Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut
Autoren: Theo Pointner
Vom Netzwerk:
gefüllten Ordner hervor. »Nun, es gibt da eine Sache, die mir gestern aufgefallen ist…«

4
     
     
     
    »Noch zwei.«
    Locke biss verkniffen auf den Filter seiner Zigarette und wartete auf die beiden Karten, die ihm Balu herüberzwirbelte. Auf der Hand hatte er zwei Achten und das Karo-Ass. Mit gespielter Lässigkeit griff Locke den Nachschub und zog die Karten ganz zu sich heran, bevor er sie aufnahm. Müll, die Pik-Drei und die Karo-Dame. Er blieb auf den Achten sitzen.
    Links neben Locke saß Caramba. Der Mexikaner schob seinen obligatorischen Ponderosa-Deckel aus der Stirn und zeigte dem Geber drei Finger. An dem leichten Zucken um die Augenbrauen seines Mitspielers erkannte Locke, dass es nicht ratsam war, auf sein bescheidenes Pärchen höhere Beträge zu setzen.
    »Ivan, du bist vorne«, erklärte Balu dem kantigen Russen. Während des ganzen Spiels, das schon über drei Stunden andauerte, hatte der Russe höchstens zwanzig Wörter von sich gegeben.
    Locke lag gut im Rennen, bisher war er acht Riesen im Plus. Noch zwei, drei fette Pötte und er könnte am nächsten Tag einen weiteren Schuldschein von Achmed zurückkaufen. Deshalb achtete er nicht besonders auf seinen schweigsamen Mitspieler, der weitere fünfhundert in die Mitte des Tisches legte. Der Einsatz dieses Spiels würde sowieso nicht an ihn gehen.
    Edmund Seubert und Klaus Matthäus, der in der Runde natürlich nur Lodda gerufen würde, waren schon in der ersten Runde ausgestiegen.
    Locke ordnete seine fünf Karten zu einem ordentlichen Stapel, legte sie vor sich ab und schüttelte den Kopf. Er war draußen.
    Caramba nahm einen Schluck von seiner Cola und griff in den Stapel Geldscheine vor sich. Sein Häufchen Bares war im Laufe des Abends bedenklich kleiner geworden. Pedro hatte einen Gewinn dringend nötig.
    »Will sehen«, meinte er, als er die geforderten fünf Hunderter in die Mitte des Tisches legte. Der Russe verzog keine Miene und blätterte seine Karten auf. Zwei Könige und zwei Siebenen. Caramba grinste.
    »Meiner. Drei Zehnen.«
    Der Russe zuckte kaum merklich die Achseln und schnippte seine Karten weg. Neben Locke war er der Einzige, der bisher im Plus war.
    »Meine Herren, wie wäre es mit einer kleinen Pause?«, schlug Balu vor, während er das Blatt einsammelte. »Eine Viertelstunde?«
    Die Spieler sahen sich kurz an und nickten. Balu drückte auf den Knopf unter seinem Tisch, der Mausi vorn an der Theke ein Signal gab. Der Russe lehnte sich zurück und sah mit ausdruckslosen Augen auf den verblichenen Pin-up-Kalender von 1996, der immer noch die drallen Kurven der Miss Dezember präsentierte.
    »Lange mach ich heute eh nicht mehr«, erklärte Lodda gähnend. »Lieber Himmel, ihr habt mich ganz schön rasiert.«
    »Nicht nur dich«, ergänzte Eddi resignierend. »Scheint so, als ob Locke und unser Schweiger hier ‘nen verdammt guten Abend haben.«
    »Künstlerpech«, schmunzelte Locke. »Wenn ich daran denke, wie viel du von mir schon eingesackt hast, wurde das ja auch mal Zeit.«
    Caramba fingerte den frisch gewonnenen Fünfhunderter aus dem Geldhäufchen. »Da geh ich nicht dran«, erklärte er mit leuchtenden Augen. »Habt ihr schon das neue Fräulein gesehen? Diese Angie?«
    »Klasse Schnitte«, bestätigte Lodda anerkennend. »Willst du noch zum Schuss kommen?«
    »Mal sehen«, meinte der Mexikaner.
    »Für die reichen dir allemal zwei Blaue«, mischte sich Balu ein, während er die Folie von einem neuen Kartenspiel pulte. »Mehr als ‘nen Quickie zieht die nicht mit dir ab.«
    Als die Tür zu dem kleinen Gang aufschwang, drehten sich die Männer um. Mausi balancierte ein Tablett auf ihrem linken Unterarm, auf dem frische Getränke standen. Locke erhielt einen Pfefferminztee und auch die anderen hielten sich an antialkoholische Getränke.
    Während sich das Gespräch weiter um die körperlichen Vorzüge des neuen Mädchens in der Bar drehte, prüfte Locke unauffällig seinen Bargeldbestand. Er hatte sich nicht getäuscht, tatsächlich knappe achttausend Mark Gewinn. Wenn er die nächste halbe Stunde aufpasste, konnte er es noch auf zehn Scheine bringen. So viel Glück hatte er lange nicht mehr gehabt.
    »Machen wir weiter«, schlug der Russe überraschend vor. »Viertelstunde ist gleich um.«
    »Moment noch«, sagte Balu. »Ich muss mal eben pinkeln.«
    Kurz darauf ging das Spiel weiter. Die nächsten Runden schleppten sich ein wenig hin, Locke gewann achthundert, verlor tausend, bei den nächsten drei Spielen war er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher