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Eine französische Affäre

Titel: Eine französische Affäre
Autoren: Cartland Barbara
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E RSTES K APITEL
    Der Graf von Langstone nahm sich von einer großen Silberplatte gerade ein weiteres Lammkotelett, als sich die Tür öffnete und seine Schwester hereinkam.
    Sie war im Reitkostüm, und er blickte lächelnd vom Frühstückstisch auf, um zu sagen: »Du kommst spät, und ich nehme an, die Entschuldigung ist die übliche: Dein Pferd hat dich aufgehalten.«
    »Natürlich ist es seine Schuld«, erwiderte Lady Canéda Lang. »Wer sonst könnte zu dieser Morgenstunde schon so verführerisch sein?«
    Ihr Bruder lachte. »So etwas kann nur von dir kommen. Was ist gestern abend mit Warrington los gewesen?«
    Canéda antwortete nicht sofort, weil sie gerade an einem Nebentisch Eier mit Frühstücksspeck auf ihren Teller lud. Als sie ihrem Bruder gegenüber Platz nahm, sagte sie: »Ich glaube, Harry, du mußt einmal mit ihm reden. Er wird mir immer lästiger. Er hat mich dazu überredet, mit ihm in den Wintergarten zu gehen, und mich dort praktisch mit Gewalt festgehalten.«
    »Willst du seinen Antrag nicht annehmen?« erwiderte der Graf scherzend.
    Seine Schwester schnaubte verächtlich. »Ich habe nicht die Absicht, Lord Warrington zu heiraten und auch keinen anderen von den Schwachköpfen, die mir in den letzten zwei Monaten einen Heiratsantrag gemacht haben. Ich weiß sehr wohl, daß sie nicht so erpicht auf mich wären, wenn du nicht einen Adelstitel und ein beträchtliches Vermögen geerbt hättest.«
    Der Graf lachte. »Du bist ganz schön zynisch für deine neunzehn Jahre«, neckte er sie. »Meine liebe Canéda, du bist ein sehr hübsches Mädchen, und es ist nicht verwunderlich, daß sich die Männer dir zu Füßen werfen, besonders wenn du gut angezogen bist.«
    Canédas Miene wurde milder. »Das verdanke ich dir, Harry, und es vergeht nicht eine Sekunde, in der ich es nicht genieße, mich wie eine Märchenprinzessin zu fühlen.«
    »Ich habe den Verdacht«, antwortete ihr Bruder, »daß du mir ein Kompliment entlocken willst, aber ich bin davon überzeugt, daß du genauso gut wie ich weißt, daß Kleider Leute machen.«
    »Das ist wahr«, erwiderte Canéda. »Aber ist es nicht aufregend, reich zu sein, hier zu leben und neben Ariel all diese anderen herrlichen Pferde, die du mir zum Reiten gekauft hast, zu besitzen?«
    »Was hast du Ariel denn heute morgen beigebracht?« wollte der Graf wissen.
    »Ich muß dir unbedingt zwei neue Kunststücke vorführen, sobald du Zeit hast. Du glaubst es mir ja nicht, aber ich schwöre dir, daß er jedes Wort versteht, das ich zu ihm sage! So viele prächtige Pferde dein Stall auch aufweist, es wird nie eines dabei sein, das so wundervoll ist wie Ariel!«
    Der Graf widersprach nicht. Er wußte, welche Gefühle seine Schwester dem Pferd entgegenbrachte, das sie schon als Fohlen besessen und selbst gepflegt hatte, als sie arm waren.
    Canéda war schon als Kind verrückt nach Pferden gewesen, und Ariel war, das mußte der Graf zugeben, dank ihrer Dressur in der Tat ein höchst bemerkenswertes Pferd.
    Nicht nur seine Schwester war jedoch begeistert, auch ihn erfüllte ein tiefes Gefühl der Befriedigung, wenn er an die Ställe in Langstone Park dachte, in denen im Augenblick kein Pferd mehr Platz hatte.
    Er hatte bereits Pläne zur Vergrößerung der Gebäude entwerfen lassen, um auch die Pferde, die er unbedingt bald kaufen wollte, unterbringen zu können.
    Erst vor neun Monaten war er, Harry Lang, eines Morgens aufgewacht, um ungläubig und wie vom Schlag gerührt festzustellen, daß er Graf geworden war.
    Vor ihm, dem einzigen Sohn eines jüngeren Sohnes, hatte es drei Anwärter auf den Titel und die Güter des Grafen von Langstone gegeben. Sein Vater war vor zwei Jahren bei einem Jagdunfall tödlich verunglückt, und jetzt waren sein Onkel und dessen zwei Söhne auf der Rückfahrt von der Emerald-Insel nach England bei einem Sturm in der Irischen See ums Leben gekommen.
    Weil Harrys Vater sich nie gut mit seinem älteren Bruder verstanden hatte, war er bedauernswert arm gewesen. Aber sie waren – Canéda dachte es oft – in ihrem kleinen Herrenhaus in dem ebenso kleinen Dorf viel glücklicher gewesen als ihre Verwandten, die auf dem Familiensitz in Saus und Braus lebten und offenbar über ein riesiges Vermögen verfügen konnten.
    Auf die zwei Söhne des Grafen, beide älter als Harry, übten die Verlockungen des gesellschaftlichen Londons eine derartige Anziehungskraft aus, daß sie sich beide, obwohl sie von ihren Eltern und anderen Verwandten ständig dazu
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