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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein
Autoren: Charlotte MacLeod
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gesehen? Sie gingen doch unmittelbar hinter ihm, oder?«
    »Ich habe nicht mitbekommen, wie er den Präsidenten überholt hat, da ich zu diesem Zeitpunkt flach auf dem Boden lag. Ich bin dummerweise über eine Wurzel gestolpert. Wenigstens habe ich das bisher angenommen. Im nachhinein frage ich mich allerdings, ob es nicht Emmericks Fuß gewesen sein könnte.«
    »Eine hochinteressante Hypothese, wenn Sie mich fragen. Ich muß zugeben, ich fand Mr. Emmericks Verhalten mehr als ungewöhnlich, schließlich war er weder Mitglied unserer Fakultät noch Bürger unserer Stadt. Seine absurden Äußerungen verrieten zu-dem seine erschreckende Unwissenheit, was die Strigiformes betrifft, und seine Dreistigkeit grenzte bisweilen fast an Unverschämtheit. Können Sie sich erklären, warum er sich uns aufgedrängt hat, Peter?«
    »Dan, ich tappe völlig im dunkeln, was die Ereignisse dieser verdammten Nacht angeht. Was sollen wir jetzt bloß machen?«
    »Da wir hier sowieso nicht wegkönnen, bevor unsere Verstärkung eingetroffen ist, bleibt wohl nur eins zu tun.« Stott begann, in den riesigen Taschen seiner Tweedjacke zu wühlen, und brachte mehrere dickliche quadratische Päckchen zum Vorschein, sorgsam in Alufolie eingewickelt. »Hier, alter Freund, nehmen Sie sich ein Sandwich.«
    Iduna Stotts Sandwiches waren immer wundervoll belegt und ernährungsmäßig ausgewogen. Das Paket, das Peter als erstes auswickelte, enthielt Scheiben selbstgebackenes Roggenbrot, die mit Schinken in Honigkruste, geräuchertem Truthahn, Salbeikäse, frischen Tomaten, Gurkenscheiben, Salatblättern und Luzernen-sprossen belegt waren, das Ganze verfeinert mit einem raffinierten Senf-Dressing, dessen Geheimrezept Iduna im Falle ihres Ablebens der Abteilung für regionale Künste des Colleges zu hinterlassen gedachte.
    Zu Dans Verpflegung gehörte außerdem eine Thermosflasche mit heißem Tee. Zusammen mit den Sandwiches und diversen Feigenstückchen, Äpfeln und Schokoladenplätzchen und, nicht zu vergessen, gelegentlichen Schlucken aus Peters Brandyflasche als Digestif, verbrachten die beiden Freunde eine recht angenehme Zeit miteinander, auch wenn Emmericks inzwischen immer starrer werdender Körper nicht gerade die Gesellschaft darstellte, die sie normalerweise für ein Picknick unter freiem Himmel gewählt hätten. Sie schafften es sogar, ihre Liste um ein Streifenkäuzchenpaar und eine bedeutend interessantere langohrige Variante der Waldohreule, Asio otus wilsonianus, zu bereichern, bevor Miss Binks und Dr. Svenson schließlich mit einem reichlich langen Arm des Gesetzes im Schlepptau zurückkehrten.
    »Haben Sie an die Suchscheinwerfer gedacht?« wurden sie von Peter begrüßt.
    »Wir haben Handstrahler mitgebracht.« Der Anführer des Trupps zeigte ihm einen der Strahler, mit denen sie sich den Weg ausgeleuchtet hatten. Es war ein recht beeindruckendes Exemplar mit einer Glühbirne, die ungefähr halb so groß war wie ein Autoscheinwerfer. »Man hat uns mitgeteilt, daß es hier einen unglücklichen Zwischenfall gegeben hat.«
    »Hmja, so könnte man es auch ausdrücken. Ich heiße übrigens Shandy, und das hier ist Professor Stott. Ich nehme an, Professor Binks und Dr. Svenson haben Ihnen bereits erklärt, daß wir mitansehen mußten, wie ein Mitglied unserer Gruppe sich in einem Netz verfing, in einen Baum gezogen und dann wieder auf den Boden geworfen wurde. Er wurde außerdem mit einem Stich in den Nacken getötet.«
    »Also, das ist ja eine interessante Neuigkeit. Ich bin Sergeant Haverford. Ist das der Mann? Sie haben ihn doch hoffentlich nicht
    bewegt?«
    »Natürlich nicht, er liegt noch genauso da wie nach seinem Sturz. Wir haben nur - ehm - mit einer Taschenlampe unter das Netz geleuchtet.«
    »Verstehe. Dann wollen wir mal noch ein paar Handstrahler herholen.«
    Zwei von Haverfords Männern traten vor. Die Strahler machten viel aus, jetzt konnte man das getrocknete Blut und die klaffende Wunde deutlich erkennen.
    »Das waren Profis«, bemerkte Haverford. »Saubere Arbeit. Wir haben von Dr. Svenson erfahren, daß sein Name Emory Emmerick ist und daß er als Ingenieur bei Ihnen beschäftigt war, um bei der Einrichtung der Sendestation für das College zu helfen. Kennen Sie Mr. Emmerick schon lange, Professor Shandy?«
    »Nein, ich habe ihn erst kennengelernt, als er vorige Woche hier ankam und sich dem Planungsausschuß als zuständiger Ingenieur vorstellte. Ehrlich gesagt waren wir ziemlich überrascht, denn es gibt momentan gar
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