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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel
Autoren: Lindsey Davis
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packte sie. Das Holzstück hatte ich umgedreht, als wollte ich sie damit in Schach halten. Es gelang mir, das eine Ende über Laelia hinauszustrecken. Im selben Moment bückte sich Scaurus und hob das Opfermesser seiner Mutter auf. Das hatte ich kommen sehen. Ich schlang den Arm um Laelia und zerrte sie von ihm weg. Niemand sonst schien zu merken, in welcher Gefahr sie sich befand. Sie selbst am wenigsten, was es umso gefährlicher machte.
    Laelia schluchzte jetzt herzerweichend, packte dann plötzlich das Holzstück und behinderte meine Bewegungen. Während ich sie abschüttelte, huschte etwas verschwommen Graues an mir vorbei. Terentia Paulla trat genau in dem Moment hinter ihre verrückte Nichte, als Scaurus, ihr ebenso verrückter Neffe, sich anschickte, Laelia zu töten.
    »Du!«, schrie Terentia zornerfüllt. »Der Gedanke, dass deine lächerliche Schwester ihn umgebracht hat, war schlimm genug – aber du hast ihr auch noch geholfen!«
    »Er war ein Tier«, sagte Scaurus.
    Ich schleuderte Laelia so weit wie möglich von mir weg, um Terentia beschützen zu können. Das war nicht nötig.
    Die wütende Exvestalin holte aus und versetzte ihrem Neffen einen geradarmigen rechtshändigen Boxhieb, der direkt aus der Schulter kam. Ich hörte seinen Kiefer splittern. Sein Kopf ruckte zurück. Scaurus sah abrupt zur Decke. Dann ging er zu Boden.

LV
     
     
    Alle stürzten sich auf die diversen Opfer.
    Ich murmelte leise, zu Terentia gewandt: »Darf ich fragen, wo Sie diesen Schlag gelernt haben? Von einem Ihrer Liktoren, der Sie auf das Eheleben mit Ventidius vorbereitet hat?«
    »Instinkt!«, knurrte sie. »Ich übernehme das hier. Und jetzt, Falco – finden Sie Gaia!«
    Sie drehte sich zu Anacrites um, der immer noch meine Hündin in den Armen hielt. Im Gegensatz zu ihrer sonstigen Gewohnheit hatte Nux das Interesse an ihrer Trophäe behalten. Ihre weißen Zähne umschlossen den kleinen Pferdehaarbesen – bestimmt der, den der Bauarbeiter für Gaia gemacht hatte.
    Anacrites kam sich plötzlich dämlich vor und setzte die Hündin ab. Sie rannte zu mir und schlug ihren unhygienischen Schwanz gegen das Bodenmosaik.
    »Was ist los, Nux?«
    Ich bückte mich und nahm ihr den Besen aus dem Maul. Natürlich wollte sie nicht loslassen, knurrte glücklich und schüttelte ihren Fund, während ich ihn freizerrte. Dann begann sie zu bellen.
    »Gutes Mädchen.« Als sie merkte, dass ich nun bereit war, ihr Aufmerksamkeit zu schenken, sauste sie in weiten Kreisen vor mir herum. Ich folgte ihr. Nux lief los und flitzte den Weg zurück, den wir vom Garten her gekommen waren. Immer wenn sie eine Biegung im Korridor erreicht hatte, blieb sie stehen und bellte. Ein raues, hohes, durchdringendes Bellen, ganz anders als ihr normales sinnloses Wuffen.
    Ich hatte alle anderen zurückgelassen, während ich hinter dem aufgeregten Tier herlief. Mit gesenkter Nase rannte Nux Gänge entlang, durch Türen, schaute manchmal zurück, um zu sehen, ob ich noch da war. »Gutes Mädchen! Zeig’s mir, Nux.«
    Sie sauste in den Küchengarten. Vorbei an der Bank, auf der ich mich vor kurzem noch mit Terentia unterhalten hatte. Durch die frisch umgegrabenen Beete, unter der entlaubten Pergola hindurch, in das Gebüsch und die verhedderten Kletterpflanzen, die bis hinten an die hohe Mauer reichten.
    Gestern hatten wir alles abgesucht, sogar hier hinten. Sklaven hatten mit Sicheln die Kletterpflanzen abgehackt. Ich hatte selbst Teile des Gestrüpps niedergetrampelt. Einigen der Helfer hatte ich befohlen, in das Dickicht zu kriechen.
    Nicht gut genug, Falco. Es gab eine Stelle, an der die Mauer einen Knick machte. Büsche schützen die Stelle jetzt vor der direkten Sicht, aber sie hatte einst einen Zweck gehabt. Um mir gegenüber gerecht zu bleiben, hatte ich gestern gesehen, wie jemand hier herumkroch. Aber es reicht nie, sich auf andere zu verlassen. Bei einem echten Notfall muss man jede Handbreit Boden selbst absuchen. Egal, ob die Helfer sauer werden, weil es so aussieht, als würde man ihnen nicht trauen. Egal, ob man sich völlig verausgabt. Niemand sonst ist vertrauenswürdig. Nicht mal, wenn sie wissen, genau wie man selbst, dass das Leben eines Kindes in Gefahr ist.
    Nux drehte jetzt völlig durch. Sie hatte eine kleine Lichtung erreicht, auf der Mauerwerk das Dickicht aufgehalten hatte. Vermutlich hatte Nux den Besen hier gefunden. Gaia hatte definitiv hier gespielt. Irgendwie war es ihr sogar gelungen, ein Feuer anzuzünden. Vielleicht hatte sie
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