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Eine Freundschaft im Winter

Eine Freundschaft im Winter

Titel: Eine Freundschaft im Winter
Autoren: Kaya McLaren
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gab die Mikrowelle ein leises Pling von sich. Schließlich hörte Cassie die Fragen und den Summton des Buzzers von Jeopardy! und ab und an Nancys Stimme, wenn sie die wenigen Antworten rief, die sie kannte. Wie im mer lief der Fernseher die ganze Nacht lang, und zusammen mit Nancys Schnarchen übertönte der Lärm Cassies Schluchzen während ihrer Albträume oder wenn sie daraus aufwachte.
    Mike Jones wollte glauben, dass Kates Seele unsterblich war. Allerdings war er sich nicht sicher, ob ein Mensch das glauben konnte, ohne an Gott zu glauben. An Gott zu glauben war nicht so leicht. Vor fünf Stunden war er mit seinem Team zu einem Einsatz ausgerückt. Eine Frau war mit ihrem Auto eine steile Böschung hinuntergerast und wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Sie dankte Gott von ganzem Herzen dafür. Und nun war er hier, an dieser Unfallstelle, an der ein Sattelzug frontal mit dem Kleinbus einer Familie zusammengestoßen war. Beide Eltern und ein Kind waren tot. Das andere Kind schien eine durchstochene Lunge und innere Blutungen zu haben. Die Kleine war kaum noch bei Bewusstsein. Mit einem sterbenden Mädchen im Rettungswagen, das ohne Familie aufwachen würde – falls es den Unfall überhaupt überlebte –, musste er sich fragen, wo Gott war.
    Für ihn ergab es keinen Sinn, dass manche Menschen Gottes Beistand bekamen und andere nicht. Es gab diejenigen, die ihm gesagt hatten, dass wir die Absicht hinter Gottes Plan für uns nicht kennen könnten und dass wir darauf vertrauen müssten, in guten Händen zu sein. Und es gab diejenigen, die glaubten, dass das ganze Leben eine Probe wäre. Mike blickte während der Fahrt kurz nach hinten und hörte dabei zu, wie John und Ben alles taten, um das Kind zu stabilisieren. Er verstand nicht, wie der Ausgang dieses Unfalls zum Besten des Kindes sein sollte. Er sah Gottes Plan dahinter nicht. Und er sah auch den Teufel nicht. Er sah nur ein Unglück – und menschliches Versagen. Es beruhigte ihn einfach zu glauben, dass die Menschen nicht perfekt waren, dass das Leben nicht perfekt war und dass manchmal schreckliche Dinge geschahen. Und wenn man Glück hatte, tauchte rechtzeitig ein Rettungsteam auf und schenkte einem eine zweite Chance.
    Er dachte daran zurück, wie oft er Leben gerettet hatte und wie der Gerettete sich bei Gott für dieses Wunder bedankt hatte. Ein Teil von ihm war jedes Mal versucht gewesen, eine witzige Bemerkung zu machen, wie: Nein, ich habe die Blutung gestoppt. Oder: Nein, Gott hat mich nicht geschickt – der Lkw-Fahrer hat uns gerufen. Warum, fragte er sich, ist es so schwierig, der Menschheit ebenfalls Wunder zuzutrauen? Wenn man genau darüber nachdachte, war ein Wunder nur eine zweite Chance – eine zweite Chance, wenn alle Hoffnung verloren zu sein schien.
    Doch vielleicht hatte er es auch falsch verstanden. Vielleicht steckte mehr dahinter.
    Vor acht Monaten, am Tag bevor er erfahren hatte, dass Kate Krebs hatte, war er zu einem Einsatz ausgerückt, an den er immer wieder denken musste. Ein Mann hatte auf eisglatter Fahrbahn die Kontrolle über seinen Wagen verloren, war die abschüssige Straße entlanggerutscht und direkt ins Heck eines anderen Autos gekracht. Der vordere Teil seines Wagens war vollkommen zerstört worden, und sein Fuß war unter dem Gaspedal eingeklemmt gewesen. Der Mann hatte später gesagt, er habe Flammen aus dem Motorraum schlagen sehen und geglaubt, sterben zu müssen. Plötzlich waren ihm zwei identisch aussehende große Männer mit nordischem Äußeren aufgefallen. Einer hatte zu seiner Rechten am Straßenrand gestanden, der andere war an seine Tür getreten. Die Flammen hatten mittlerweile schon ins Wageninnere gezüngelt. Der Zwilling am Straßenrand war verschwunden, während der andere die Tür aufgemacht, seinen Fuß befreit, ihn aus dem Wagen gehoben und am Straßenrand wieder abgesetzt hatte. Als kurz darauf ein Polizist gekommen war, hatte der Mann ihm von den Zwillingen erzählt, weil er sich bei seinem Retter hatte bedanken wollen. Der Officer hatte ihm entgegnet, dass außer den Personen in dem anderen Auto niemand am Unfallort gewesen wäre. Als Mike ihn zur Untersuchung ins Krankenhaus gefahren hatte, hatte der Mann laut darüber nachgedacht, warum niemand sonst die beiden gesehen hatte, und dann die Vermutung geäußert, es könnten vielleicht Engel gewesen sein.
    Als sie am nächsten Tag vom Arzt erfahren hatten, Kate habe Krebs, hatte er sich gefragt, ob der Mann mit seiner Engelsgeschichte ihm
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