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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel
Autoren: Lindsey Davis
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sonst kannst du dich schon mal auf ein paar sehr unflätige Witze gefasst machen, wenn wir dich auf den Kopf stellen.«
    »Große Götter! Dann sieh bloß zu, dass die Exvestalin weiter weg ist. Ich hab keinen Lendenschurz mehr getragen, seit ich ein Jahr alt war.«
    Ich zog die Tunika zwischen meine Beine und stopfte den Zipfel in meinen Gürtel. Ich hätte sie ja auch feststecken können, aber irgendwie behagte mir der Gedanke an eine Broschennadel so nah an meinen edelsten Teilen nicht.
    »Also gut.« Petro sprach leise. Ich hatte ihn schon früher so erlebt. Nach außen hin ließ er sich nicht anmerken, wie kritisch die Situation war, aber ich vertraute ihm. »Der Plan sieht folgendermaßen aus: Wir lassen zuerst eine Laterne runter, damit du vor dir Licht hast. Viel wird es nicht sein, aber an einer Fackel könntest du Feuer fangen. Wir glauben, drei Seile sollten genügen. Das dritte kommt um deine Taille, zur Sicherheit, wird mit dem Geschirr verbunden und locker hängen. Alle Seile werden hier oben verankert. Wir haben genug Männer zum Sichern der Seile.« Er packte mich an den Schultern. »Dir wird schon nichts passieren. Vertrau mir.«
    »Sagst du das nicht auch immer zu deinen Freundinnen?«
    »Hör auf mit dem Blödsinn. Wir werden versuchen dich nicht fallen zu lassen.«
    »Das wird auch besser so sein«, meinte ich. »Wenn doch, darfst du Helena alles erklären.«
    »In dem Fall springe ich lieber gleich hinter dir in das verdammte Loch, glaube ich.«
    »Du warst schon immer ein guter Kumpel.«
    »Deine Arme werden frei sein, aber lass uns am Anfang die Arbeit machen. Spar deine Kraft, bis du das Mädchen erreicht hast. Bis dahin wird dir alles Blut in den Kopf geflossen sein. Pack sie einfach, ruf, dass du sie hast, und halt durch.«
    Aelianus trat vor und bat darum, eins der Seile sichern zu dürfen. Anacrites auch. Sieh da, sieh da. Man sollte immer nett zu seinen Partnern sein. Eines Tages könnte es einem passieren, kopfüber in einem bodenlosen Loch zu hängen, und oben stehen drei freundliche Burschen, denen man sein Schicksal überlassen muss.

LVII
     
     
    Brunnen konnte ich noch nie leiden.
    Am schlimmsten war der Anfang. Aufrecht hätte ich hineinsteigen und mich langsam in den Schacht hinablassen können. Kopfüber musste ich mich einfach fallen lassen. Wenn ich nicht bereits genügend Albträume angesammelt hätte, wäre dies einer gewesen, bei dem ich noch jahrelang schreiend aufgewacht wäre.
    Sie taten ihr Bestes, mich sicher über den Rand zu bugsieren. Nachdem ich an den Holzbalken vorbei war, kam der Moment, wo die helfenden Hände mich losließen und mein Gewicht die Seile um meine Fußgelenke anspannte. Ich trudelte wie wild herum, während sie sich oben gegen das Gewicht stemmten. Wenn ich nicht zu beschäftigt gewesen wäre, meinen Aufprall an der Seitenwand abzufangen, hätte ich vor Entsetzen geschrien. Über mir hörte ich eine Menge verzweifelter Geräusche, dann hatten sie die Sache wieder im Griff. Ich hielt die Arme ausgestreckt, um mich abzustützen und seitliche Bewegungen zu kontrollieren. Die Beine wollte ich ebenfalls spreizen, vergaß aber, dass sie mein Gewicht halten mussten. Das Hinunterlassen ging ziemlich glatt, nur wenn sie unerwartet Seil nachgaben, schürfte ich mir immer wieder die Handflächen auf. Ich fluchte. Tonlos. Für diesen Teil hätten wir Schauerleute holen sollen. Falls das so weiterging, würde ich bald wissen, wie sich ein Sack fühlt, wenn er unachtsam auf den Kai geknallt wird und aufplatzt.
    Das ruckhafte Seilnachgeben hörte auf, den Göttern sei Dank. Sie lernten. Ich hätte vielleicht auch gelernt, nämlich ihnen zu vertrauen. Aber in so einer Lage tut man das ehrlich gesagt nie.
    Jetzt ließen sie mich langsamer runter.
    Trotz des Lichts, das wir zuerst hinabgeschickt hatten, war es praktisch stockdunkel. Ich fühlte mich wie eine zum Braten vorbereitete Ziege, nur ohne die Unterstützung des Bratspießes. Petro hatte Recht, das Blut war aus meinen Füßen und Beinen gelaufen. Mir war viel zu heiß. Meine Ohren pochten. Meine Augäpfel traten hervor. Meine Arme waren geschwollen. Meine Hände fühlten sich riesig an. Schweiß lief mir in der Tunika über die Brust und auf mein Gesicht, direkt in die Augen.
    Nach unten zu schauen war schwierig. Ich hielt den Kopf waagerecht, versuchte nur manchmal zu sehen, ob ich das Kind schon erreicht hatte.
    Die Seile schienen sich zu dehnen. Lieber nicht daran denken. Ich bemühte mich, an gar nichts
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