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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein
Autoren: Charlotte MacLeod
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nichts für ihn zu tun, und das wird sicher noch eine ganze Weile so bleiben, bis die Subunternehmer das Fundament gegossen haben. Emmerick schien großen Wert darauf zu legen, trotzdem schon vor Ort die Lage zu sondieren, wie er sich ausdrückte. Wir sind davon ausgegangen, daß er es wohl selbst am besten wissen mußte.«
    »Mit >wir< meinen Sie demnach den Planungsausschuß, den Sie eben erwähnt haben? Wer gehört noch dazu?«
    »Aus unserer Gruppe hier nur Professor Binks und ich. Dazu kommen natürlich noch ein paar andere Fakultätsmitglieder.«
    »Auch Dr. Svenson?«
    »Selbstverständlich. Als Präsident des Colleges gehört Dr. Svenson schon von Amts wegen jedem Ausschuß an.«
    »Verstehe. Wie gut sind Sie und Ihre Kollegen mit Mr. Emmerick klargekommen?«
    »Es ging so, würde ich sagen.«
    »Sehr enthusiastisch klingen Sie aber nicht.«
    »Das kommt vielleicht daher, daß er sich ein wenig zu sehr mit der Arbeit anderer beschäftigt hat, da er mit der seinen noch nicht anfangen konnte«, erwiderte Peter.
    »Wie genau sah das aus?«
    »Er hat sich beispielsweise selbst eingeladen, uns heute nacht zu begleiten«, warf Winifred Binks ein. »Mr. Emmerick schien Eulenzählen eher für einen besonderen College-Jux zu halten als für eine ernstzunehmende ornithologische Forschungsarbeit. Schon vor dem fürchterlichen Finale mit den Feuerwerkskrachern hat er viel zu oft und viel zu laut seine Meinung kundgetan und dumme Bemerkungen gemacht, die eindeutig verrieten, daß er von Eulen nicht das geringste verstand. Hab' ich nicht recht, Professor Stott?«
    »Es widerstrebt mir zwar, schlecht über einen Verstorbenen zu sprechen, doch bleibt die Tatsache, daß er einen Aegolius acadicus mit einem Aegolius funereus richardsoni verwechselt hat«, bestätigte Stott in einem Ton, der deutlich seine Mißbilligung verriet. »Da ich selbst nicht zu den Mitgliedern des Planungsausschusses zähle, hatte ich vor dem heutigen Abend nur sehr wenig mit Mr. Emmerick zu tun. Mein erster Eindruck war der, daß seine Bekanntschaft keinen freundschaftlichen Verkehr lohnte.«
    »Mit anderen Worten hat Mr. Emmerick es bereits nach so kurzer Zeit geschafft, sich am College Feinde zu machen. Können Sie mir irgendwelche Namen nennen, Professor Shandy?«
    »Natürlich nicht.« Peters Geduld begann allmählich nachzulassen. »Emmerick hatte keine Feinde bei uns. Er ist uns lediglich auf die Nerven gegangen. Wir wußten erstens, daß er nicht ewig bleiben würde, und zweitens, daß es im Rahmen unserer Möglichkeiten lag, ihn kurzerhaad zu seinen Arbeitgebern zurückzuschicken, wenn er uns zu sehr belästigte, und sie zu bitten, uns jemand anderen zu schicken, der sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern würde, statt ständig seine Nase in unsere Arbeit zu stecken. Genau das hätten wir sicherlich getan, wenn er diesen tragischen Zwischenfall heute nacht überlebt hätte. Eh - da wir gerade von Arbeit sprechen, ich nehme an, Professor Binks hat Ihnen bereits mitgeteilt, daß wir gemeinsam den Baum nach Spuren untersucht haben?«
    »Sie hat es erwähnt. Ich nehme an, sie hat damit gemeint, daß Sie mit der Taschenlampe nach oben in die Äste geleuchtet haben.«
    »Keineswegs. Wir sind den Baum hochgeklettert und haben mit der Taschenlampe - eh - nach allen Seiten geleuchtet.«
    »Sie sind den Baum hochgeklettert?« Haverford war schätzungsweise fünfunddreißig Jahre alt und ungefähr einsfünfundachtzig groß. Er lächelte nachsichtig und schaute auf ihre ergrauenden Häupter herab. »Wie haben Sie das denn angestellt?«
    »Nichts einfacher als das.« Winifred Binks griff nach demselben Ast, den sie auch beim ersten Mal benutzt hatte, schwang sich mühelos hinauf und befand sich bereits zehn Meter über ihnen, noch bevor Haverford Zeit genug hatte, mit Grinsen aufzuhören. »Wenn Sie auch hochkommen wollen, Peter«, rief sie nach unten, »bringen Sie am besten einen von den Strahlern mit, damit wir uns diesmal genauer umsehen können.«
    Peter streckte die Hand aus. »Sie erlauben, Sergeant?«
    »Sie wollen mit ihr da hoch? Einfach so?«
    »Das machen wir für gewöhnlich so. Ich darf Sie vielleicht darauf hinweisen, daß Miss - eh - Professor Binks und ich nicht nur geübte Kletterer sind, sondern auch erfahrene Naturkundler. Wir hätten beide sofort ungewöhnliche Veränderungen am Baum erkannt und sorgfältig darauf geachtet, sie nicht noch schlimmer zu machen. Leider konnten wir nicht allzuviel sehen, da wir nicht genug Licht
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