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Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
Autoren: Laura Walden
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Hemd, dessen Ärmel leger aufgekrempelt und dessen Knöpfe bis auf den oberen geschlossen waren. Am Hals blitzte ein Amulett aus Jade, das an einem Lederband hing. Sein schwarzes Haar war kurz geschnitten, sein Gesicht wettergegerbt. Was er wohl machte? Er sah jedenfalls aus wie ein Naturbursche. Da er nun schon einmal hier war und sie gemeinsam reisten, würde Grace gern mehr über ihren Reisebegleiter erfahren.
    Aber der junge Maori schien nun ganz in seine eigenen Gedanken versunken zu sein und machte nicht den Eindruck, als wäre er an einer Unterhaltung interessiert.
    Wahrscheinlich ist ihm das Ganze eher lästig, mutmaßte Grace, und er macht nur gute Miene zum bösen Spiel.

 
    Beim Einchecken und Boarding blieb Grace wenig Zeit, über ihre Flugangst nachzudenken. Außerdem hatte sie sich während der vergangenen endlosen Stunden über den Wolken halbwegs an das Fliegen gewöhnt. Nach zwanzig Stunden fühlte es sich schließlich an wie Busfahren.
    Der Pilot legte einen sauberen Start hin, und Grace hing ihren Gedanken nach. Was tue ich bloß hier?, fragte sie sich wieder und wieder. Ihre Gedanken schweiften erneut zu ihren Adoptiveltern. Sie erinnerte sich schmerzhaft an Claudias stetiges Bemühen, Ethans Aufmerksamkeit zu erringen, und an seine kühle Abwehr. Grace konnte sich nicht entsinnen, dass ihre Eltern jemals zärtlich miteinander waren. Sie hätte ihn verlassen sollen und nicht leidend darauf warten, bis er eine andere gefunden hatte, dachte Grace und merkte, wie in ihr wieder diese ungeheure Wut auf Ethan hochstieg. Ich will nicht mehr daran denken, beschloss sie und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Erstaunt stellte sie fest, dass sie seit fast einer Stunde unterwegs waren. Allmählich wurmte sie, dass ihr Begleiter nicht mehr mit ihr sprach. Krampfhaft überlegte sie, wie sie wieder mit Hori ins Gespräch kommen könnte. Ich werde mit ihm über sein Land reden, dachte sie. Dann taut er bestimmt auf.
    »Sag mal, warum sind die bei der Einreise eigentlich so panisch, dass sie einen mitgebrachten Apfel - wohlgemerkt einen neuseeländischen, aber in einem Berliner Supermarkt gekauften - mit spitzen Fingern entsorgen? Habt ihr Angst, dass wir euch mit ansteckenden Krankheiten verseuchen?« Ihr Ärger über das Desinfektionsmittel und das Verhalten der Zöllnerin schwangen unüberhörbar mit.
    Hori wandte sich ihr zu. Seine Grübelfalten verschwanden.
    Grace grinste in sich hinein. Sie hatte auf das richtige Pferd gesetzt.
    »Nein, nein, wir halten euch nicht für verseucht. Es ist nur so: Wir sind ein abgelegenes Land, das seine eigenen Wunder in Flora und Fauna hervorgebracht hat. Und wir wollen es nicht durch eingeschleppte Arten aus dem Gleichgewicht bringen.« Er stockte und deutete aufgeregt zum Fenster. Den Platz am Fenster hatte er höflicherweise ihr überlassen. »Schau nur dort unten, das sind die Fjordlands, ein riesiger Nationalpark.«
    »Wahnsinn!«, entfuhr Grace. »Das ist ja wie die Alpen und die norwegischen Fjorde in einem.« Fasziniert betrachtete sie die schneebedeckten Gipfel und stahlblauen Seen.
    Hori beugte sich vorsichtig über sie. Grace spürte seinen bloßen Unterarm an ihrem. Seine Haut war angenehm weich. Und er roch gut - wie ein Sommerwald. Das ist bestimmt kein Aftershave, dachte sie.
    »Siehst du die kleinen Inseln, die in den Sounds liegen?«
    »Sounds?«
    »Sounds nennen wir unsere Meerengen. Auf einer dieser kleinen Inseln, auf Breaksea, habe ich vor zehn Jahren mit meinem Professor gearbeitet.«
    »Was hast du denn studiert?«, fragte Grace neugierig.
    »Biologie.« Hori sah mit leuchtenden Augen hinunter, bis die Maschine gen Ostküste abdrehte und die bizarre Fjordlandschaft von sanften grünen Hügeln abgelöst wurde.
    »Was für ein Zufall! Weißt du, dass ich auch Biologin bin?«
    Hori hob überrascht die Brauen. »Nein, wenn ich ehrlich bin, habe ich erst gestern überhaupt von deiner Existenz erfahren. Ich wollte meinen Bruder aber nicht gleich mit neugierigen Fragen löchern: Wer ist sie, was macht sie, und wo habt ihr euch kennengelernt? Also, fangen wir hinten an. Wo hat mein Bruder Barry dich denn angeflirtet?«
    Grace versuchte, die leichte Ironie zu überhören. »Wir sind uns zum ersten Mal in Thailand, auf Ko Samui, begegnet. Ich hab im Blue Lagoon gewohnt, und er hatte sich vom Strand aus zu unserem Hotelpool geschlichen. Wir schwammen gemeinsam darin, als Barry mir zurief, es sei gefährlich, im Pool zu baden, weil man jederzeit von einer
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