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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle
Autoren: Sara Paretsky
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erstgeborenen Welpen aufhöben, könnte sie so große Angst bekommen, dass sie mit dem Rest nicht allein fertigwerde. Ich verließ mich nicht darauf, dass Mr. Contreras sich in der Aufregung des Augenblicks daran erinnern würde.
    Der alte Mann schloss eben hinter sich die Tür, als ich auf dem Treppenabsatz ankam. Durch das Glasfenster bedachte er mich mit einem gequälten Blick und verschwand für kurze Zeit. Als er die Tür schließlich aufmachte, hielt er mir ein altes Arbeitshemd hin. »Ziehen Sie das über, bevor Sie reinkommen.«
    Ich wies das Hemd zurück. »Ich habe ein altes Sweatshirt an; es macht mir keine Sorgen, was das möglicherweise abkriegt.«
    »Und ich mache mir keine Sorgen über Ihre blöde Garderobe. Mir liegt was dran, was Sie drunter anhaben. Oder nicht drunter anhaben.«
    Ich starrte ihn verblüfft an. »Seit wann muss ich einen BH anziehen, wenn ich nach dem Hund schaue?«
    Sein ledriges Gesicht nahm eine stumpfe Scharlachfarbe an. Der bloße Gedanke an weibliche Unterwäsche ist ihm peinlich, ganz davon zu schweigen, wenn sie beim Namen genannt wird.
    »Es ist doch nicht wegen dem Hund«, sagte er erregt. »Ich wollte es Ihnen ja schon am Telefon sagen, aber Sie haben einfach aufgelegt. Ich weiß, wie gern Sie im Haus herummarschieren, und mir macht das nichts aus, solange Sie sich halbwegs bedeckt halten, was Sie im Allgemeinen ja tun, aber das geht nicht allen so. Das ist nun mal so.« »Glauben Sie, dem Hund macht das was aus?« Meine Stimme wurde um einige Grade lauter. »Wer zum Teufel - oh. Sie haben gestern Nacht jemanden aus der Spielhölle mit nach Hause gebracht. So, so. War ein flotter Abend, was?« Normalerweise hätte ich mich über das Privatleben eines anderen Menschen nicht so vulgär geäußert, aber ich hatte das Gefühl, dem alten Mann für die Schnüffelei, die er in den letzten drei Jahren wegen meiner männlichen Besucher angestellt hatte, die eine oder andere süffisante Bemerkung schuldig zu sein.
    Er wurde mahagonibraun. »Ist nicht so, wie Sie meinen, Engelchen. Überhaupt nicht. Es ist bloß ein alter Kumpel von mir. Mitch Kruger. Der hat wirklich einiges durchgemacht, seit er und ich im Ruhestand sind, und jetzt hat er einen Tritt in den Hintern bekommen, deshalb hat er sich gestern Nacht an meiner Schulter ausgeweint. Natürlich - hab ich ihm gesagt - müsste er sich keine Sorgen wegen seiner Miete machen, wenn er sie nicht versaufen würde. Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Es geht darum, dass er einfach die Hände nicht still halten kann, wenn Sie wissen, was ich meine.« »Ich weiß genau, was Sie meinen«, sagte ich. »Und ich verspreche Ihnen, falls meine Reize den Kerl in Wallung bringen, bremse ich ihn, ohne ihm den Arm zu brechen - mit Rücksicht auf Ihre Freundschaft und sein Alter. Jetzt tun Sie mal das Hemd weg und lassen mich nachschauen, wie es Ihrer Königlichen Hundheit geht.« Er war nicht begeistert, aber er ließ mich maulend in die Wohnung. Wie meine bestand auch seine aus vier nach dem Güterwagenprinzip angeordneten Räumen. Von der Küche kam man ins Esszimmer, dann auf einen kleinen Flur, der zum Schlafzimmer, zum Bad und zum Wohnzimmer führte.
    Mitch Kruger schnarchte laut auf der Wohnzimmercouch, mit weit offenem Mund unter der Knollennase. Ein Arm hing herunter, so dass seine Fingerspitzen den Boden berührten. Die obersten borstigen grauen Brusthaare schauten unter der Decke hervor. Ich ignorierte ihn, so gut ich konnte, ging neben dem Sofa in die Hocke, im Schatten seiner übelriechenden Socken, und schaute nach hinten. Peppy lag auf der Seite, inmitten eines Zeitungshaufens. Sie hatte den größten Teil der letzten Tage damit verbracht, die Zeitungen zu zerfetzen und auf dem Deckenstapel, den Mr. Contreras für sie gefaltet hatte, ein Nest zu bauen. Als sie mich sah, wandte sie den Kopf ab, klopfte aber einmal schwach mit dem Schwanz, um mir zu zeigen, dass sie mir nichts übelnahm. Ich kam wieder auf die Beine. »Ich nehme an, ihr fehlt nichts. Ich gehe nach oben und koche Kaffee. Ich bin bald wieder da. Denken Sie aber daran, dass Sie Peppy in Ruhe lassen müssen -Sie dürfen nicht zu ihr, um sie zu streicheln oder so.« »Sie brauchen mir nicht zu sagen, wie ich den Hund behandeln soll«, schmollte der alte Mann. »Ich hab den Tierarzt bestimmt genauso gut verstanden wie Sie, sogar besser, denn ich war mit ihr noch mal zu einer Nachuntersuchung bei ihm, als Sie Gott weiß wo waren.« Ich grinste ihn an. »Stimmt. Kapiert.
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