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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut
Autoren: Theo Pointner
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imposante Erscheinung, aber für seine Leute ging er durchs Feuer. Soweit es Wielert bekannt war, hatte er noch nie jemanden fallen lassen.
    Hinter Kwiatkowski trat eine blasse, dunkelhaarige Frau ins Zimmer. Wielert schätzte sie auf knapp über dreißig, ganz sicher war er sich aber nicht. Mit eins fünfundsiebzig überragte sie den Kriminalrat um fünf Zentimeter, auch vom Gewicht her konnte sie es mit dem Glatzkopf aufnehmen. Unter einem Pagenschnitt zeigten sich zwei dünne, blasse Lippen. Alles in allem sah sie wie die XXL-Ausgabe einer bekannten französischen Sängerin aus.
    Kwiatkowski zog die Besucherstühle heran und deutete mit der Linken auf den freien Stuhl neben sich. Die Frau traute sich endlich über die Schwelle und akzeptierte sogar Wielerts Handschlag.
    »De Vries«, nuschelte sie.
    »Wielert«, entgegnete der Büroherr um etliches artikulierter. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.«
    »Nun, ich habe es Ihnen ja schon vor ein paar Tagen angekündigt«, begann Kwiatkowski. »Frau de Vries hat letzte Woche ihren Dienst bei der Bochumer Staatsanwaltschaft angetreten. Und wenn ich sie richtig verstanden habe, wird sie in der nächsten Zeit verstärkt für die in unseren Bereich fallenden Delikte zuständig sein.«
    »Dann auf eine gute Zusammenarbeit«, lächelte Wielert freundlich.
    De Vries neigte ihr Haupt exakt um zwei Millimeter. Eine Antwort gab sie nicht.
    »Herr Hinrichsen-Hennerke ist ja nicht mehr weit von seinem wohlverdienten Ruhestand entfernt«, fuhr Kwiatkowski fort. »Frau de Vries hat bisher in Berlin gearbeitet und genießt dort einen ausgezeichneten Ruf. Wir können uns glücklich schätzen, dass sie nach Bochum gekommen ist.«
    Wielert runzelte die Stirn. Hörte sich eher nach einer Strafversetzung an. »Was lockt Sie denn aus der Hauptstadt hier in den Ruhrpott?«, fragte er laut.
    »Familiäre Gründe«, erwiderte die Staatsanwältin. Anscheinend hatte sie ein ähnliches Temperament wie der Schatzmeister der hessischen CDU kurz nach Aufdeckung des Spendenskandals.
    »Wie dem auch sei«, mischte sich Kwiatkowski wieder ein. »Wir werden zukünftig sehr viel miteinander zu tun haben und Frau de Vries rief mich vorhin an und bat kurzfristig um diesen Termin.«
    »Es gibt einen konkreten Anlass für meine Bitte«, ergänzte die Exberlinerin.
    »Nur zu«, meinte Wielert, der sich seine Überraschung, dass die Frau auch in ganzen Sätzen sprechen konnte, nicht anmerken ließ.
    De Vries rutschte ein kleines Stück nach vorn und räusperte sich vernehmlich. »Wie ich den alten Ermittlungsakten entnehmen konnte, haben Sie bis jetzt ja ziemlich… kreativ gearbeitet«, begann sie nicht ohne Schärfe. »Meine Vorgänger waren für meinen Geschmack ein wenig zu zurückhaltend.«
    Wielert und Kwiatkowski wechselten einen raschen Blick.
    »Unsere Ergebnisse sind über dem Durchschnitt«, antwortete Wielert trocken.
    »Das will ich auch gar nicht bestreiten«, fuhr die Staatsanwältin fort. »Allerdings wundert es mich schon, dass es bisher noch keine Schwierigkeiten mit der Bochumer Richterschaft gegeben hat. Einige Vorgehensweisen… finden kaum eine Legitimation in den Vorschriften.«
    Wielert wollte aufbrausen, aber Kwiatkowski kam ihm zuvor. »Frau de Vries, ich habe den Eindruck, dass Sie hier an der falschen Adresse sind. Herr Hinrichsen-Hennerke hat in den letzten Jahren niemals Anlass gehabt, an unserer Vorgehensweise zu zweifeln.«
    »Auch das ist mir bewusst«, nickte die Frau. »Ich wollte meine Bemerkung auch nicht als Beschwerde verstanden wissen.«
    »Sondern?«, hakte Wielert nach.
    »Sehen Sie es doch als Hinweis, wie ich mir die künftige Zusammenarbeit vorstelle. Ich habe mir vorgenommen, Ihre Ermittlungen wesentlich enger zu begleiten, als es in Bochum bisher üblich gewesen ist. Ich bin mir sicher, dass wir so die Effizienz der Strafverfolgung noch einmal steigern können.«
    Wielert kaute den Brocken gründlich durch und schloss für einen Moment die Augen. Kwiatkowski knetete nervös seine Kniegelenke und betete inständig, dass der Leiter des KK 11 so ruhig blieb, wie er nach außen hin schien.
    »War es das?«, fragte Wielert nur.
    »Nein«, antwortete de Vries sofort. »Eine ganz bestimmte Sache hätte ich noch.«
    Der Kriminalrat sah überrascht auf. Mit einer Fortsetzung hatte er nicht gerechnet.
    »In Ihrer Gruppe arbeitet doch ein Gisbert Heinzel, nicht wahr?«
    »Ja«, bestätigte Wielert verblüfft.
    De Vries öffnete ihre schwarze Aktenmappe und zog einen gut
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