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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort
Autoren: Marcia Muller
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Hy auch sehen. Wenn
ihr wollt.«
    »Natürlich will ich das und Hy auch.«
    Habiba musterte mich einen Moment
ernst, nickte dann kurz und starrte dann wieder auf ihren Schoß.
    Adah fragte: »Und bei wem von euch
beiden wird sie wohnen?«
    »Oh, bei Hank«, sagte Anne-Marie rasch.
»Ich bin ja so eine... Sauberkeitsfanatikerin, aber Hank stört sich nicht an
dem... an der Unordnung, die Kinder so machen.«
    »Sie meint, daß sie Kinder nicht
ausstehen kann.« Allie war gerade auf das Terrassengeländer gesprungen; Habiba
rutschte von meinem Schoß, ging hin und begann, sie zu streicheln.
    Wir vier Erwachsenen wechselten
besorgte Blicke.
    Habiba guckte über ihre Schulter und
brachte ein schwaches Grinsen zustande. »War nur ein Witz. Heute morgen hat sie
zu mir gesagt, ich bin viel interessanter als die meisten Erwachsenen, die sie
kennt, und nächste Woche geht sie mit mir ins naturwissenschaftliche Museum.«
Sie fuhr fort, die Katze zu streicheln.
    Anne-Marie betrachtete sie versonnen —
und zärtlich. Sie merkte, daß ich sie beobachtete, zuckte die Achseln und
wechselte rasch das Thema. »Und wie geht’s euch beiden?«
    »Es geht«, sagte Adah. »McCone hat
allerdings gute Neuigkeiten: Sie ist um eine Viertelmillion Dollar reicher
geworden.«
    »Die Belohnung?« fragte Hank.
    »Genau.«
    »Was willst du mit dem vielen Geld
machen?«
    »Ach, keine Ahnung. Mick ein neues
Handy kaufen, schätze ich; er ist immer noch untröstlich, weil das alte seinen
Geist aufgegeben hat.« Ich hielt inne. Alle sahen mich erwartungsvoll an. »Und
dann ist da diese Frau in der Karibik, die mir sehr geholfen hat; ihre Organisation
kann eine Spende gebrauchen.«
    »Ist das alles?« fragte Adah.
    »Hey, vielleicht darf ich mich erst mal
an den Gedanken gewöhnen, soviel Geld zu besitzen, bevor ich mit dem Ausgeben
anfange!«
    Hank sah Anne-Marie bedeutungsvoll an.
Sie nickte. Er sagte: »Ich spreche es jetzt schon mal an, weil ich hoffe, daß
es deine Pläne beeinflußt. Ich werde All Souls verlassen.«
    »Was!« Hank hatte die Kooperative
gegründet. Er war der Senior-Partner. Nein, mehr noch — er war die Seele von
All Souls. »Ohne dich wird der Laden eingehen.«
    »Nein, er wird nur seinen Charakter
verändern. Wir haben uns geeinigt, die bestehende Partnerschaft aufzulösen: Die
Partner, die bleiben wollen, gründen eine neue Firma unter einem anderen Namen.
Ich wette, sie werden noch vor Jahresende das Haus verkaufen und in eine
schickere Gegend umziehen.«
    Eine Woge der Traurigkeit überschwemmte
mich. Sooft ich erwogen hatte, mein Büro anderswohin zu verlegen, hatte mich
der Gedanke getröstet, daß meine alten Freunde und Kollegen auch weiterhin in dem
großen Altbau in Bernal Heights für mich dasein würden.
    »Mach nicht so ein Gesicht, Shar«,
sagte Hank. »Die Kooperative, um die du trauerst, existiert schon lange nicht
mehr.«
    »Ich weiß, aber... Was hast du vor?«
    Er lächelte Anna-Marie an und nahm ihre
Hand. »Wie klingt das: Altman und Zahn, Rechtsanwälte?«
    »Du willst bei der
Umweltschutzkoalition aussteigen?« fragte ich Anne-Marie.
    Sie nickte. »Ich werde weiter beratend
für sie tätig sein. Und weißt du, was? Ted wird unser Büroleiter.«
    Meine Traurigkeit verflog jäh. Ich
wußte, was sie mir vorschlagen würden.
    Adah sagte: »Tja, dann seid ihr ja wohl
alle drei auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten. Habt ihr schon eine
Vorstellung, wo ihr hinwollt?«
    Meine Freunde sahen mich erwartungsvoll
an.
    Ich sagte: »In welche Gegend, weiß ich
nicht. Aber eins steht fest: Ich möchte unbedingt Tür an Tür mit einer
funkelnagelneuen Anwaltssozietät residieren.«

 
     
     
    6500 Fuß über dem Central Valley

31.
Mai, 11 Uhr 21
     
     
     
    Es war eine weite, wunderschöne Welt
hier oben und kein bißchen einsam, weil ein völlig genesener Ripinsky auf dem
Rücksitz der Citabria saß.
    Über Kopfhörer sagte er: »Du hast der
Startfreigabe gesagt, wir seien auf Sichtflug nach Little River.«
    »Klar habe ich das gesagt. Wir
verziehen uns auf schnellstem Weg nach Bootlegger’s Cove und werden uns eine
ganze Weile nicht von dort wegrühren. Du mußt dich erholen, und ich will eine
Woche schlafen.«
    »Klingt gut.« Er schwieg einen Moment.
»Wie verkraftest du das, was passiert ist?«
    Ich zuckte die Achseln, konzentrierte
mich ganz auf die Instrumente.
    Er schwieg wieder. Nach ein paar
Minuten sagte er: »Vielleicht solltest du es als dein persönliches Ban Kach
ansehen.«
    Mir stockte der Atem.
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