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Ein Mord den jeder begeht

Ein Mord den jeder begeht

Titel: Ein Mord den jeder begeht
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geh nur bald zur Ruhe, mein Junge.«
    Auch die Mutter kam noch. Conrad drückte mit einer gewissen kaum merklichen Heftigkeit seinen Kopf an ihre Schulter. –
    In der Au, am folgenden Nachmittage mit seinem roten Eimerchen anlangend, fand er den Platz noch leer, die Ufergebüsche noch nicht bewegt von hindurchschlüpfenden Knaben, das Wasser noch nicht rauschend und plätschernd vom Waten darin. Er setzte den trockenen Eimer ins Gras, bei einem alten Baume, der, flach gekrümmt, ein Stück noch fast waagrecht über den Boden hinlief; dann erst schwang sich der Stamm empor. Es sah aus wie eine Ruhebank. Conrad setzte sich. Am anderen Ufer drüben, wo das Wasser tief war, hingen die Wipfel von Baum und Strauch über, stellenweise bis in den Spiegel hinein. Der Himmel war von blassem und doch heißem Blau, darin ferne hohe Baumkronen standen wie Wolken.
    Die herrschende Stille beklemmte Kokosch ein wenig, nicht aber mit der Empfindung eines schweigenden Druckes von allen Seiten, wie dies gewöhnlich ist, sondern durch ihre Weiträumigkeit, in welche er sich gleichsam verteilt fühlte, ohne solchem Gefühl doch Folge geben zu können. Dort drüben schwammen die fernen Baumkronen in der Höhe. Hinter ihm lief der Tümpel, teils zwischen Stämmen und Gebüsch, dann wieder von den sich leicht absenkenden Wiesenflächen begleitet, ein Stück nach rückwärts und endete vor einer hohen Böschung, die zu dem Rennplätze an den Grenzen des »Reichs« gehörte. Linker Hand von der natürlichen Ruhebank, auf der Conrad saß, floh freie »Steppe« weit hinaus. Dorthin wäre er jetzt am liebsten gelaufen, wenn es schon nach allen Seiten zugleich nicht möglich war. Indessen er blieb sitzen, fast bewegungslos, und blickte auf das rote Eimerchen zu seinen Füßen im Grase. Plötzlich dachte er sehr lebhaft an die Mutter, wie sie gestern abends noch in seinem Zimmer gestanden hatte. Er fühlte einen feinen, jedoch scharfen Zug in der Nähe des Herzens, sprang zu Boden und nahm den Eimer auf.
    Es gelang ihm bald, zwei schwarze Wassersalamander von beträchtlicher Größe zu erbeuten, da die Tiere, von niemandem noch aufgescheucht, nahe beim grasigen Ufer an einer ganz flachen Stelle gesessen hatten. Als er den zweiten in dem nun halbgefüllten Eimer barg, raschelte das Gebüsch, plantschte da und dort schon das Wasser, tauchten am Ufer entlang überall die Knaben auf. Sie mußten Conrad zuerst gesehen haben, hatten ihn jedoch nicht angerufen. Der zuletzt gestern mit ihm gegangen war, fragte nun, ob Conrad schon etwas habe. Dieser zeigte die zwei Tiere im Eimerchen und stellte das rote Gefäß zu der Gruppe von Einmachgläsern, die in hohem Gras bei dem Baume niedergesetzt worden war.
    Das Wasser entlang tönten schon einzelne erregte Rufe derjenigen Jungen, die gleichfalls jetzt Beute gemacht hatten.
    Conrad verfolgte sein Ziel, noch einen dritten großen Molch zu bekommen. Er ließ zwei oder drei kleinere Stücke ungefangen und erreichte, was er wollte, erst nach einiger Zeit, und zwar auf der anderen, tiefen Seite des Tümpels, abseits von den lärmenden Knaben. Ein großer, wohl über spannenlanger Bursche saß dort am Rande, den breiten Kopf fast aus dem Wasser erhoben. Die geringste unvorsichtige Bewegung allerdings konnte ihn zurück in die Tiefe scheuchen. Zudem war das Ufer hier steil und nicht anders zugänglich, als daß man sich an einem Stamme hielt. Ein vorhängender Ast wäre hiezu wohl besser geeignet gewesen, mußte jedoch durch sein Schwingen und Rauschen den ganzen Plan vereiteln. Conrad überlegte genau jeden Griff, behielt das Tierchen dabei im Auge, und der Feldzug gelang. Nun mußte er mit seiner zwischen den hohlen Händen sorglich und doch fest gehaltenen Beute um den Tümpel wieder herumgehen, bis dorthin, wo sein roter Eimer mit den beiden anderen Molchen stand. Beim Baume hockte einer von den Knaben. Als Conrad das Gefäß aufnahm, fand er es leicht und leer, ohne Wasser und ohne Tiere. »Wir haben sie gleich rübergetan«, fand nun der andere doch für nötig zu erklären und wies auf die großen Gläser, worin jetzt Conrads frühere Beute schon zusammen mit anderer schwamm. »Gut«, sagte Conrad ohne weiteres, »da werde ich mir neue fangen, denn ich will heute auch welche mitnehmen.« »Sie fressen Fliegen«, sagte der Junge und blinzelte listig. »Nein, sie fressen keine Fliegen, sondern Regenwürmer und ähnliches, leben aber mitunter sehr lange auch ohne Nahrung«, antwortete Kokosch, und, zu seiner
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