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Eine Leiche im Badehaus

Titel: Eine Leiche im Badehaus
Autoren: Lindsey Davis
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hierher gekommen, um dem ganzen Rummel aus dem Weg zu gehen.« Ruhige Typen, unbeeindruckt von dem Herumgewirbel einer ältlichen Schönheit. Doch Rectus war ein Mann, dem nichts entging. Er wusste, was sich wo tat.
    »Und wo tritt sie dann auf?«
    »Im Nemesis.«
    Das klang wie ein Ort, an dem jeder Unfall genau von den Parzen geplant ist.
    Rectus und Timagenes beschrieben mir den Weg. Etwas beduselt machte ich mich allein davon. Sommerabende in Südbritannien können recht angenehm sein (an dortigen Maßstäben gemessen). Wenn es ein Hafen gewesen wäre, dann wäre es hier lärmender und geschäftiger zugegangen, aber Noviomagus lag etwas im Landesinneren. Es war teilweise von einem Fluss umgeben, nichts Besonderes, nicht genug, um ein echtes Nachtleben auf die Beine zu stellen – oder irgendein Leben, das einen Römer befriedigen würde. Die Stadt war erst halb bebaut, immer noch mit vielen leeren Grundstücken an stillen Straßen. Wo es Häuser gab, war trotzdem kein Licht zu sehen. Ich fand meinen Weg nur durch pures Glück.
    Diese neue Kaschemme lag an der Porta Calleva nahe des Westrands der Stadt. Das war die Zufahrtsstraße vom Palast, die für die Bauarbeiter am bequemsten war. Ich fand die Schenke anhand des schwachen Lichtschimmers, der aus der offenen Tür drang, und dem lauten Gebrumm von Männerstimmen. Es war der einzige Ort in Novio, wo sich in dieser Nacht überhaupt etwas tat. Ich war sicher, am richtigen Platz zu sein, weil nebenan eine dunkle Bude stand, an der ein großes Schild mit einem menschlichen Zahn hing. Gaius hatte diesen Zahnklempner erwähnt. Hätte der geöffnet gehabt, wäre ich reingestürmt und hätte verlangt, von meinen Schmerzen befreit zu werden. Aber wie alles andere, bis auf die Schenke, hatte der Kerl über Nacht geschlossen.
    Als ich näher kam, sah ich eine hoch gewachsene Frau, Körper und Kopf auf anständige Weise mit der Stola einer römischen Matrone umhüllt. Sie blieb kurz draußen stehen, dann zwang sie sich dazu, mutig hineinzugehen. Für mich war sie kein Geheimnis – Helena. Ich rief sie, doch sie hörte mich nicht. Ich rannte ihr nach.
    Drinnen war der reinste Hexenkessel. Helena konnte sehr entschlossen sein, aber sie hasste lärmende Menschenmengen. Nervös war sie stehen geblieben. Ich kämpfte mich zu ihr durch und setzte mein schönstes Grinsen auf.
    »Du verdorbenes Geschöpf! Verbringst du so deine Abende? Ich hätte dich nie für eine Kneipenhockerin gehalten …«
    »Du bist das! Den Göttern sei Dank.« Ich mag dankbare Frauen. »Marcus, wir müssen Hyspale finden …«
    »Maia hat es mir erzählt.« Helena hielt sich wegen des Lärms die Ohren zu. Ich sparte mir meinen Atem.
    Es schien keine Chance zu geben, einen Tisch zu bekommen, doch dann sprang eine Gruppe italienischer Grabenbauer auf, um ein paar Briten zu verprügeln. Der Wirt hatte einige große Gallier eingestellt, die Ruhestörungen im Keim ersticken sollten. Natürlich waren sie ganz erpicht auf eine Schlägerei, also trabten alle brav nach draußen und fochten da ihren Kampf aus. Beeindruckt manövrierte ich Helena zu dem frei gewordenen Platz und kam gerade noch ein paar spanischen Matrosen zuvor. Sie versuchten mein Mädchen anzuquatschen, schon aus Prinzip, verstanden aber den Wink, als ich Helenas Hand hochhob und auf den Silberring deutete, den ich ihr geschenkt hatte.
    »Meine Tochter«, erklärte Helena und führte in einer ausdrucksvollen Pantomime vor, dass sie ein Kind hatte, »heißt Laeitana.« Das kam gut an. Sie hatten keine Ahnung, was sie sagte; sie stammten aus dem Süden. Baeticaner geben nicht ein as auf Tarraconensis. Dass mein Kind nach einem Weinanbaugebiet in der Nähe von Barcino im Norden benannt war, hatte keine Wirkung auf die Spanier. Aber Helena hatte sich Mühe gegeben, und sie teilten ihre Weinkaraffe mit uns. Helena bemerkte, dass ich schon leicht rot im Gesicht war. Ich schob es auf meinen Zahn.
    Getränke wurden am laufenden Band serviert, obwohl von Vorbereitungen für einen baldigen Auftritt der Tänzerin nichts zu sehen war. Ich kletterte auf eine Bank und schaute über die Köpfe hinweg, sah aber niemanden, den ich kannte.
    »Wo sind meine Brüder und Larius?«
    »Wer weiß? Ich habe Gloccus gefunden.«
    »Was?«
    »Später.«
    »Wie bitte?«
    »Vergiss es.«
    »Vergiss was?«
    So viele Männer hatten sich hier reingedrängt, dass es schwer zu erkennen war, wie die Schenke tatsächlich aussah. Am Geruch war allerdings zu merken, dass wir von
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