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Eine Eule kommt selten allein

Titel: Eine Eule kommt selten allein
Autoren: Charlotte MacLeod
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ein verteufelt schlechter Halloween-Streich, Dan. Auf dem Pullover ist Blut zu sehen. Scheint ganz so, als habe jemand Emmerick die Spitze eines verdammt großen Jagdmessers in den Nacken gerammt.«
    »Unmittelbar unterhalb des Schädels, wodurch sein sofortiger Tod bewirkt wurde«, stimmte Stott nach eingehender Betrachtung der häßlichen Wunde zu. »Wir sollten dankbar sein, daß der arme Kerl nicht gelitten hat. Sie sprechen von einem Jagdmesser, Peter. Das hätte einen heftigen Stoß durch eine starke Hand erfordert. Sollten wir nicht auch die Möglichkeit eines Jagdpfeils in Betracht ziehen? Oder vielleicht war es auch ein Speer oder der Bolzen einer Art Harpunengeschütz, wie es Sporttaucher häufig verwenden?«
    »Schon möglich«, meinte Peter. »Obwohl es reichlich schwierig ist, im Mondschein ein Ziel, das in einem Netz in einem Baum hängt, so genau zu treffen. Es sei denn, es war ein reiner Glückstreffer.«
    »Diese Möglichkeit sollte man auf keinen Fall unterschätzen, Peter. Außerdem ist ein Harpunenbolzen mit einer Leine verbunden, so daß man ihn selbst aus einiger Entfernung zurückziehen kann. Das gleiche ließe sich auch mit einem Pfeil oder einem Speer bewerkstelligen, meinen Sie nicht?«
    »Möglicherweise.« Peter konnte sich jedoch weder für die Pfeiltheorie noch für die Bolzen- oder Speerhypothese sonderlich erwärmen, was Dan Stott nicht entging.
    »Auf jeden Fall sind wir doch einer Meinung, was den Tatvorsatz und die Wahrscheinlichkeit eines menschlichen Täters betrifft, nicht wahr? Es sei denn, in diesem Baum befand sich eine geradezu teuflische Vorrichtung, die durch Emmericks plötzliches Hochschnellen ausgelöst wurde. Halten Sie das für möglich?«
    Peter zuckte mit den Achseln. »Miss Binks und ich haben nichts gefunden, aber wir könnten es auch genausogut übersehen haben. Mir ist der Gedanke, daß es sich um eine Höllenmaschine gehandelt hat, allerdings bedeutend lieber als die Möglichkeit, daß sich hier jemand in den Büschen versteckt hält und gerade mit seiner Harpune auf uns zielt.«
    »Erwägen Sie etwa allen Ernstes diese Möglichkeit?« Daniel Stott stellte diese Frage erst nach längerem Nachdenken. »Es scheint mir ganz so, daß der mögliche Täter, wenn er tatsächlich weitere Angriffe geplant hätte, diese wahrscheinlich ausgeführt hätte, als unsere Gruppe noch vollzählig war, denn er konnte sicher nicht im voraus wissen, wer von uns Hilfe holen und wer hierbleiben würde. Wäre es sein Plan gewesen, uns alle auszulöschen, hätte er doch in diesem Fall sicher Kugeln anstelle von harmlosen Krachern benutzt.«
    »Nicht schlecht kombiniert, Dan!«
    »Vielen Dank, Peter. Ich bin jedoch immer noch höchst verwundert über die Tatsache, daß Mr. Emmerick erst erstochen wurde, als er sich bereits im Netz verfangen hatte. Obwohl«, fügte er nach einigem Nachdenken hinzu, »ich auch nicht wüßte, warum man ihn vorher hätte erstechen sollen.«
    »Das wüßte ich auch nicht. Außerdem paßt es so gar nicht zu dem, was Miss Binks mir erzählt hat. Sie behauptet, Emmerick sei an die Spitze gestürmt unmittelbar bevor die Kracher losgingen und habe dabei versucht, sie mit sich zu reißen. Sie müssen es doch gesehen haben, Dan, Sie waren doch genau hinter dem Präsidenten.«
    »Das ist richtig, doch ich muß gestehen, daß ich dem Vorfall keine Beachtung geschenkt habe. Ich war viel zu sehr mit dem untypischen Verhalten der Schnee-Eule beschäftigt, von deren Existenz ich zu diesem Zeitpunkt immer noch ausging. Ich glaube mich zu erinnern, daß ich gerade die Möglichkeit erwog, ob es sich nicht vielleicht um eine Albinovariante der Schleiereule, Tyto alba pratíncola, handeln könne, auch wenn ich keine wirklichen Gründe für diese Annahme hatte. Sich bei einer Eulenzählung vor den Exkursionsleiter zu drängen stellt einen groben Regelverstoß dar. Hat denn niemand Mr. Emmerick über das Protokoll unterrichtet?«
    »Selbstverständlich wurde er informiert. Bevor wir losgegangen sind, habe ich ihm sämtliche Regeln sehr sorgfältig erklärt, in möglichst einfachen Worten, soweit sich dies machen ließ. Mir war ohnehin schleierhaft, warum er überhaupt mitgehen wollte. Inzwischen weiß ich natürlich, daß er von dem geplanten Streich mit dem Netz und den Krachern wußte und sich den Spaß auf keinen Fall entgehen lassen wollte.«
    »Peter, Sie sagten eben, Miss Binks habe Ihnen erzählt, daß Emmerick plötzlich vorgeprescht sei. Haben Sie selbst es denn nicht
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