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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir
Autoren: S Jio
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der Historical Society der Armee überprüfen. Die haben Unterlagen über die Kriegsjahre. So habe ich Sie ja schließlich auch gefunden.«
    Ich lächelte in mich hinein, als wir schweigend den Strand entlanggingen. Endlich war die Wahrheit heraus. Ich fühlte mich unendlich erleichtert.
    Genevieves Handy klingelte in ihrem Rucksack, und Jennifer und ich gingen ans Ufer, wo ich meine Hände ins Wasser hielt, um die Reste von Erde und die Spuren des Bösen abzuwaschen, die an dem Messer geklebt hatten.
    »Ich bin stolz auf dich, Grandma«, sagte Jennifer. »Das war wirklich mutig.«
    »Danke, Liebes«, erwiderte ich und trocknete mir die Hände an der Hose ab. »Aber ich hätte es schon viel, viel früher tun sollen.«
    Wir gingen zu Genevieve zurück, die immer noch telefonierte. »Ja, Liebes«, sagte sie gerade. »Ich versprech’s dir, ich bin rechtzeitig zum Abendessen zu Hause.« Sie lausch te einen Moment. »Ich dich auch, Adella.«
    Ich bekam eine Gänsehaut. Dieser Name … Ich hatte ihn nicht mehr gehört, seit … seit … Ich drehte mich zu Jennifer um, und ihr Gesichtsausdruck sagte mir, dass sie zu demselben Schluss gekommen war wie ich.
    »Verzeihen Sie«, sagte ich etwas später zu Genevieve. Wir waren fast am Hotel angekommen, und ich hörte die Leute am Swimmingpool lachen. »Ich habe eben gehört, wie Sie jemanden Adella genannt haben.«
    »Ja, richtig«, antwortete sie. »Das war meine Tochter am Telefon.«
    »Was für ein schöner Name«, sagte ich. »Den hört man nicht oft.«
    »Stimmt«, erwiderte sie. »Ich kenne außer meiner Toch ter keine Adella. Es ist mein Zweitname. Ich wurde adoptiert, wissen Sie, und angeblich hatte meine leibliche Mutter den Namen für mich ausgesucht.«
    Ich wandte mich ab, damit sie mir nicht ansah, wie sehr mich ihre Worte schockierten.
    »Meine Eltern fanden, sie waren es meiner leiblichen Mutter schuldig, mir den Namen zu geben«, fuhr sie fort. »Und als meine Tochter geboren wurde, kam für mich kein anderer Name infrage.«
    Sie schaute mich besorgt an. »Alles in Ordnung, Anne?«, fragte sie.
    »Ja«, sagte ich, nachdem ich mich wieder gefasst hatte. »Haben Sie Ihre leibliche Mutter je kennengelernt oder versucht, sie zu finden?«
    »Versucht habe ich es«, antwortete sie, »glauben Sie mir. Meine Eltern wollten mir nichts von ihr erzählen.« Eine Weile wirkte sie nachdenklich, dann lächelte sie. »Eine Lehrerin hat mir mal gesagt, meine Mutter müsse Fran zösin sein, weil ich eine echte französische Nase hätte. Aber ich werde es wohl nie erfahren. Die Unterlagen über die Adoption sind schon vor Jahren verloren gegangen.«
    Kittys Tochter. Sie stand leibhaftig vor mir. Das Kind, bei dessen Geburt ich geholfen hatte .
    »Tja«, sagte Genevieve und verschränkte die Hände. Jetzt, wo ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass sie Kittys Augen hatte. »Aber Sie wollen sich jetzt bestimmt ausruhen. Es war ein langer Vormittag, der eine Menge Gefüh le aufgewühlt hat. Was halten Sie davon, wenn ich morgen noch einmal herkomme? Vielleicht habe ich dann schon etwas über das Messer in Erfahrung gebracht. Sagen wir, morgen Nachmittag?«
    Ich nickte. »Ja, das klingt gut«, sagte ich. Mir schwirrte der Kopf.
    »Wir werden eine Menge zu bereden haben«, sagte Genevieve.
    »Allerdings«, stimmte ich ihr zu und schob ihr eine Locke hinters Ohr, wie ich es bei Kitty getan hätte, wenn sie vor mir gestanden hätte.

18
    I ch geh ein bisschen an den Strand«, verkündete Jennifer am nächsten Morgen. Ich roch den Duft von Kokosshampoo in ihrem frisch gewaschenen Haar, als sie den Kopf zur Tür hinausstreckte. »Soll ich dir irgendwas mitbringen? Ein Croissant? Einen Milchkaffee?«
    Ich lächelte. »Nein danke, Liebes.«
    Als die Zimmertür hinter ihr ins Schloss fiel, schlug ich Westrys Heft auf und las weiter seine Briefe. Meine Augen wanderten über die vergilbten Seiten, und ich erfuhr, wie er sein Leben ohne mich gelebt hatte, wie er seine Liebe zu mir bewahrt hatte, eine Liebe, die von Jahr zu Jahr gewachsen zu sein schien. Als ich zur letzten Seite kam und den Brief las, den er vor fünf Jahren geschrieben hatte, blieb mir fast das Herz stehen:
    23. August 2006
    Meine liebste Cleo!
    Hier bin ich wieder – ein neues Jahr, ein neuer August –, viel zu alt, um ohne Dich hier zu sein. In diesem Jahr ist es mir nicht gut gegangen. Ich kann nur hoffen, dass Du ein besseres Jahr hattest, wo auch immer Du sein magst.
    Erinnerst Du Dich an das Lied, das wir eines Abends in
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