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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rette dich!«
    »Wo – ist – Danica?« fragte Corell ganz langsam und hob bettelnd die Hände.
    Duschan Dravic bekam nasse Augen. »In einem Gemüsegeschäft gegenüber dem Hotel Palace. In Portoroz …«
    »Ich bin dir bis an mein Lebensende dankbar, Duschan.« Corell beugte sich vor, nahm Dravics dickes Gesicht zwischen seine Hände und küßte ihn auf die Stirn. »Wenn du noch etwas tun kannst … halt Petar zurück, nach Portoroz zu fahren. Nur diesen einen Tag … bitte …«
    »Dein Unglück, Sascha!« Dravic schnaufte auf. Dann schoß er von seinem Stuhl hoch, riß seine Mütze vom Haken und verließ mit kräftigen Schritten die Milizstation. Er kam gerade richtig, um einen Zweifrontenkrieg zu klären, den der alte Robic, brüllend wie ein gestochener Stier, gegen die deutschen Männer und Dr. Vicivic führte. Die Männer wollten ihn festhalten, weil er Corell nachzurennen versuchte, und Vicivic hatte Mühe, ihm zu erklären, daß Danica allein mit Sascha fertig würde. Nun trat Dravic ins Geschäft, hob seine Donnerstimme und erklärte alle für verhaftet. Es erschien ihm das beste Mittel, Corell einen vernünftigen Vorsprung zu verschaffen.
    Petar Robic stierte von einem zum anderen. Er beruhigte sich sehr schnell und setzte sich erschöpft auf einen Stuhl. Vicivic öffnete ihm das Hemd und konnte jetzt seinen mißhandelten Nacken mit einer scharf riechenden Flüssigkeit massieren.
    »Er wird sie nie finden«, sagte Robic und spürte, wie die Massage gut tat. »Keiner weiß, wo sie ist. Nur vier wissen es, nicht wahr, Doktor … Duschan?«
    Sie nickten. Dravic tat es sogar mit Genuß. »Er findet sie nie«, sagte er sogar laut. Das war zuviel. Vicivic sah ihn erschrocken an. Dravic senkte den Blick, hob leicht, kaum sichtbar, die Schultern zur Entschuldigung und begann dann einen Vortrag über höfliches Benehmen in einem sozialistischen Staat …
    *
    Das Blumen- und Gemüsegeschäft in Portoroz war nicht schwer zu finden. Es lag in einer Reihe von neuerbauten Geschäften in einem langgestreckten Pavillon gegenüber dem Palace-Hotel, wie Dravic es gesagt hatte. Corell parkte seinen Leihwagen genau vor dem Laden, stieg aus und prallte an der Tür mit Danica zusammen. Sie wollte gerade hinausgehen, um ein vom Wind umgewehtes Schild wieder aufzustellen. Sie hatte die Haare hinten zusammengebunden, trug eine blaue Kittelschürze und sah elend, klein, blaß, verweint, innerlich zerbrochen aus. Im pfeifenden Wind standen sie sich gegenüber, sahen sich an, mit hängenden Armen, Brust an Brust, fast Mund an Mund, so wie sie zusammengestoßen waren, und waren wie erstarrt, den anderen zu sehen und zu fühlen.
    »Danica –«, sagte Corell heiser vor Glück.
    »Sascha –« Sie wollte die Arme heben, aber sie konnte es nicht.
    »Komm mit …«, sagte er.
    »So wie ich bin?«
    »So, wie du bist.«
    »In der Schürze …«
    »Es ist ganz gleichgültig, was du anhast. Komm mit. Ich bin kein Mensch ohne dich …«
    »Ich weiß es, Sascha …«
    »Hast du deine Papiere bei dir?«
    »Ich habe immer meine Papiere bei mir …«
    »Die Flugkarten habe ich in der Tasche. Wir können die letzte Maschine nach Deutschland bekommen …«
    »Und Vater … Muter …«
    »Wir rufen sie von Ljubljana an … oder aus Frankfurt … Es wird immer später, Danica … die Zeit läuft uns davon … Kommst du mit …?«
    »Ja, Sascha, ja … das weißt du doch …« Sie hielt mit beiden Händen ihre Haare fest, der Wind riß an ihnen, ihre Stirn lag bloß, und Corell sah den rötlichen Strich, wo die Kopfhaut geplatzt und gut zusammengewachsen war. Er küßte diese schmale Narbe, umfaßte Danica dann mit beiden Armen und trug sie so zu dem Wagen. Aus dem Geschäft rief jemand auf slowenisch und Danica antwortete und winkte über Corells Schulter hinweg zurück. Dann saßen sie im Wagen und merkten, daß sie längst fuhren und sich dabei immerfort ansahen und es überhaupt ein Wunder war, daß sie mit niemandem zusammenstießen und auf der Straße blieben.
    »Paß auf, Sascha –«, sagte sie und lehnte den Kopf an seine Schulter. »Es ist schon so viel mit uns passiert … ich will nicht im Krankenhaus heiraten …« Und er lachte wie ein Junge, legte den Arm um ihre Schulter und fuhr mit einer Hand weiter, als sei er gerade zwanzig und keine fünfzig und ihm und seiner Jugend gehöre nun die ganze Welt.
    »Warum kommst du so spät?« fragte sie einmal, kurz vor Ljubljana.
    »Ich habe geschuftet wie ein Kuli. Jetzt habe ich tausend
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