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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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schlau gemacht habe.
    So viel vorweg, um anzudeuten, dass dieser Landstrich, den ich aus vollem Herzen liebe, sich seinen ganz eigenen, einzigartigen Charme erhalten hat und eine gewisse Scheu äußeren Einflüssen gegenüber pflegt, die nicht unerheblich zu seiner Faszination beiträgt.
     
    Der Cilentaner an sich ist freundlich, und auch wenn er dich zögerlich anstarrt, öffnet er dir doch Tür und Tor, um dich an seinen Traditionen teilhaben zu lassen, voller Gastfreundschaft und Stolz auf seine Küche und die landschaftliche Schönheit.
    Trotzdem bleibt man immer ein Fremder, ein Städter auf der Durchreise, und selbst wenn man sich ein Haus an der cilentanischen Küste kauft und vielleicht seit dreißig Jahren seine Urlaube hier verbringt – ein Fremder ist und bleibt man.
    Für mich, die ich sicher keine Reiseführerin bin, besteht die Cilento-Region aus zwei großen Teilen: dem Landesinneren und der Küste. Letztere ist zweifellos bekannter und auch beliebter, wobei sie noch ruhige Oasen abseits der großen Touristenpfade bereithält, was der glücklichen Weitsicht einiger lokaler Behörden zu verdanken ist.
    Andere Gegenden haben leider sehr an dem ausuferndenLow-Cost-Tourismus gelitten, an dem wahllosen Zubetonieren von wunderschönen Strandabschnitten, die mit ihrem hellen Sand und kristallklaren Wasser so manchem exotischen Traumstrand Konkurrenz machten. Doch sind das glücklicherweise Einzelfälle, während der größte Teil der cilentanischen Küste unversehrt geblieben ist.
    Lange, weiße Sandstrände, manchmal auch steinige Felsufer, und einladendes Wasser, für die Wagemutigen bereits von Ostern an. Im Oktober und November hingegen herrscht eine milde herbstliche Wärme, die immer noch angenehme Wassertemperaturen beschert. Manche Leute ziehen sogar ein Bad im November oder Dezember, wenn das Meer von den vielen heißen Sommermonaten aufgewärmt ist, jenem im Mai oder Juni vor, wenn die Sonne gerade erst ihre Kraft entfaltet.
    Die Vegetation ist üppig: Agaven, Eukalyptusbäume, Pinien, Pappeln und Bougainvilleen, Hibiskus und Magnolien, Oleander und die gesamte Vielfalt der mediterranen Macchia.
    Eine meiner größten und zugleich verbotenen Freuden ist es, gegen Ende des Sommers mit ein paar Freundinnen von gleichem kriminellen Instinkt wie ich im Auto herumzufahren und nach Häusern zu suchen, deren Besitzer schon in die Stadt zurückgekehrt sind. Nach Häusern mit Gärten natürlich, deren Bäume voll überreifer, zuckersüßer und saftiger Früchte hängen, die nur darauf warten, von aufmerksamen Naschkatzen aufgesammelt zu werden: ein wahrer Genuss. Wenn die Feigen bereits an der Pflanze vertrocknet sind, ohne herunterzufallen, kann man ganz exquisite Trockenfeigen genießen, ohne dafür gearbeitet zu haben.
    Normalerweise wollen getrocknete Feigen sorgfältig gehätschelt werden. Die reifen Früchte müssen geöffnet und auf geeigneten Tabletts aus Holz oder geflochtenen Pflanzenfasern tagelang in der Sonne getrocknet werden. In der zweiten Phase können die Feigen »gepackt«, also mit Walnüssen gefüllt, und zu phantasievollen Formen gefügt werden, als Kette etwa oder noch häufiger als auf Hölzchen gespießte Doppelreihe.
    An einem Winterabend nach dem Abendessen kann da schonmal im Gespann mit dem Nocillo, einem Nusslikör aus der Herstellung meines Mannes, während eines Plausches zu zweit eine ganze Reihe Trockenfeigen weggehen. Der Nocillo ist ein ganz spezielles cilentanisches Getränk: süß durch das Aroma der Walnüsse und die Beigabe von Zimt, Vanillezucker, Nelken und anderen geheimen Zutaten, die nur innerhalb der Familie weitergegeben werden, gleitet er sanft die Kehle hinab, kalt oder in Raumtemperatur, und genauso schnell lässt er vergessen, dass er an Alkoholgehalt einem starken Grappa in nichts nachsteht, 50 Prozent oder mehr je nach Jahrgang. Vierzig Tage müssen die Walnüsse unter Alkohol in der Sonne einweichen, dann werden sie abgeseiht. Vorsicht also vor einem unschuldigen Gläschen und zwei getrockneten Feigen: es könnte ein lustiger Abend werden, den man beim Blick auf die Waage am nächsten Morgen bereut.
    Das sind aber beileibe nicht die einzigen Köstlichkeiten, die das Cilento zu bieten hat.
    Am liebsten sind mir die einfachen Gerichte, die an gar nicht weit zurückliegende Zeiten erinnern, als bei den meisten Einheimischen mittags und abends nur wenig anderes als die Früchte der Erde auf den Tisch kamen. Heute besinnen sich viele Restaurantbesitzer auf
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