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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle
Autoren: Sara Paretsky
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dickköpfig wären, hätten Sie das zugegeben und Tim erlaubt, sie auszuführen. Eins kann ich Ihnen sagen: Ich habe nicht vor, meine Zeit damit zu verbringen, dass ich für ihren verdammten Nachwuchs ein liebevolles Zuhause suche.«
    Das führte zu einem Wutausbruch seinerseits. Er ging in seine Wohnung zurück und knallte zornig die Tür zu. Ich ging ihm den ganzen Samstag lang aus dem Weg, aber ich wusste, dass wir uns versöhnen mussten, ehe ich die Stadt wieder verließ - ich konnte ihn nicht allein mit einem Wurf junger Hunde sitzenlassen. Außerdem bin ich schon zu alt, um an meinem Groll Freude zu haben. Am Sonntagmorgen ging ich hinunter, um gut Wetter zu machen. Ich blieb sogar bis Montag zu Hause, damit wir gemeinsam zum Tierarzt gehen konnten.
    Wir brachten den Hund verärgert in die Praxis - wie ein schlecht harmonierendes Elternpaar seinen missratenen Teenager. Der Tierarzt heiterte mich ungeheuer auf, indem er mir sagte, Golden Retriever könnten bis zu zwölf Welpen bekommen. »Aber weil es ihr erster Wurf ist, werden es vermutlich nicht ganz so viele«, fügte er fröhlich lachend hinzu.
    Ich merkte, dass Mr. Contreras von der Aussicht auf zwölf kleine schwarz-goldene Fellbälle begeistert war. Auf dem Rückweg nach Kankakee fuhr ich hundertdreißig und zögerte danach meinen Auftrag so lange wie möglich hinaus. Das war vor zwei Monaten gewesen. Inzwischen hatte ich mich mehr oder weniger mit Peppys Schicksal abgefunden und war sehr erleichtert darüber, dass sie ihr Nest im Erdgeschoss baute. Mr. Contreras maulte wegen der Zeitungen, die sie an ihrem Lieblingsplatz hinter seiner Couch zerfetzte, aber ich wusste auch, dass er zutiefst verletzt gewesen wäre, wenn sie beschlossen hätte, meine Wohnung zu ihrem Bau zu machen. Derart kurz vor dem Termin ihrer Niederkunft verbrachte sie fast die ganze Zeit bei ihm. Nur gestern war Mr. Contreras zu einem Herrenabend seiner alten Clique ins Las Vegas gegangen. Er war seit einem halben Jahr an der Planung beteiligt gewesen und hätte ungern gefehlt. Dennoch rief er mich zweimal an, um sich zu vergewissern, dass Peppy noch keine Wehen hatte, und ein drittes Mal gegen Mitternacht, um herauszubekommen, ob ich mir auch die Telefonnummer ihres Spielkasinos aufgeschrieben hatte. Es lag an diesem dritten Anruf, dass ich Schadenfreude empfand, als Peppy versuchte, ihn vor sechs zu wecken.
    Die Junisonne war strahlend, aber die Luft am frühen Morgen war immer noch so kühl, dass mir die nackten Füße auf dem Verandaboden zu kalt wurden. Ich ging wieder hinein, ohne darauf zu warten, dass der alte Mann aufstand. Ich hörte immer noch Peppys gedämpftes Gebell, als ich mir die Shorts von den Beinen trat und wieder ins Bett stolperte. Mein bloßes Bein rutschte über einen feuchten Fleck auf dem Laken. Blut. Meins konnte es nicht sein, also war es das der Hündin.
    Ich zog mir die Shorts wieder über und wählte die Nummer von Mr. Contreras. Gerade hatte ich Kniestrümpfe und Joggingschuhe an, als er sich meldete - mit einer so heiseren Stimme, dass ich ihn kaum erkannte. »Ihr Jungs müsst ja gestern Nacht toll gefeiert haben«, sagte ich munter. »Aber stehen Sie jetzt mal besser auf und stellen sich dem Tag - im Nu werden Sie wieder Großvater.«
    »Wer ist denn dran?«, krächzte er. »Wenn das ein Witz sein soll, muss ich Ihnen sagen, dass man um diese Tageszeit keine Leute anruft, und -«
    »Ich bin's«, unterbrach ich ihn. »V. I. Warshawski. Ihre Nachbarin aus dem zweiten Stock, wissen Sie noch? Hören Sie, Ihr Hündchen Peppy bellt sich seit zehn Minuten vor Ihrer Tür die Seele aus dem Leib. Ich glaub, sie will rein und ein paar Welpen kriegen.« »Oh. Oh. Sie sind's, Engelchen. Was soll das mit dem Hund? Peppy bellt vor meiner Hintertür. Wie lange haben Sie sie draußen gelassen? Sie sollte nicht da herumbellen, so kurz vor der Niederkunft - sie könnte sich erkälten, wissen Sie.« Ich verkniff mir mehrere sarkastische Bemerkungen. »Gerade eben habe ich ein paar Blutflecken in meinem Bett entdeckt. Vielleicht ist sie kurz davor zu werfen. Ich komme gleich hinunter und helfe Ihnen dabei, dass alles seine Ordnung hat.« Mr. Contreras fing nun an, mich mit komplizierten Bekleidungsvorschriften zu bombardieren. Mir kam das alles so lächerlich vor, dass ich ohne große Förmlichkeiten auflegte und wieder hinausging.
    Der Tierarzt hatte betont, Peppy brauche beim Werfen keinerlei Hilfe. Falls wir uns während ihrer Wehen einmischten oder schon die
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