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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir
Autoren: S Jio
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die Treppe hinunter und auf die Terrasse hinaus, wo wir uns an einen Tisch setzten und zusahen, wie die Wellen an den Strand krachten und überraschte Sonnenanbeter mit ihren Handtüchern an höher gelegene Stellen flüchteten, wo es trocken war. Was für ein Anblick. Es war, als wüsste die Insel, dass die Gerechtigkeit endlich gekommen war, um ihre Ufer vom Bösen zu befreien.
    Ich fuhr mit einem Finger über die Kette, an der mein Medaillon hing, und fragte mich, ob es stimmen konnte, was Tita damals gesagt hatte. War der Fluch jetzt aufge hoben? Das würde die Zeit zeigen.

19
    I ch stöhnte, als ich das Telefon im Wohnzimmer klingeln hörte. Um das Gespräch anzunehmen, würde ich aufstehen müssen und bei jedem Schritt die Schmerzen in meinen alten Knochen spüren. Aber das beharrliche Klingeln spornte mich an. Mir taten die Beine weh, aber sie trugen mich, und ich erreichte das Telefon gerade noch rechtzeitig, um abzunehmen und ein atemloses Hallo zu hauchen.
    »Grandma, ich bin’s«, sagte Jennifer gut gelaunt. »Heute ist es so weit.«
    Mehr als drei Monate waren vergangen, seit wir die Insel besucht hatten. Die Reise war auf eine Weise er folgreich gewesen, mit der ich nie gerechnet hätte, aber nach unserer Rückkehr war ich emotional vollkommen erschöpft gewesen, und davon hatte ich mich immer noch nicht erholt. Ich hatte Genevieve, Atea, Kitty und vielleicht sogar der Insel ihren Frieden zurückgegeben, aber in meinem eigenen Herzen tobte seitdem ein Sturm, und ich hatte nur Mutmaßungen über Westry und ein Notiz buch mit alten Briefen, an denen ich mich festhalten konnte.
    »Grandma?«
    »Ja, Liebes, ich bin noch da«, sagte ich. »Mir geht es heute nicht so gut.«
    »Aber du kommst doch mit, oder?«
    »Ach, Liebes«, sagte ich und ließ mich aufs Sofa sinken. »Ich glaube, ich schaffe es nicht.«
    Jennifers Schweigen versetzte mir einen Stich. Sie hatte mich nach Bora-Bora begleitet und mir so rührend beigestanden – wie konnte ich sie ausgerechnet an diesem Tag enttäuschen?
    »Du kommst doch bestimmt auch ohne mich zurecht, oder?«, fragte ich und massierte mir den schmerzenden Rücken. Jennifer hatte vor einer Woche ihre Semesterabschlussarbeit abgegeben, und die Zeitung hatte Wind von ihrem Projekt bekommen.
    »Ach, Grandma«, sagte sie. »Ich weiß, es ist viel verlangt, vor allem, wo es dir in letzter Zeit nicht so gut geht, aber ich würde mich wirklich freuen, wenn du kämst. Es werden so viele Leute da sein, ich kann es kaum aushalten, ihnen allein entgegenzutreten. Ich bin total nervös. Es würde mich sehr beruhigen, dich dabeizuhaben. Ich kann dich in einer Stunde abholen. Und wir parken ganz in der Nähe der Aula, dann brauchst du nicht weit zu laufen, einverstanden?«
    Ich stand mühsam auf. Ich würde es schaffen. Jennifer zuliebe . »Also gut«, sagte ich und holte tief Luft. »Ich komme mit.«
    »Danke, Grandma!«, rief sie aus. »Bis gleich!«
    Ich legte das Telefon weg und nahm den Brief von Gene vieve, der auf dem Sofatisch lag. Er war am Tag zuvor ein getroffen, und ich hatte ihn seitdem wohl ein Dutzend Mal gelesen.
    Liebe Anne,
    ich möchte Ihnen noch einmal dafür danken, dass Sie nach Bora-Bora gekommen sind. Ihr Besuch hat alles geändert – für mich, für Atea, für die Insel. Ich hoffe, er hat auch Ihnen gutgetan.
    Es gibt Erfreuliches zu berichten: Ich habe Kontakt mit der Army aufgenommen und dem zuständigen Sachbearbeiter alle Informationen zukommen lassen. Man wird tatsächlich ein Verfahren gegen Colonel Donahue einleiten. Es fühlt sich alles sehr seltsam an, vor allem, seit ich weiß, in welchem Verhältnis dieser Mann zu mir steht, aber das hält mich nicht davon ab, für Atea und mein ungeborenes Geschwisterchen Gerechtigkeit zu fordern.
    Natürlich kann der Colonel nicht mehr vor Gericht gestellt werden, aber der Mann, mit dem ich gesprochen habe, hat mir versichert, dass die Army mit der Unterstützung offizieller Stellen hier auf der Insel dafür sorgen wird, dass alle Einzelheiten zusammengetragen werden. Ich nehme an, man wird ihm seinen Rang und alle militärischen Auszeichnungen aberkennen.
    Auf der Insel ist die Rede davon, irgendwo in der Stadt ein Denkmal für Atea zu errichten. Ist das nicht großartig? Natürlich würden wir uns freuen, wenn Sie zur offiziellen Einweihung herkommen könnten.
    Beinahe hätte ich eins vergessen: Nächsten Monat fliege ich nach Kalifornien, zu Kitty. Sie hat mich zu sich eingeladen. Ich nehme Adella mit. Ich kann
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