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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel
Autoren: Lindsey Davis
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Maulen hatte er es geschafft. Ich hörte ihn auf der anderen Seite aufkommen und dann sofort losrennen. Er war wirklich athletisch. Trainierte wohl in einem dieser Gymnasien für reiche Jungs, mit hohem Mitgliedsbeitrag und einem Trainer, der wie ein mit Schmalz beschmierter griechischer Gott aussah.
    Ich hätte wissen müssen, dass noch jemand das Drama nicht verpassen wollte – Anacrites, der als Nächster auftauchte. Ich zeigte ihm, was Sache war, sagte ihm, er solle keine Panik auslösen, und bat ihn, ins Haus zurückzugehen und Fackeln zu holen.
    »Und doch wohl auch Seile, Falco.«
    »Wenn du welche finden kannst. Wofür ich schwarz sehe im Haus eine Flamen Dialis, dem nichts Bindendes unter die Augen kommen darf. Aber bitte die Bauarbeiter, alles Holz zu bringen, das man zum Abstützen verwenden kann.«
    Er trottete davon. Manchmal war er direkt vernünftig. In ein bis zwei Stunden würde er vielleicht eine Öllampe und ein Stückchen Schnur für mich finden.
    Ich setzte mich neben den Brunnen, die zappelnde Nux bei mir. Mit beruhigender Stimme begann ich auf die unsichtbare Gaia einzureden. »Antworte mir nicht, Schätzchen. Ich spreche nur mit dir, damit du weißt, dass ich noch da bin. Andere sind unterwegs und bringen Gerätschaften, damit wir dich rausholen können.«
    Ich fragte mich, wie wir das machen sollten. Je mehr ich darüber nachdachte, desto schwieriger sah es aus.
     
    Als Anacrites zurückkehrte, hörte ich gleichzeitig die willkommene Stimme von Petronius Longus auf der anderen Seite der Mauer. Es kam mir vor, als hätte ich eine Ewigkeit auf sie gewartet. Bald darauf legten die Vigiles Leitern an. Anacrites rief ihnen etwas zu und trat dann zu mir. Wir befanden uns zwei Fuß unter der Erde, auf der letzten Stufe. Er hatte zwei Fackeln mitgebracht, schon angezündet, und ein kurzes, dreckiges Seil, das die Bauarbeiter für irgendeinen halbherzigen Zweck verwendet hatten. Sofort band ich das Seil an eine der Fackeln und ließ sie in den Brunnen hinab. Dafür musste ich stehen und mich über den Schacht beugen. Anacrites lag neben mir auf dem Bauch und schaute hinunter in die Finsternis.
    »Die Schachtwände sind in schlechtem Zustand. Mach weiter«, drängte er. Das flackernde Licht erleuchtete nur ein kleines Stück. Als das Seil zu Ende war, hatten wir Gaia immer noch nicht gesehen. »Schaut nicht gut aus«, murmelte Anacrites mit leiser Stimme. Er setzte sich auf, blieb aber, wo er war, bereit für einen weiteren Versuch. Seine Tunika war völlig verdreckt. Mama würde ihn ganz schön ausschimpfen, wenn er nach Hause kam. Aber er konnte ja zu Recht behaupten, mit ihrem unmöglichen Sohn unterwegs gewesen zu sein.
    Petronius war hinter mich getreten, fast unhörbar. Er begrüßte mich nicht. Er machte keine Witze. Er ging auf die andere Seite, schaute von oben hinein, pfiff einmal leise, blieb dann stehen und schätzte das Problem ein. Einige seiner Männer stellten sich zu ihm. Auch Aelianus tauchte wieder auf. Er gab mir noch ein Seil, das ich an das Fackelseil knotete. Ich ließ es langsam hinunter, während die anderen zuschauten.
    »Halt an«, befahl Anacrites, jetzt wieder flach auf dem Bauch. Ich gehorchte. Er schob sich weiter an den Rand, lehnte sich so weit hinüber, wie er es wagte. Petro murmelte eine Warnung. Aelianus beugte sich tief hinab, bereit, Anacrites am Gürtel zu packen, falls er abrutschte. Anacrites bewegte sich und spreizte die Beine. Vielleicht etwas unklug, streckte er die Hand aus und stütze sich an einer Seitenwand ab.
    »Da ist was.« Ich gab noch etwas Seil nach. »Stopp, sonst triffst du sie.«
    »Gib es hier rüber«, sagte Petro. Ich zog das Seil wieder ein wenig hoch und beugte mich vor, um ihm das freie Ende zu reichen, und hielt das straffe Seilstück mit einer Hand fest. Als Petro das Seil im Griff hatte, ließ ich vorsichtig los.
    »Halt – es pendelt hin und her – wartet! Gut. Gebt mehr Seil nach – ja, sie ist da. Sie bewegt sich nicht. Die Abdeckung hat sich an der Wand verklemmt, und die Kleine klammert sich daran.«
    »Alles in Ordnung, Gaia – wir können dich jetzt sehen!«
    »Nein. Zu spät. Die Fackel ist ausgegangen.«
    Anacrites drückte sich aus seiner schwebenden Lage hoch, und wir zogen ihn zurück. Er kam auf die Füße, das Gesicht bleich. Er schaute uns an und schüttelte den Kopf. »Es ist ein Wunder, dass sie an der Stelle festhängt – und es geschafft hat, dort zu bleiben. Eine falsche Bewegung, und das ganze Zeug rutscht
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