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Magazine of Fantasy and Science Fiction 21 - Flucht in die Vergangenheit

Magazine of Fantasy and Science Fiction 21 - Flucht in die Vergangenheit

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 21 - Flucht in die Vergangenheit
Autoren: V.A.
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Generalprobe
    (Dry Run)
     
Larry Niven
     
     
    Simpson fuhr gewöhnlich einhändig. An diesem Tag umklammerte er das Lenkrad jedoch mit beiden Händen, als wollte er es erwürgen. Er sah angestrengt geradeaus, folgte den weiten Kurven der Schnellstraße mit den Augen und blieb in der äußersten rechten Fahrspur.
    Er hätte gern eine Zigarette geraucht, aber er hatte fast Angst davor, das Lenkrad loszulassen. Aus den Düsen der Klimaanlage strömte Eisluft ins Wageninnere; die Luftstrahlen trafen ihn im Gesicht und in Gürtelhöhe und kamen ihm eisig vor, weil er schwitzte. Er spürte seine verkrampften Muskeln, fluchte leise vor sich hin und versuchte sich zu entspannen.
    Der Hund im Kofferraum ...
    Zu spät, unwiderruflich zu spät. Daran ließ sich nichts mehr ändern ...
    Er streckte einen Finger nach dem Zigarettenanzünder aus, verfehlte ihn – Großer Gott! Dabei fuhr er diesen Wagen bereits drei Jahre! –, fand ihn schließlich doch und drückte den Knopf hinein. Er holte eine Packung Camel aus dem Handschuhfach und verließ sich dabei nur auf seine tastenden Finger, ohne die Straße aus den Augen zu lassen. Der Verkehr war zum Glück nicht allzu stark. Es war bereits nach sieben, obwohl die Julisonne erst jetzt blutrot hinter rot angehauchten Wolkenstreifen versank. Einige Wagen fuhren unnötigerweise mit eingeschalteten Lichtern. Hatten die Fahrer Angst, daß sie später vergessen könnten, die Lichter einzuschalten? Die Wagen in dieser Spur fuhren zwischen neunzig und hundert. Normalerweise hätte Simpson die schnellere Spur gewählt. Aber diesmal war alles anders. Heute durfte er kein Risiko eingehen.
    Zu spät, zu spät, um es sich anders zu überlegen. Aber er hatte gar nicht die Absicht, seinen Plan zu ändern. Er zündete sich eine Zigarette an, atmete den Rauch tief ein, steckte den Zigarettenanzünder in die Halterung zurück und umklammerte das Lenkrad wieder mit beiden Händen. Die Zigarette wurde zwischen seinen Fingern verbogen und flachgedrückt.
    Rote Bremslichter. Die Wagen in seiner Fahrspur wurden langsamer. Er berührte das Bremspedal leicht mit dem Fuß, trat fester darauf und stemmte sich schließlich dagegen. Er versuchte das Pedal durch den Boden des Buicks zu drücken und brachte seinen Wagen zwanzig Zentimeter hinter einem alten Cadillac zum Stehen. Dabei starb der Motor ab. Simpson fluchte und drehte den Zündschlüssel energisch nach rechts. Der Motor sprang sofort wieder an.
    Das war nicht weiter wichtig. Der Verkehr in dieser Spur stockte ohnehin.
    Über Simpson erstreckten sich die gewundenen Zufahrtsrampen der Schnellstraße nach Santa Monica. Unter diesen Stahlbetonbrücken stauten sich Fahrzeuge, so weit das Auge reichte. Dann bewegte sich in der Ferne etwas. Simpson wartete.
    Der alte Cadillac setzte sich mit einem Ruck in Bewegung und fuhr drei Meter weiter. Simpson folgte ihm. Wieder ein Ruck, wieder drei oder vier Meter gewonnen.
    Um diese Zeit dürfte der Verkehr auf der Schnellstraße nicht mehr so dicht sein. Um sieben Uhr dreißig an einem Wochentag? Er hatte diesen Zeitpunkt sorgfältig gewählt. Was war passiert?
    Der Cadillac bewegte sich wieder. Sein Fahrer sah sich um: wütend, ältlich, schwitzend und etwas zu dick. Er machte ein Gesicht, als wolle er jeden beißen, der ihm zu nahe kam.
    Simpson fühlte sich ähnlich. Die Schlange kam wieder ein Stück voran und hielt erneut ...
     
    Murray Simpson war fünfzehn Zentimeter zu groß für den Fahrersitz des Buicks. Er stieß sich Ellbogen und Knie an, wenn er ein- oder ausstieg. Der Fahrersitz ließ sich nicht weit genug zurückschieben, so daß Simpson nach einer Stunde am Steuer unweigerlich Muskelkrämpfe bekam, weil er mit stark angewinkelten Knien fahren mußte.
    In dieser Haltung wirkte er stets unglücklich. Er hatte allerdings auch das Gesicht dazu. Selbst ein herzliches Lachen wirkte bei ihm irgendwie gezwungen. Und nun steckte er auf dem San Diego Freeway in einer Verkehrsstauung; er saß in einem Wagen fest, der eine Nummer zu klein für ihn war, und er konnte seinen Mordplan nicht verwirklichen, der von Anfang an zu kompliziert gewesen war ...
    Simpson zitterte vor nervöser Erregung. Seine braunen Augen waren unnatürlich geweitet; das farblose Haar war strähnig und schweißnaß. Die längst vergessene Zigarette glühte bedrohlich nahe an weißen Fingerknöcheln.
    Vor dem blauen Cadillac stand ein Jaguar, dessen Sonderlackierung metallrot leuchtete. Vor dem Jaguar stand ein langer grauer Wagen
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