Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
Korkenzieher ab und ließ mir Zeit mit dem Öffnen der Flasche. Adah war
hier, um irgendwelche Neuigkeiten loszuwerden; ich vermutete, daß sie negativer
Art waren, und war nicht scharf drauf, sie zu hören. »Wie geht’s dir?«
    »Beschissen, aber es wird schon wieder
werden.« Sie nahm das Glas, das ich ihr hinhielt, und kostete. »Nicht
schlecht.« Dann streifte sie ihre Turnschuhe ab und steuerte den Liegestuhl an.
»Eins sage ich dir, McCone, ich werde nie wieder in irgend jemandes Mülltonne
wühlen, egal, wie sehr es mich reizt. Es ist ein echtes Erlebnis, von einem
Irren gekidnappt zu werden und das Memorial-Day-Wochenende zum Paket verschnürt
in einem muffigen kleinen Raum in seinem noch muffigeren kleinen Bungalow zu
verbringen. Ganz zu schweigen von dem Streß mit Barbara und Rupert, weil ich
ihnen diese Aufregung zugemutet habe.«
    Bei der Erwähnung Langley Newtons wurde
mir wieder übel.
    Adah sah mir forschend ins Gesicht.
»Ich bin nur froh, daß ich unter Deck war und es nicht gesehen habe. Wird eine
ganze Weile dauern, bis du’s verwindest. Ganz wirst du’s nie loswerden.«
    »Ich weiß. Hat er... dir irgendwas
gesagt?«
    »Du meinst, über diese Frau? Eigentlich
nicht. Er war ein extrem verschlossener Typ, McCone. Er hat sich auf keine
echte Kommunikation mit anderen eingelassen — obwohl er über sämtliche
Kommunikationsmittel verfügte. Computer, Handys, Fax, Kassettenrecorder, wer
weiß, was alles. Ich habe nur eins mitgekriegt: Er hatte nie eine Beziehung mit
ihr.«
    »Ach?« Das überraschte mich nicht
weiter.
    »Nein. Weißt du, was die
Sonderkommission in seinem Bungalow gefunden hat? Ein Album mit Fotos, die er
wahrscheinlich bei irgendeiner Party im Glücksspiel gemacht hat. Chloe
Love war auf allen drauf, mit Leuten vom Personal und mit Gästen. Daher stammte
wohl auch das Bild von ihr und Latif, das er in dem Apartment aufgestellt hat.
Aber es gab kein Foto von ihm und ihr; er war vermutlich zu schüchtern, um sie
drum zu bitten.«
    »Und doch hat sie an seine Seele
gerührt wie sonst niemand, weil sie einfach nur nett zu ihm war und sich bei
der Staatsanwaltschaft für ihn eingesetzt hat. So ist es überhaupt zu der
ganzen Sache gekommen.« Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wohl sein mußte,
in einem emotionalen Vakuum zu leben, von den Mitmenschen abgeschottet. Das war
nicht so schwer, weil ich in dieser Richtung selbst einige Erfahrung hatte.
Aber die Vorstellung, daß einem der einzige Mensch, der diese Leere erträglich
machte, brutal entrissen wurde...
    Ich dachte an Hy, daran, wie ich ihn
beinahe verloren hätte — jetzt sogar schon zweimal. Vielleicht konnte ich ja
Newtons Schmerz und seine Wut verstehen, so wie ich kürzlich seine Sucht nach
Angst und Macht verstanden hatte.
    Ich schob den Gedanken weg. Ihn noch
weiter zu verstehen, würde es nur noch schwerer machen, in dem Bewußtsein, ihn
getötet zu haben, leben zu müssen.
    »McCone?« sagte Adah. »Willst du mich
gar nicht nach der Belohnung fragen?«
    »Ich habe drauf gewartet, daß du es
ansprichst. Ich kriege sie nicht, stimmt’s?«
    »Na ja, Parkhurst wollte nicht, daß du
was kriegst. Er sagt, du hättest den Bomber nicht aufgespürt — er sei auf dich
zugekommen. Und du hättest nicht mal seine Identität richtig ermittelt. Er
schiebt es auf dich, daß Khalil Latif das Department wegen irrtümlicher
Verhaftung verklagen will; der Gute saß gerade im Stanford Court, wo er jetzt
residiert, beim Frühstück, als sie ihn hopsgenommen haben. Und außerdem
behauptet Parkhurst, ein Mitglied der Sonderkommission — ich — hätte den
Diplobomber zuerst aufgespürt, wobei er natürlich unter den Tisch fallen läßt,
daß er mich suspendiert hatte. Und er ist sauer, daß du Newton ins Jenseits
befördert hast und daß Hamid draufgegangen ist. Aber das ist nur eine kleine
Auswahl seiner Argumente, warum dir die Belohnung nicht zusteht. Ich will dich
nicht auch noch mit dem Rest langweilen.«
    »Heiliger Strohsack!« Ich ließ W.C. auf
den Terrassenboden fallen, sprang auf und begann, wütend auf und ab zu tigern.
»Was zum Teufel hat er unter diesen Umständen von mir erwartet? Du lebst doch,
oder? Es wird keine Bombenanschläge mehr geben. Was will er denn noch? Er weiß
verdammt genau, daß Hamid Newton provoziert hat und daß er ohnehin nicht das
Pulver wert war, um ihn in die Hölle zu befördern. Du bist durch Zufall auf
Newton gestoßen. Geradezu aus Versehen! Und was kann ich dafür, daß Latif
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher