockergelassen.«
    Hester blickte Monk an, und plötzlich wallte unendliche Zärtlichkeit in ihr auf. So gespenstisch die Situation auch war, sie wollte ihn anlächeln.
    »Das tut mir leid«, murmelte Monk. »Aber was können wir tun? Wenn wir eine Möglichkeit sähen, Berufung einzulegen, würden Sie das machen?«
    »Das weiß ich nicht«, bekannte Rathbone. »Aber es gibt keine. Wir haben keine neuen Beweise und keine zwingenden juristischen Gründe. Das Einzige, was ich mir vorstellen kann, wäre, die Fotografien zu finden und zu zerstören. Aber ich habe keine Ahnung, wo wir suchen sollen. Er hat nur gesagt, dass Tosh Wilkin sie nicht hat, aber was bedeutet das schon? Wem würde er so etwas anvertrauen? So viele Personen kann es doch nicht geben.«
    »Sind wir denn sicher, dass er die Wahrheit gesagt hat?« Monk blickte Hester und dann Rathbone an.
    Der Anwalt fuhr sich nachdenklich mit der Hand durch das Haar. »Er hat trotz allem weiterhin vor, die Reformen zu erzwingen, an denen ihm so viel liegt. Das glaube ich ihm. Aber ich wüsste nicht, wie ich es beweisen könnte. Und können wir es uns überhaupt leisten, das Risiko einzugehen?«
    Beide Männer schauten Hester an. Langsam, die Worte sorgfältig abwägend und sich über ihre eigenen Gefühle noch nicht im Klaren, begann sie: »Selbst wenn wir diese Fotografien finden und zerstören könnten und uns sicher wären, dass es die einzigen sind – würden wir das wirklich wollen? Abgesehen davon, dass es eine moralische Sünde ist, Kinder auf eine solche Weise zu missbrauchen, ist Sodomie in jedem Fall ein Verbrechen, selbst wenn sie zwischen Erwachsenen begangen wird. Warum wollen wir Männer schützen, die so etwas tun? Ich bin mir nicht sicher, ob das richtig wäre. Aber ich bin mir auch nicht sicher, ob ich möchte, dass Menschen, mich eingeschlossen, die Macht über das Wohl und Wehe anderer in Händen halten. Wie entscheidet man, zu welchem Zweck sie eingesetzt wird und wie viele Menschen man zusammen mit den Schuldigen vernichten kann?« Sie schüttelte den Kopf. »Niemand …«
    »Ich verstehe! Ich verstehe!«, rief Rathbone mit rauer Stimme. Erneut raufte er sich die Haare. »Ich hätte es gleich sehen müssen. Aber was immer er unternehmen könnte, ich habe keine stichhaltigen Gründe für eine Berufung.«
    »Dann müssen wir die Fotografien suchen«, erwiderte Monk. »So können wir wenigstens erfahren, wer alles angreifbar ist. Allerdings bietet uns das keine Garantie, dass das die einzigen Kopien sind.«
    »O Gott, was für ein Alptraum!«, stöhnte Rathbone. Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders.
    »Wir werden Hilfe benötigen«, fasste Hester die Situation zusammen. »Das alles können wir unmöglich zu dritt bewältigen. Wir wissen ja noch nicht einmal, wo wir suchen müssen und wie wir die richtigen Leute dazu bringen, uns zuzuhören.«
    Rathbone hob die Hand. »Wem könnten wir denn noch trauen?«
    »Den Leuten in der Klinik«, antwortete Hester. »Squeaky Robinson, Claudine vielleicht?«
    »Was, um alles in der Welt, könnte sie denn tun?«, fragte Rathbone ungläubig.
    »Erkundigungen in den besseren Kreisen anstellen«, erwiderte Hester. »Ich verkehre schließlich nicht mit der Art von Männern in Machtpositionen, die Erpressern eine Angriffsfläche bieten könnten, und Sie können sich dort wohl kaum selbst
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