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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere
Autoren: Agatha Christie
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Kaffee vor sie hin.
    «Also bitte», drängte Bobby.
    «Ich weiß kaum, wo ich beginnen soll», sagte Moira Nicholson. «In dem Zug, mit dem ich nach London fuhr… wirklich, ein unglaubliches Zusammentreffen. Ich ging den Korridor entlang und…»
    Sie brach ab. Von ihrem Platz aus konnte sie die Tür sehen, und jetzt starrte sie mit weit aufgerissenen Augen geradeaus.
    «Er muss mir gefolgt sein», wisperte sie.
    «Wer?», fragten Bobby und Frankie gleichzeitig.
    «Bassington-ffrench.»
    «Haben Sie ihn gesehen?»
    «Er ist draußen auf der Straße. Mit einer rötlich blonden Frau.»
    «Bobby, Mrs Cayman…!»
    Frankie rannte bereits zur Tür, Bobby hinterdrein. Aus Moiras Mund kam ein schwacher Widerspruch, den keiner der beiden beachtete. Straßauf, straßab spähten sie – keine Spur von Roger Bassington-ffrench!
    Zaghaft gesellte sich Moira, die inzwischen auch den Tisch verlassen hatte, zu ihnen.
    «Ist er fort?», erkundigte sie sich mit zitternder Stimme. «Oh, nehmen Sie sich in Acht. Er ist gefährlich – grauenhaft gefährlich.»
    «Seien Sie nicht so ängstlich, Moira», schalt Frankie.
    Bobby warf noch einen letzten Blick auf die Gehsteige nach rechts und links.
    «Futsch!», erklärte er grimmig und ging mit den beiden Damen zu ihrem Ecktisch zurück. «Fahren Sie fort mit dem, was Sie uns erzählen wollten, Mrs Nicholson.»
    Er nahm seine Kaffeetasse auf. In diesem Augenblick verlor Frankie das Gleichgewicht, und der Kaffee schwappte über den Tisch.
    «Tut mir leid, Bobby», sagte Lady Frances Derwent und griff zum Nachbartisch hinüber, der bereits für einen etwaigen Dinnergast gedeckt war. Sie nahm das Essigfläschchen, goss seinen Inhalt rücksichtslos auf einen sauberen Suppenteller und füllte es mit dem Kaffee aus ihrer Tasse.
    «Frankie, bist du übergeschnappt?», fragte der Pfarrerssohn. «Was machst du da?»
    «Ich nehme eine Kaffeeprobe, damit George Arbuthnot sie analysieren kann.» Jetzt wandte sie sich an Moira. «Das Spiel ist aus. Eben, als wir an der Tür standen, kam mir jäh die Erleuchtung, und während ich Bobby an den Ellenbogen stieß, sodass er den Kaffee verschüttete, beobachtete ich Ihr Gesicht. Absichtlich ließen Sie uns zur Tür laufen, damit Sie Zeit hatten, etwas in unsere Tassen zu schütten. Das Spiel ist aus, Mrs Nicholson oder Templeton oder wie Sie sich sonst zu nennen belieben.»
    «Templeton?», schrie Bobby.
    «Guck sie doch an! Und wenn sie noch immer leugnet, fordere ich sie auf, mit uns ins Pfarrhaus zu kommen. Mal sehen, ob Mrs Roberts sie nicht identifiziert!»
    Bobby sah, wie eine dämonische Wut das zarte, sehnsüchtige Madonnenantlitz verwandelte. Der schöne Mund öffnete sich und geiferte einen Strom gemeiner, schmutziger Flüche.
    Nun tastete Moira suchend in ihrer Handtasche.
    Bobby, obwohl noch halb benommen, handelte blitzschnell. Seine Hand war es, die von unten gegen den Revolver schlug.
    Die Kugel flog über Frankies Kopf hinweg und grub sich in die Wand des Orient-Cafés.
    Zum ersten Mal seit seiner Gründung zeigte die Kellnerin, dass sie wusste, was Schnelligkeit war. Mit einem wilden Schrei hetzte sie auf die Straße und kreischte gellend: «Hilfe! Mörder! Polizei…!»

34
    E s war mehrere Wochen später.
    Frankie hatte gerade einen Brief erhalten, abgestempelt in einer südamerikanischen Republik, und reichte ihn Bobby:
    «Hier, lies.»
     
    Verehrte Lady Frances!
    Ich gratuliere Ihnen! Sie und Ihr junger Freund, der einstige M a rineoffizier, haben die Pläne, die für ein ganzes Leben ausgearbe i tet waren, durchkreuzt. Und dabei hatte ich alles so hübsch vo r bereitet!
    Wollen Sie die Einzelheiten erfahren? Meine Freundin hat mich vor Gericht so gründlich bloßgestellt (sind Frauen immer so gehä s sig?), dass auch eine umfassende Beichte mir nicht schlimmer schaden kann. Überdies beginne ich ein neues Leben. Roger Ba s sington-ffrench ist tot. Ich glaube, ich bin stets das gewesen, was man so schön ein schwarzes Schaf nennt. Sogar in Oxford en t gleiste ich ein bisschen. Dumm von mir, denn es musste ja über kurz oder lang unweigerlich ans Tageslicht kommen. Mein Vater gab mich nicht preis; aber er schickte mich in die Kolonien. Dort führte mich das Schicksal ziemlich bald mit Moira und ihrer Bande zusammen. Sie ist bereits mit fünfzehn Jahren eine volle n dete Verbrecherin gewesen. Als wir uns trafen, wurde die Lage gerade brenzlig für sie – die amerikanische Polizei war ihr auf den Fersen.
    Wir beide liebten uns beinahe
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