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Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
Autoren: Laura Walden
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    Neben dem Bett flackerte eine Kerze. Das Paar, das tief in sein Liebesspiel versunken war, warf riesige Schatten an die weiß gekalkte Wand des verdunkelten Zimmers. Der gewölbte Bauch der Frau wirkte dabei größer, als er in Wirklichkeit war.
    Die beiden bekamen nichts von dem mit, was um sie herum geschah. Sie nahmen weder das Rauschen des Meeres noch die Schritte wahr, die sich ihnen unaufhaltsam näherten. Zu sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt. Sie lebten allein für diesen Augenblick. So, als gäbe es die Welt dort draußen gar nicht. So, als wäre ihr Liebesspiel alles, wofür es sich zu existieren lohnte. Als ob sie unsterblich wären.
    Voller Leidenschaft warf die Frau ihr langes dunkles Haar in den Nacken und lächelte den Mann, der unter ihr auf dem Rücken lag, verliebt an. Ihr Gesicht glänzte fiebrig und glücklich zugleich.
    »Ich liebe dich«, stöhnte sie im Rhythmus ihrer Bewegungen.
    »Ist das nicht zu viel für das Kind? Schon wieder?«, stöhnte er heiser.
    Sie hielt in ihren Bewegungen inne und über ihr Gesicht huschte ein Lächeln. »Keine Sorge, du wirst es nicht umbringen. Was meinst du, wie viele Kinder das Licht der Welt nicht erblickt hätten, wenn das gefährlich für sie wäre.«
    Er sah ihr tief in die Augen. Wie er dieses vertraute und makellos schöne Gesicht liebte, in dem sich all das spiegelte, das sie für ihn so einzigartig machte. Ihre Hingabe, ihre Leidenschaft und ihre Klarheit.
    Plötzlich kamen ihr die Tränen.
    »Habe ich dir wehgetan?«, fragte er erschrocken.
    »Es ist nichts. Ich möchte diesen Moment nur für alle Ewigkeit festhalten. Er soll niemals zu Ende gehen«, schluchzte sie.
    Er streichelte ihr behutsam über die blassen Wangen.
    Sie rang sich zu einem Lächeln durch und wollte sich neben ihn legen. Da sah sie es wie durch einen Nebel und wollte doch nicht gleich begreifen, was es zu bedeuten hatte. Und da war sie auch schon wieder, diese unbestimmte Angst, die sich manchmal über sie legte wie ein dunkler Schatten, doch dieses Mal hatte sie ein Gesicht. Ihr Lächeln gefror zu einer Maske, bevor sie die Augen schreckensweit aufriss. Sie wollte ihn warnen, doch der Schock hatte ihr die Stimme verschlagen. Nur ein heiseres Röcheln drang aus ihrer Kehle. Als ein warnender Schrei von draußen die Stille zerriss, war es bereits zu spät.

1. Teil

SELMA

 

 
NO MOA, NO MOA, IN OLD AOTEAROA
CAN'T GET 'EM. THEY'VE ET 'EM.
THEY'VE GONE AND THERE AIN'T NO MOA!

 
Neuseeländisches Volkslied



Auckland/Dunedin, 11. Februar 2009

 
    Wie sehr hatte sich Grace Cameron auf ein Wiedersehen mit Barry Tonka gefreut! Doch nun stand sie bereits seit über einer Stunde in der Ankunftshalle des Aucklander Flughafens und wartete noch immer auf ihn. Zum wiederholten Mal kramte sie in ihrer Umhängetasche nach dem Ausdruck seiner letzten E-Mail. Aber da stand es schwarz auf weiß:
    Hole dich in Auckland am Flughafen ab, babe, kua aroha au kia koe. Ich liebe dich. B.
    Grace vergewisserte sich noch einmal, dass sie ihm auch die richtigen Ankunftsdaten geschickt hatte, aber auch die waren korrekt. Lande Mittwoch, 11. 2., um 13:50, hatte sie ihm mitgeteilt. An ihrer Kommunikation konnte es also nicht liegen, dass Barry nicht auftauchte. Was sollte sie bloß tun?
    Grace versuchte, die Fassung zu bewahren. Das war gar nicht so einfach. Schließlich hatte sie gerade einen über zwanzigstündigen Flug hinter sich gebracht - dabei hasste sie das Fliegen -, und ihre innere Uhr wusste nicht, ob es Tag oder Nacht war. Ihr taten die Knochen weh, weil sie versucht hatte, in allen nur erdenklichen Positionen ein wenig zu schlafen. Außerdem summten die fremden Stimmen um sie herum wie ein Bienenschwarm, und ihr war noch immer übel von dem Essen an Bord. Beim dritten Frühstück - wieder Omelett mit Käse - hatte sie sich beinahe übergeben müssen. Und dann diese endlose Schlange, um in das Land einreisen zu dürfen. Der Höhepunkt aber war die Sache mit dem Apfel gewesen, den sie in der Handtasche vergessen hatte. Die Zöllnerin hatte sie angesehen, als wolle sie die Pest einschleppen, hatte sich Plastikhandschuhe übergestreift und den Apfel mit spitzen Fingern in einem Container entsorgt. »Sie hätten unsere Einreisebestimmungen lesen sollen«, hatte sie dabei gezischt und vorwurfsvoll auf ein überdimensioniertes Schild gedeutet, auf dem vor der Einfuhr von Lebensmitteln streng gewarnt wurde. Die Frau kannte offenbar kein Erbarmen mit jemandem, der um die halbe Welt
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