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Eine Wiener Romanze: Roman (German Edition)

Eine Wiener Romanze: Roman (German Edition)

Titel: Eine Wiener Romanze: Roman (German Edition)
Autoren: David Vogel
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Stil seines Gedichtbands Vor dem dunklen Tor (1923) und dem Roman Eine Ehe in Wien (1929 bis 1930). Tatsächlich klingen wichtige Themen der Handlung von Eine Ehe in Wien in diesem frühen Roman schon an, zum Beispiel die Geschichte von Mischa dem Anarchisten über einen Freund, der seinen mutterlosen kleinen Sohn selbst aufziehen muss und ihn nicht mal durchs erste Lebensjahr bringt, oder die Geschichte von Max Karp, demMeisterschriftsteller, und seiner Verlobten, Malwine, die sich in späteren Ehejahren gegenseitig redlich verabscheuen werden. Diese und andere Szenen werfen bereits Schlaglichter auf Vogels späteres Schaffen. Ob nun wegen der stumpfen Feder, mit der einige Kapitel des Romans geschrieben wurden, oder wegen seines Inhalts, der eine persönliche Liebesaffäre aufgreift, beschloss Vogel, die frühen Entwürfe jenes Werks einzumotten, das sein erster Wien-Roman hätte werden können, und stattdessen Eine Ehe in Wien anzugehen, den neuen und geschliffeneren Wiener Roman, den er Ende der zwanziger Jahre abschloss und veröffentlichte.
    Erst Anfang der dreißiger Jahre, rund fünf Jahre nach seiner Übersiedlung von Wien nach Paris und mehr als ein Jahrzehnt nachdem er seine frühen Entwürfe in die Schublade verbannt hatte, wandte Vogel sich offenbar wieder diesem Jugendroman zu. Jetzt stellte er der Wiener Geschichte eine späte Einführung voran, die im Paris der Zwischenkriegszeit spielt, und übertrug sie in das Manuskript, das uns vorliegt. Im selben Zeitraum verfasste Vogel auch die Novelle An der See , deren früher Entwurf sich, wie gesagt, zwischen die Manuskriptseiten von Eine Wiener Romanze geschoben hatte. Aufgrund des ähnlichen Schriftbilds der beiden Manuskripte und mehr noch aufgrund von Vogels damaligen Briefen an seinen Lektor Asher Barash ist anzunehmen, dass die Arbeit an den beiden Werken parallel oder zumindest kurz nacheinander erfolgte. Tatsächlich schrieb Vogel im November 1932 an Barash, er arbeite neben der Novelle auch an einem neuen Roman: »Ich stehe in Begriff, eine große Erzählung fertigzustellen. Außerdem sitze ich an einem großen Roman, der noch in den Kinderschuhen steckt.« 8
    Doch dieser »große Roman« wurde nie in Druck gegeben, während die Novelle An der See das letzte Prosawerk wurde, das Vogel zu Lebzeiten veröffentlichte. Damit teilte Eine Wiener Romanze das Los seines jiddischen Romans aus dem Zweiten Weltkrieg, der als Manuskript liegenblieb und keine Endfassung erhielt. Auch das Manuskript von Eine Wiener Romanze kann nicht als abgeschlossen gelten. Die engzeilige Schrift, die fehlende Unterteilung in Absätze und vor allem die demonstrative Fortlassung des Titels zeigen, dass hier noch die letzte Durchsicht fehlt, und vielleicht auch mehr als das.
    Ein weiteres Dokument im Nachlass beweist, dass Vogel die Absicht hatte, den Roman noch einmal zu überarbeiten. Es enthält die Wiener Exposition des Romans und eine Schilderung der Ankunft Michael Rosts in Wien und seiner ersten Tage dort. 9 Entgegen der Auffassung von Menachem Peri, der dieses Dokument in seinem Nachwort zu dem Sammelband Tachanot kavot zitiert, sind dies nicht die ersten Seiten eines hebräischen Romans, den Vogel Anfang der vierziger Jahre schreiben wollte, sondern es ist die überarbeitete Version einiger Manuskriptseiten des Romans, den Vogel viele Jahre zuvor geschrieben hatte und der in seinem Nachlass der Schlussredaktion harrte.
    Vielleicht war die Arbeit an der Endfassung von Eine Wiener Romanze Ende der dreißiger oder Anfang der vierziger Jahre steckengeblieben, oder Vogels Internierung zu Kriegsbeginn hatte ihn gezwungen, diesen Jugendroman erneut aufzugeben – und bei der Gelegenheit auch seine hebräische Literatursprache, denn nach seiner Haftentlassung verfasste er seine Kriegschronik Alle zogen in den Kampf in jiddischer Sprache. Vielleicht hat diese historische Wende Vogel veranlasst, Michael Rost, den arroganten, jungen Liebhaber in Wien, durch den älteren Künstler Reichert, Vater einer Tochter und Ehemann einer kranken Frau, zu ersetzen, der schließlich erschöpft und angeschlagen in einem Eisenbahnwagen zwangsweise einem unbekannten Ziel entgegenfährt. Wie dem auch sei, neben den historischen Umständen, die den Fortgang des Schreibens bestimmten, sind uns keinerlei schlagende Beweise verblieben außer jenem kurzen Dokument, das die redigierte Version des Romananfangs enthält und zum Schluss ein weißes Blatt, auf dessen Kopf Vogel nur noch »2. Kapitel« hat
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