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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir
Autoren: S Jio
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der Hütte im Radio gehört haben? »La Vie en Rose«? Der Text lautet: »Schenk mir dein Herz und deine Seele, dann wird das Leben immer la vie en rose sein.« Für mein Leben trifft das zu. Denn auch ohne dass Du anwesend warst, ohne dass ich Dich berühren konnte, bist Du immer bei mir gewesen. Du hast mir damals Dein Herz geschenkt, und ich habe es immer gehütet.
    Egal, ob wir uns jemals wiedersehen oder nicht, das ist das Einzige, was zählt.
    La vie en rose, meine Liebste.
    In Liebe
    Dein Grayson
    Genevieve klopfte um drei Uhr an unsere Tür. Jennifer ließ sie herein, und sie stellte ihre Tasche auf dem Schreibtisch ab. »Sie werden nicht glauben, was ich in Erfahrung gebracht habe.«
    »Was denn?«, fragte ich begierig.
    Genevieve setzte sich auf die Bettkante. »Die Nummer auf dem Messer«, sagte sie und schüttelte ungläubig den Kopf. »Es ist eine Registriernummer. Und sie gehört überhaupt nicht zu diesem Lance, von dem Sie sprachen.«
    »Mein Gott«, sagte ich. »Zu wem gehört sie dann?«
    Sie nahm ihr Notizheft aus der Tasche und schlug es auf. »Das wird Sie vielleicht überraschen«, sagte sie. »Das Messer gehörte Colonel Matthew Donahue, dem befehlshabenden Offizier des Camps.« Sie schaute mich fragend an. »Aber das muss doch ein Irrtum sein, oder?«
    O Gott, ich hatte alles falsch verstanden . »Nein, es ist kein Irrtum«, entgegnete ich. Bilder aus der Vergangenheit liefen vor meinem geistigen Auge ab – Kitty, die schluchzend auf ihrem Bett lag, Atea, die an Heiligabend verwirrt in die Kirche gekommen war, Westrys blutiges Gesicht nach seiner Auseinandersetzung mit dem Colonel. Natürlich war es nicht Lance gewesen . Das wurde mir jetzt klar. Hinter allem hatte der Colonel gesteckt.
    Genevieve sah mich verständnislos an. »Niemand wird glauben, dass ein befehlshabender Offizier, noch dazu ein Soldat mit gutem Ruf, so ein brutales Verbrechen begangen hat.« Sie blätterte in ihrem Notizheft. »Wir können der Wahrheit nur auf den Grund gehen, wenn wir die amerikanische Lazarettschwester finden, mit der er ein Verhältnis hatte, und versuchen, mit ihr zu reden. Vielleicht ist sie das fehlende Glied. Auf dem Messer lassen sich keine Fingerabdrücke mehr feststellen, und die Einheimischen, die alt genug sind, um etwas wissen zu können, hüllen sich in Schweigen. Glauben Sie mir, ich habe versucht, mit ihnen zu reden.« Sie zuckte ratlos die Schultern. »Was meinen Sie, wie stehen die Chancen, dass wir diese Schwester ans Telefon kriegen? Ziemlich schlecht, nicht wahr?«
    »Ich glaube«, sagte ich zögerlich, weil ich nicht recht wusste, ob ich es überhaupt zugeben sollte, »ich kenne die Frau.«
    Genevieves Augen weiteten sich. »Wirklich?«
    »Ja«, sagte ich. »Zumindest habe ich sie einmal gekannt. Sie war damals meine beste Freundin. Wir sind zusammen hierhergekommen.« Ich betrachtete ihr Gesicht. Sie sah Kitty so ähnlich. Ob die beiden wohl noch eine Chance hatten, einander kennenzulernen?
    »Wie heißt die Frau?«
    »Kitty. Kitty Morgan.« Ich seufzte. »Natürlich weiß ich nicht, was aus ihr geworden ist. Wir haben uns seitdem nie wiedergesehen. Aber es ist ja alles so unglaublich lange her.«
    Genevieves Augen leuchteten auf. »Den Namen kenne ich. Ja, ich habe diesen Namen aus den Dienstplanunter lagen des Lazaretts herausgesucht und mir sogar ihre Telefonnummer notiert, aber dann habe ich sie nie angerufen – es gab einfach keinen Grund dazu.« Sie blätterte in ihrem Heft. »Hier hab ich’s«, sagte sie aufgeregt. »Kitty Morgan Hampton. Wohnt in Kalifornien – also, zumindest bis vor zwei Jahren hat sie dort gewohnt. Würden Sie sie vielleicht anrufen, Anne?«
    Mir wurde ganz flau. »Ich?«
    »Ja, bitte«, sagte sie und schaute mich erwartungs voll an.
    »Aber das ist doch Ihr Projekt«, widersprach ich. »Sie sollten sie anrufen.«
    Genevieve schüttelte den Kopf. »Sie wird bestimmt eher mit Ihnen reden als mit einer … Fremden.«
    Wenn sie wüsste .
    Ich dachte daran, wie distanziert Kitty während unserer letzten Wochen auf der Insel mir gegenüber gewesen war, wie sie sich Westry gegenüber verhalten hatte – wie sie sich zwischen uns geschoben und unsere Liebe zerstört hatte. Nein, ich konnte nicht mit ihr sprechen.
    Jennifer beugte sich zu mir und streichelte meinen Arm. »Die Zeit ändert die Menschen«, flüsterte sie. »Du hast sie einmal sehr gern gehabt. Möchtest du nicht ihre Version der Geschichte hören?«
    Ja, ich hatte sie einmal sehr gern gehabt. Und
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