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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter
Autoren: Jonathan Stroud
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WENN DU VERSPRICHST, gut aufzupassen, erzähl ich dir noch einmal von der Schlacht am Troldfelsen. Aber wehe, du zappelst wieder so herum und machst Unsinn, dann hör ich gleich wieder auf!
    Damals, kurz nachdem die Siedler hergekommen waren, es ist schon lange, lange her, trieben die Trolde noch im ganzen Tal ihr Unwesen, von der Flussmündung bis zum Steilgebirge. Nach Einbruch der Dunkelheit waren kein Haus, kein Kuhstall, kein Heuschober vor ihnen sicher. Ihre unterirdischen Gänge führten kreuz und quer unter den Feldern und Wiesen hindurch bis unter die Türen der Höfe. Kaum eine Nacht verging, ohne dass Kühe von den Weiden und Schafe von den Berghängen verschwanden. Männer, die spätabends noch unterwegs waren, wurden in Sichtweite ihrer Häuser unter die Erde gezerrt. Frauen und Kleinkinder wurden aus ihren Betten geholt, und am nächsten Morgen fand man ihre Decken, die nur noch zur Hälfte aus dem Boden schauten. Niemand wusste, wo sich das nächste Troldloch auftun würde oder was man dagegen unternehmen sollte.
    Als Erstes machten sich die Angehörigen jedes Hauses daran, ihre Anwesen mit schweren Granitplatten zu pflastern – die Halle, den Stall, die Innenhöfe und so weiter, damit die Trolde nicht mehr durchkamen. Anschließend errichteten sie hohe Mauern rings um die Gebäude und stellten Wachposten auf. Das schuf Abhilfe. Trotzdem hörte man nachts die Trolde immer noch unter den Steinfliesen klopfen und scharren und nach irgendeinem Durchschlupf suchen. Es war kein schönes Leben.
    Sven, der bedeutendste Held des Tals, ein vor Kraft strotzender junger Mann, hatte schon so manchen Trold im Zweikampf erschlagen und die Straßen von Wegelagerern, Wölfen und anderen Gefahren gesäubert. Aber nicht jeder war so tüchtig wie er, und Sven fand, es sei nun an der Zeit, dem Elend ein für alle Mal ein Ende zu bereiten.
    Darum rief er eines schönen Mittsommertags die anderen Helden zusammen. Alle zwölf versammelten sich auf einem Feld auf halber Höhe des Tales, ungefähr dort, wo heute Eiriks Hof liegt. Anfangs ließen sie erst einmal tüchtig die Muskeln spielen und hantierten rauflustig mit ihren Schwertknäufen.
    Dann erhob Sven die Stimme: »Freunde, es ist kein Geheimnis, dass wir seinerzeit so manche Meinungsverschiedenheit hatten. Mein Bein trägt immer noch die Narbe von deinem Speer, Ketil, und ich könnte mir vorstellen, dass dir immer noch der Hintern von meinem Pfeil wehtut. Heute jedoch plädiere ich für einen Waffenstillstand. Die Trolde geraten allmählich außer Rand und Band. Ich schlage vor, dass wir uns zusammentun und sie aus dem Tal vertreiben. Was haltet ihr davon?«
    Wie nicht anders zu erwarten, fingen alle erst einmal an, zu hüsteln und zu brummeln, und gaben sich alle Mühe, Svens Blick auszuweichen, aber schließlich trat Egil vor. »Sven«, sagte er, »deine Worte haben mein Herz getroffen wie Pfeile. Ich bin dabei.« Da schlossen sich ihm auch die Übrigen, teils aus Verlegenheit, teils, um ihren Mut zu beweisen, einer nach dem anderen an.
    Dann fragte Thord: »Was du sagst, ist alles schön und gut, aber was springt für uns dabei heraus?«
    »Wenn wir einen Pakt schließen, das Tal zu schützen«, antwortete Sven, »wird es uns von da an für alle Zeiten gehören. Na, wie hört sich das an?«
    Die anderen waren der Meinung, das klänge sehr gut.
    Dann fragte Orm: »Wo wollen wir uns ihnen zum Kampf stellen?«
    »Ich wüsste schon, wo«, erwiderte Sven und führte die anderen über das Feld zu einem mächtigen Felsen, der halb umgestürzt im Lehm lag. Weiß der Himmel, wie er dort hingekommen war. Er war so groß wie ein halbes Haus, gerade so, als hätte ein übermütiger Riese ein Stück aus dem Bergmassiv oberhalb des Tals herausgebrochen und durch die Gegend geschleudert. Der Felsen liegt so auf der Seite, dass er wie ein Keil aus dem Feld ragt.
    Damals hieß der Felsen nur »der Keil«, heute ist er allgemein als »Troldfelsen« bekannt. Unten ist er mit Gras und Moos bewachsen, der obere Teil ist kahl. Er ist von niedrigen Kiefern umstanden und ein, zwei Bäume haben sogar obendrauf Halt gefunden. Das Haus Eirik hält heutzutage dort seine Versammlungen ab.
    »Freunde«, sagte Sven, »lasst uns vor unserem gemeinsamen Kampf gegen die Trolde Blutsbrüderschaft schließen. Damit wir uns hinterher im Kampf gegenseitig, so gut es geht, beschützen.«
    Sie zogen die Schwerter und jeder ritzte damit in den Unterarm seines Nebenmannes, sodass ihr Blut am Fuß des
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