Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
Autoren: Laura Walden
Vom Netzwerk:
und besaß ein schmaleres Gesicht, aber wenn man genau hinsah, waren die typischen Maorizüge in seinem Gesicht unverkennbar. Besonders der ausgeprägte und schön geschwungene obere Lippenbogen verriet seine Herkunft.
    »Sie sind Barrys Bruder?«, fragte sie zögernd.
    Der Maori nickte.
    »Er hat versprochen, mich in Auckland abzuholen. Ich hab's sogar schriftlich.« Der Vorwurf in ihrer Stimme war unüberhörbar.
    Der Fremde streckte ihr trotzdem freundlich seine Hand entgegen und lächelte sie gewinnend an. »Ich bin Hori, du kannst aber auch George zu mir sagen.«
    Grace rang sich ein Lächeln ab. Dann stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Was hatte das zu bedeuten, dass er ihr seinen Bruder schickte? »Warum holt er mich nicht selbst ab? Ich bin nicht um den halben Erdball geflogen, bloß um von ihm versetzt zu werden.«
    Sie war entsetzlich erschöpft und hatte sich so danach gesehnt, endlich von Barry umarmt zu werden. Ihre Enttäuschung ließ sich einfach nicht verbergen. Aber im selben Augenblick bedauerte sie bereits, dass sie ihren Ärger an seinem Bruder ausgelassen hatte.
    Hori räusperte sich verlegen. »Barry hat sich gestern nicht besonders wohlgefühlt und mich angerufen. Ich war auf einer Tagung in Auckland und bin auf dem Rückweg nach Hause.« Erst jetzt bemerkte Grace seinen Rucksack. »Deshalb hat er mich gebeten, dich vom Flughafen abzuholen und mit dir nach Dunedin zu fliegen.«
    »Fliegen? Er hat gesagt, er holt mich mit dem Wagen ab, und wir reisen erst mal durch das Land.« In ihrer Stimme schwang Ärger mit.
    »Sorry, aber Barry ist schon anderweitig verplant. Er kann nicht weg wegen seines neuen Jobs. Er hat doch gerade erst in der Kneipe angefangen ...«
    »Kneipe? Ich denke, er hat einen Laden?«
    Hori trat verlegen von einem Bein auf das andere. »Das wird er dir bestimmt alles selbst erzählen, wenn ihr euch seht. Er freut sich jedenfalls schon riesig auf dich. Er hat mir gesagt, ich soll dich ja wohlbehalten zu ihm bringen.«
    Diese Antwort befriedigte Grace ganz und gar nicht, aber sie wollte Hori nicht weiter bedrängen, dem die Situation sichtlich unangenehm war.
    »Darf ich deinen Koffer tragen?«, fragte er nun höflich. »Wir sollten den nächsten Bus zum Inland-Airport nehmen, denn der Flieger geht bereits in zwei Stunden.« Er überreichte ihr ein Ticket. »Das habe ich schon mal besorgt. Nicht dass nachher alles ausgebucht ist«, erklärte er fast entschuldigend.
    »Danke, das ist wirklich lieb«, erklärte Grace hastig. Sie blickte ihn offen an. »Es tut mir leid, dass ich meinen Frust an dir ausgelassen habe, aber weißt du, der lange Flug ... Und ich habe mich so darauf gefreut, Barry endlich wiederzusehen.«
    Hori nickte verständnisvoll, nahm ihr den Koffer ab und bat sie, ihm zu folgen.
    Vor dem Flughafengebäude schlug Grace eine ungewohnte Wärme entgegen. Sie wusste wohl, dass hier, am anderen Ende der Welt, Hochsommer herrschte, aber es kam in diesem Moment trotzdem überraschend. Sie war erleichtert, dass wenigstens ein leichter Wind wehte.
    Schweigend stiegen sie in den Bus zum Inlandterminal. Hori kümmerte sich wie selbstverständlich um ihr Gepäck und bot ihr Schokolade an.
    »Das ist die gute Cadbury aus Dunedin. Du solltest die Schokoladenfabrik unbedingt besichtigen.«
    Erst in diesem Augenblick wurde Grace bewusst, dass sie einen Riesenhunger hatte. Als könne er Gedanken lesen, ermunterte Hori sie, den letzten Riegel auch noch zu essen. Grace griff gierig zu.
    Hori ist das genaue Gegenteil von Barry, ging ihr durch den Kopf, während sie die wohlschmeckende Süßigkeit auf ihrer Zunge zergehen ließ. Er ist ein Gentleman, der Frauen wahrscheinlich sogar die Türen aufhält. Barry hingegen war ein Macho durch und durch. Niemals hätte er ihren Rucksack auch nur einen Meter weit getragen, und niemals hätte er ihr den Hunger angesehen. Nein, es war nicht gerade Barrys Stärke, sich in andere hineinzuversetzen.
    Auch von der Kleidung her unterschieden sich die beiden Tonka-Brüder völlig. Barry hatte ein Faible für enge Jeans und bunte Hawaiihemden, deren Knöpfe er gern bis zur Mitte der Brust offen ließ, um seinen durchtrainierten Körper zu zeigen. Darüber hatte Grace mit ihrer Freundin ordentlich abgelästert, als sie ihn zum ersten Mal von Weitem gesehen hatten.
    Grace warf Hori einen Seitenblick zu. Er war wirklich ein ganz anderer Typ als sein Bruder, denn er hatte so gar nichts Eitles an sich. Hori trug beige bequeme Cargohosen, ein khakifarbenes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher